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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch
Autoren: Nalini Singh
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Er ist zwar kleiner als der Täter, den Rodney uns beschrieben hat, aber Rodney stand unter Schock. Auf seine Erinnerungen können wir uns nicht unbedingt verlassen.«
    Sara wollte gerade antworten, als sie plötzlich spürte, dass sie nicht mehr allein in der Tiefgarage waren. Sie hatte sich bereits hinter Deacon auf das Motorrad geschwungen und sah nun zu der Tür hinüber, aus der sie gekommen waren. Dort stand ein Vampir. Überflüssig, Deacon zu fragen, ob er ihn auch bemerkt hatte, denn der Henker verharrte ebenso reglos wie sie selbst.
    Als sie den Blick des Vampirs auffing, fühlte sie, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. Er war schon sehr alt und die Macht, die er verströmte, nahm ihr beinahe die Luft zum Atmen. Da der Vampir sie nur schweigend ansah, blieb sie ebenfalls stumm. Deacon warf das Motorrad an und setzte rückwärts aus der Lücke. »Behalten Sie ihn im Auge«, sagte er ins Mikro.
    Während er die Maschine wendete, drehte sie den Kopf, um den Vampir im Blick zu behalten.
    Der hochgewachsene, dunkelhaarige Vampir zeigte keinerlei Reaktion, als sie aus der Garage fuhren.
    »Spielchen«, murmelte sie. »Sie lassen mich wissen, dass ich unter Beobachtung stehe.«
    »Sie wollen Sie auf die Probe stellen.«
    »Wissen Sie, irgendwie kann ich das sogar nachvollziehen. Können Sie sich vorstellen, was geschehen würde, wenn eine unserer mächtigsten Gruppen einen schwachen Direktor hätte?«
    »Paris«, sagte Deacon erneut.
    Zustimmend nickte sie, obwohl er es ja gar nicht sehen konnte. »Wie hieß er noch gleich? Jarvis?«
    »Jervois.«
    »Ach ja.« Jervois’ Führungsschwäche hatte zu einem heillosen Chaos in der europäischen Gilde geführt. Die Vampire hatten die Situation sofort ausgenutzt. Die meisten waren einfach geflohen, in der Hoffnung, irgendwo unauffällig unterzutauchen. Doch ein paar … »Einige Vampire haben sich dem Blutrausch hingegeben. In den Nachrichten hieß es, die Straßen troffen vor Blut.«
    »So übertrieben waren die Darstellungen gar nicht. Paris hat innerhalb eines Monats zehn Prozent seiner Bevölkerung eingebüßt.«
    So wie er es jetzt ausdrückte, machte es ihr den Umfang des Grauens noch einmal bewusst.
    »Warum sind die Engel damals eigentlich nicht eingeschritten?« Zu Hause in New York schmiss Raphael den Laden und bislang hatte Sara noch nie von einem blutrünstigen Vampir im Big Apple gehört. Da das rein statistisch schon unmöglich war, kümmerte sich Raphael offenbar sehr erfolgreich um derartige Probleme, denn bislang hatte es noch nicht einmal Gerüchte gegeben.
    »Es heißt, Michaela«, bei diesem Namen wurde seine Stimme ganz kalt, »wollte die Menschen Demut lehren.«
    Michaela war recht präsent in der Öffentlichkeit. Sie war atemberaubend schön und genoss die Medienaufmerksamkeit so sehr, dass sie sogar dann und wann für die Kameras posierte. »Ich glaube, diese Frau würde nur allzu gerne die Zeit zurückdrehen, zurück zu den Tagen, als sie noch als Göttin verehrt wurde.«
    »Selbst heute gibt es noch viele, die in den Engeln Gottes Boten sehen.«
    »Und was halten Sie davon?«
    »Sie gehören einer anderen Art an«, sagte er. »Vielleicht sind sie das, was wir in den nächsten Millionen Jahren werden.«
    Interessante Theorie. Sara hatte keine feste Meinung zu diesem Thema. Auf den ersten Höhlenmalereien hatte es schon Engel gegeben. Für ihr Vorhandensein gab es ebenso viele Erklärungen wie Sterne am Firmament. Und falls die Engel die Wahrheit kannten, so behielten sie sie für sich. »Warum ausgerechnet Timothy Lee?«
    »Er hat sich während der Morde in der Stadt befunden, er wäre imstande …«
    »Imstande wären wir alle.«
    »Stimmt. Also fällt dieser Punkt nicht so sehr ins Gewicht, aber Timothy ist mit Leib und Seele Jäger. Für ihn ist es nicht bloß Beruf, sondern Berufung.«
    »Ist er als Jäger geboren?« Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass Menschen mit der angeborenen Gabe, Vampire zu wittern, zwangsläufig der Gilde beitraten. Ihnen blieb keine andere Wahl.
    »Nein. Aber er vergöttert die geborenen Jäger.«
    »Ungesund zwar, aber nicht psychopathisch.«
    Deacon nickte. »Deshalb ist er einer von dreien. Die anderen beiden haben auch ihre Macken, aber im Prinzip sind alle Jäger seltsam.«
    »Haben Sie Ashwini schon kennengelernt?«
    Er verschluckte sich fast. »Kennengelernt ist nicht der richtige Ausdruck. Bei unserer ersten Begegnung hat sie auf mich geschossen.«
    »Das hört sich ganz nach Ashwini an.«
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