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Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Titel: Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Autoren: Eva Almstädt
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gedacht, dass ich es einmal bedauern würde, dass Gabler nicht auf dem Posten ist.«
    »So etwas passiert doch immer, wenn der Leiter im Urlaub ist.«
    »Wahrscheinlich …«, sagte Pia vage. »Wissen wir schon irgendetwas über die Identität der Frau?«
    »Ihren Papieren nach zu urteilen hieß sie Birgit Manstein. Aus Lübeck, einundvierzig Jahre alt …«
    »Heutzutage ist man wohl nirgends mehr seines Lebens sicher.« Pia zog unbehaglich die Schultern hoch.
    »Sowieso nicht. Wo steht dein Auto?«
    »Ich bin mit dem Fahrrad hier. Ich wohne ganz in der Nähe.«
    »Ach so … Kommst du noch mit, etwas trinken?«, hörte Pia ihn nach einer kleinen Pause fragen.
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht genau, warum es ihr widerstrebte. Normalerweise war nach einem solchen Einsatz ihr Adrenalinspiegel noch mindestens zwei Stundenso hoch, dass sie unmöglich einschlafen konnte. Aber nach den vielen Menschen auf dem Altstadtfest und im Adlersaal war ihr jetzt nur noch danach, allein zu sein.
    »Dann bis morgen …«, meinte Marten und schlenderte kurz darauf die Breite Straße hinunter in Richtung Kohlmarkt.
    Pia trat ebenfalls unter den Arkaden hervor und sah zu den Häusern auf der anderen Seite der Fußgängerzone hinüber. In den hohen Schaufenstern eines Kaufhauses brannte nur noch die Nachtbeleuchtung. Ebenso in den anderen Geschäften in der Fußgängerzone. Die darüber liegenden Fenster waren dunkel. Wohnte dort jemand? Oder waren dort oben Büros oder Praxen untergebracht? Hatte sich schon jemand erkundigt, ob von dort, aus einem der vielen Fenster, jemand etwas Wichtiges beobachtet hatte?
    Marten Unruhs Schritte waren inzwischen verklungen. Einen kurzen Moment lang bedauerte Pia, dass sie die Gelegenheit, allein mit ihm zu reden, ungenutzt hatte verstreichen lassen. Seit der gemeinsamen Nacht in Grevendorf war die Stimmung zwischen ihnen angespannt.
    Damals hatte Pia lediglich klargestellt, dass die gemeinsame Nacht nichts als ein bedeutungsloser Zwischenfall gewesen war. Doch was sie beide als bedeutungslos erachteten, konnte, wenn es den falschen Leuten zu Ohren kam, recht unangenehme Folgen für sie haben. Ihr war deshalb seit längerem daran gelegen, sich Martens Stillschweigen zu versichern.
    Die Chance dazu hatte sie soeben vertan.
4. KAPITEL
    K läre Tensfeld hasste es, Aufmerksamkeit zu erregen. Mit vierundzwanzig Jahren bekam sie immer noch Herzklopfen, wenn sie allein ein Lokal oder eine Kneipe betreten musste. Sie verabscheute den Moment, wenn die Blicke der anderen Gäste fragend auf ihr ruhten. Diese Unsicherheit war schon immer da gewesen, schien in ihrem Erbgut verankert zu sein wie ihr naturkrauses Haar oder ihre großen, schweren Brüste.
    Gegen Äußerlichkeiten konnte man zumindest etwas tun. Das krause Haar zu einem straffen Zopf zurücknehmen und weite Pullover oder Hemden tragen, um die auffällige Oberweite zu kaschieren. Dann sah sie zwar insgesamt unförmig aus, aber es machte wenigstens keiner anzügliche Bemerkungen. Gegen ihre inneren Defizite hingegen fühlte sich Kläre Tensfeld machtlos.
    Sie wusste nicht, weshalb sie überhaupt auf Isabels Vorschlag eingegangen war, sich in einer Kneipe mit ihr zu treffen. Weil es praktischer war für Isabel? Weil Isabel dabei unter Leute kam, was sie liebte? Oder weil sie sowieso immer ihren Willen bei ihr durchsetzte? Es lag daran, dass Isabel ihr letzter Halt zum normalen Leben war, dachte Kläre. Isabel war der einzige Mensch, vor dem sie keinerlei Geheimnisse hatte.
    Sie gab sich einen Ruck und zog die schwere Kneipentür auf. Kläre kämpfte sich durch den dunkelblauen Samtvorhang und stand schließlich wie auf einer Bühne mitten in dem Kneipenraum. Es waren jedoch nur wenige Gäste da, die sie anstarren konnten. Der Mann hinter dem Tresen sah kurz auf, als sie eintrat, dann widmete er sich wieder seinemTelefongespräch. Nicht einmal zu einem begrüßenden Kopfnicken ließ er sich herab …
    Isabel saß an einem kleinen runden Tisch mitten im Raum und lächelte ihr zu. Schön und selbstsicher sah sie aus. Kläre bemerkte nicht zum ersten Mal, dass ihr Herz bei Isabels Anblick einen kleinen Satz machte. Sie war stolz darauf, ihre Freundin zu sein. Vielleicht ihre beste, ihre einzige, sicher aber ihre älteste Freundin …
    »He, Klärchen! Du bist spät dran heute. Ich dachte schon, ich bleibe hier sitzen, wie bestellt und nicht abgeholt.«
    »Da mach ich mir keine Sorgen um dich … Ich war noch bei Wibke und hab ihr beim Renovieren
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