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Engelspakt: Thriller (German Edition)

Engelspakt: Thriller (German Edition)

Titel: Engelspakt: Thriller (German Edition)
Autoren: Alex Thomas
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Tag hatte sie zum ersten Mal hinter die kühle Fassade des imposanten Großinquisitors geblickt und dabei einen winzigen Hauch von dem Menschen Marc Ciban kennengelernt. Dennoch blieb dieser Mann für sie ein Mysterium. Sein beinahe britischer Sinn für Humor ebenso wie sein ausgezeichneter Sinn für Ästhetik oder seine energische Härte, wenn es um Fragen der Kirche ging. Manchmal spürte Catherine in seiner Gegenwart eine gewisse Gefährlichkeit, dann wiederum fühlte sie sich in seiner Nähe wohl und sicher.
Was also war hier richtig und was falsch?
    »Denken Sie weniger in den Kategorien Schwarz und Weiß, Schwester«, hatte Ciban erst kürzlich mit gnädig wohlwollendem Spott gemeint und sich damit auf ihr neuestes Werk über das verborgene Männliche und Weibliche im Selbst bezogen. »Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Welt weder schwarz noch weiß ist. Gerade Sie sollten das wissen.«
    Catherine hatte dem hochgewachsenen silberhaarigen Mann mit den markanten Gesichtszügen ein joviales Lächeln geschenkt, aber tief im Innern hatte sie sich geärgert. Nicht wegen der Äußerung an sich, die war durchaus legitim, sondern wegen der unterschwelligen Arroganz, mit der Ciban diese Worte an sie gerichtet hatte.
    »Mir war nicht bewusst, dass Sie sich so gut mit der Personifikation des Weiblichen im Manne auskennen, Eminenz.«
    Ohne eine Miene zu verziehen hatte er geantwortet: »Wie sonst sollte ich diese scheinbar widersprüchlichen Dispositionen in mir zum Ausgleich bringen? Wissen Sie, Catherine, ich hätte von Ihnen in Ihrem neuesten Werk mehr Fairness erwartet.«
    Moment mal! Hatte Ciban sie etwa gerade als Chauvinistin bezeichnet? Catherine hatte innerlich geschluckt und zu einer Antwort ansetzen wollen, als die Tür des Aufzugs zu den päpstlichen Privaträumen aufgegangen war. Kein Geringerer als Papst Leo persönlich hatte plötzlich in seiner weißen Soutane vor ihnen gestanden, und das kaum wahrnehmbare, freche Aufblitzen in Cibans Augen hatte ihr klar gemacht, dass das Timing alles andere als ein Zufall war.
    In dem anschließenden Gespräch war es um das ultrakonservative Opus Dei und das progressive Lux Domini gegangen, zwei geheimbündlerische Orden, die sich wie Feuer und Wasser, wie Mittelalter und Neuzeit gegenüberstanden und deren Gefechte aufgrund des von Papst Leo geplanten Konzils erheblich zugenommen hatten.
    Catherine war aufgrund ihrer medialen Gabe bis vor wenigen Jahren selbst ein Mitglied des Lux gewesen – wenn auch höchst unfreiwillig. Nach langem Hin und Her mit dem Leiter des Lux, Stefano Kardinal Gasperetti, war es Darius schließlich gelungen, sie von dieser Verpflichtung zu entbinden. Doch nun, nach Darius’ Tod, streckte der Orden erneut seine Fühler nach der hochbegabten Ordensfrau aus. Catherine hatte Kardinal Gasperettis Angebote wieder und wieder abgelehnt. Als der alte Kardinal nicht nachgeben wollte, hatte sie die Anfragen schlicht ignoriert. Was nicht ungefährlich war.
    Sowohl das Lux Domini als auch das Opus Dei hatten Mitglieder in den höchsten Kleriker- sowie Laienkreisen, doch aus dem Lux Domini war in den achtziger Jahren das Katholische Institut für medial Hochbegabte hervorgegangen, was dem Opus Dei in vielerlei Hinsicht erhebliche Nachteile eingebracht hatte. Beide Orden warben hinter den Kulissen mit Nachdruck für jene Mitglieder, die sie für ihre Angelegenheiten ins Auge gefasst hatten.
    Als wären zwei derart verfeindete Orden in Rom nicht schon genug, tuschelte man hinter vatikanischen Mauern noch von einer dritten Macht, welche die beiden Orden geschickt gegeneinander ausspielte. Durch listige Manipulation waren die Köpfe einiger hochrangiger Kleriker gerollt, die nun fernab von der Macht und dem Einfluss Roms ihren Dienst an der Menschheit taten. Wer oder was auch immer diese dritte Macht war, sie schien über die geheimen Mitgliederlisten und die Netzwerke der beiden Orden bestens informiert zu sein.
    Catherine hatte sich schon mal bei der Frage ertappt, ob Kardinal Ciban womöglich dahintersteckte. Nur zu gut erinnerte sie sich an das, was sie über seine Rolle im letzten Konklave gehört hatte. Waren dem hochgewachsenen silberhaarigen Kardinal einige seiner Kollegen etwa zu mächtig geworden?
    Soweit Catherine wusste, unterstand das Lux Domini als Konkurrent der Jesuiten und als Hüter der medialen Geheimnisse der Kirche Cibans Glaubenskongregation. Der Kardinal hatte also durchaus ein Motiv, die Machtposition des Opus Dei zu schwächen und
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