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Engelslieder

Engelslieder

Titel: Engelslieder
Autoren: Kat Martin
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sondern auch einen schlanken, durchtrainierten Körper, der aussah, als treibe er eher Sport an der frischen Luft, als sich im Fitnessstudio aufzupumpen. Er hatte gepflegtes, dichtes dunkelbraunes Haar, ein kantiges Kinn und dunkelbraune Augen. Er trug Shorts und Turnschuhe. Über seiner kräftigen Brust spannte sich ein Muskelshirt, und Autumn sah gelockte dunkelbraune Brusthaare darunter hervorlugen.
    “Nett, was?”, sagte Terri.
    “Sehr nett.”
    “Vermutlich verheiratet und vierfacher Vater.”
    “Mindestens.”
    Terri seufzte. “Wäre es nicht schön, wenn es nicht so wäre?”
    “Ich dachte, du bist ganz verrückt nach Todd.”
    Terri warf ihr einen vielsagenden Blick zu. “Ich habe dabei auch eher an dich gedacht.”
    Autumn lachte. “Aber klar doch.”
    Terri lächelte bloß. Sie begannen im Fahrradraum, wo sie gerade so viel strampelten, dass ihr warm wurde, sie aber nicht ins Schwitzen geriet. Von dort ging es zu den Geräten.
    “Ich habe wirklich an dich gedacht”, bekräftigte Terri, als sie die Hanteln in die Luft schob und Arme und Schultern trainierte. “Seitdem ich mit Todd zusammen bin, sehe ich mich nicht mehr nach anderen Männern um.”
    Zumindest im Moment stimmte das vermutlich sogar. Terri war wirklich eine gute Freundin und immer auf der Suche nach einem Mann für Autumn. “Selbst wenn der
Adonis
Single ist – einem Typen wie dem laufen die Frauen doch von morgens bis abends scharenweise nach.”
    “Du hast recht”, stimmte Terri mit Bedauern zu.
    Sie trainierten fast eine Stunde lang – ein Rekord für Terri – und kehrten dann auf einen sämigen Beerensmoothie in die Snackbar ein. Terri wollte am Abend zu Hause bleiben und Pizza bestellen. Natürlich würde Todd ihr Gesellschaft leisten.
    Autumn verließ das Studio, ging nach Hause und füllte einen Teller mit den Resten, die von ihrem Sonntagshähnchen noch übrig waren. Sie trug das Essen ins Wohnzimmer und kuschelte sich auf das unordentliche Sofa vor den Fernseher.
    Da sie am nächsten Morgen einen Kletterkurs geben musste, ging sie früh ins Bett. Sie erwog kurz, eine Schlaftablette zu nehmen, entschied sich wegen ihrer Aversion gegen Medikamente jedoch dagegen.
    Stattdessen hoffte sie, das Glas Weißwein, das sie zu ihrem behelfsmäßigen Abendbrot getrunken hatte, würde ihr als Einschlafhilfe dienen – und jegliche Träume verjagen.
    Es regnete, die Luft war schwer und nebelig. Im Haus war es warm, die Küche erfüllt von dem Dunst, der aus einem Topf, in dem irgendetwas köchelte, aufstieg. Drei Frauen bewegten sich mit geübter Leichtigkeit, sie bereiteten das Abendessen zu. Eine Familie, dachte Autumn irgendwo in den Tiefen ihres Kopfes. Alle waren blond und hellhäutig, Mädchen und Frauen verschiedenen Alters, die älteste war Ende dreißig, sie alle waren hübsch.
    Autumn sah den Frauen zu, wie sie Gemüse schnitten und Biskuitteig ausrollten. Sie sprachen nicht viel, während sie ihre Arbeit verrichteten. Dann nahmen sie Tassen und Teller aus den Schränken und deckten den Küchentisch.
    Vielleicht hätte Autumn weitergeträumt, wenn sich nicht genau in dem Moment die jüngste der Frauen – ein Mädchen von elf, zwölf Jahren – zu ihr umgedreht und sie direkt angeschaut hätte. Sie erkannte das hübsche, ovale Gesicht, die sanften blauen Augen und langen, seidigen Wimpern; das hellblonde Haar, das sich weich um die schmalen Schultern lockte.
    Die blauen Augen starrten in ihre, und der Schmerz, der darin lag, katapultierte Autumn aus einem tiefen, hypnotischen Schlaf.
    Mit klopfendem Herzen und schwitzigen Händen setzte sie sich ruckartig auf. Das war sie! Das Mädchen, Molly! Das kleine Mädchen, von dem sie schon zuvor geträumt hatte, nur dass es kein Mädchen mehr war, sondern fast ein Teenager. Autumn war ganz sicher.
    Zitternd stand sie auf. Es war erst halb drei, aber sie war hellwach, ihr Mund war trocken, und ihr Herz schlug viel zu schnell. Traumbilder wirbelten in ihrem Kopf durcheinander. Sie strich sich das rosa Seidennachthemd glatt, tapste ins Bad und drehte den Wasserhahn auf. Mit zitternden Händen füllte sie das Glas am Waschbecken mit Wasser und nahm einen großen, beruhigenden Schluck.
    Ihr rastloser Kopf spulte wieder und wieder die Bilder ab, die sie gesehen hatte. Wenn es dasselbe Mädchen war – und davon war Autumn überzeugt –, war sie um die elf, zwölf Jahre alt. Wie war das möglich?
    Sie versuchte, sich die erste Traumserie ins Gedächtnis zu rufen, in der das Kind viel
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