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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut
Autoren: Michael Kibler
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würde nie verstehen, was diese Menschen an herumwuselnden Beamten spannend fanden.
    »Sie haben die beiden Toten gefunden?«
    Frau Selderath wischte mit der Hand unter der Nase entlang, war sich dessen aber wohl nicht bewusst. Margot versorgte sie mit einem Nachschub an Taschentüchern, indem sie ihr die ganze Packung in die Hand drückte.
    »Nein, ja … also …«
    »Vielleicht von Anfang an«, half ihr Margot auf die Sprünge. »Regine ist Ihre Freundin und wohnt hier?«
    »Ja. Genau. Sie ist die Klassenlehrerin der 3b, ich habe die 3a. Christian-Gude-Schule.«
    Margot kannte die Grundschule im Martinsviertel. »Wie heißt Regine mit Nachnamen?«
    »Aaner. Regine Aaner. Sie lebt mit … sie lebte …« Weiter kam sie nicht, wurde wieder von einem halbminütigen Weinkrampf geschüttelt. »Sie und ihr Mann Paul wohnen da.« Sie zeigte auf das Haus, das gerade Ziel des sogenannten Ersten Angriffs wurde. Der Plan: Spuren sichern.
    »Und warum sind Sie hergekommen?«
    »Weil Regine nicht zum Unterricht erschienen ist. Und auch nicht zu erreichen war. Sie wollte über die Herbstferien mit Paul in Urlaub fahren, an die Ostsee. Sie hatten in Warnemünde ein Ferienhaus – Paul liebte die Seeluft, hat Regine immer gesagt.« Das schwache Lächeln auf Jasmin Selderaths Gesicht stand in scharfem Kontrast zu den Spuren des Weinens.
    »Sie wollten gleich zu Beginn der Ferien los, und sie wollten gestern zurückkommen. Aber Regine ging nicht ans Telefon, als ich vorhin angerufen habe, und ihr Handy war tot. Nicht mal die Mailbox ging an. Das fand ich seltsam. Ich hab gedacht, dass sie vielleicht Ärger mit ihrem Wagen hatten. Aber Regine hat sich in der Schule überhaupt nicht gemeldet, und das war ganz und gar nicht ihre Art. Dass sie vom Urlaub aus nicht anruft – das war normal. Aber dass sie nicht Bescheid sagt, dass sie nicht oder zu spät in die Schule kommt – da sind bei mir die Alarmglocken angegangen. Ich bin in der Pause hierhergefahren, aber niemand hat aufgemacht. Pauls Wagen stand nicht im Carport. Regines schon. Ich dachte, Paul sei schon zur Arbeit gefahren.«
    »Welchen Beruf hat Paul Aaner?«
    »Ihm gehört ein Autohaus; er handelt mit alten Autos.«
    »Was haben Sie dann gemacht?«
    »Dann bin ich um das Haus herumgegangen. Und hab gesehen, dass die Scheibe der Terrassentür eingeschlagen ist. Und mir sind diese Fliegen aufgefallen, die durch das Loch in der Scheibe rein und raus sind. Und der Geruch. Dann hab ich Ihre Kollegen gerufen.«
    Sie machte eine Pause. Jetzt kam offenbar der schwierige Teil. »Ich habe vor dem Haus gewartet – und Ihre Kollegen waren nach zehn Minuten da. Ich habe sie hinters Haus begleitet. Herr Süllmeier hat durch das Loch in der Terrassentür gegriffen und die Tür von innen geöffnet. Da schlug uns der Gestank voll entgegen. Ihre beiden Kollegen sind rein und gleich wieder raus. Ich habe es nur aus den Augenwinkeln gesehen – aber da drin waren die beiden. Ich kenne mich ja nicht mit so was aus – aber ich glaube nicht, dass sie überhaupt in Urlaub gewesen sind.«
    »Können Sie mir sagen, wann genau Ihre Freunde abreisen wollten?«
    »Ja. Sonntag vor zwei Wochen. Wir hatten Freitag noch Schule. Und Regine wollte am Samstag in aller Ruhe packen.«
    Margot schaute in ihren Kalender. Musste also der Achte gewesen sein. »Ich habe noch eine Frage. Wir müssen ganz sichergehen, dass die beiden Toten im Haus auch wirklich Regine und Paul Aaner sind. Und das ist am einfachsten über den Zahnarzt herauszufinden – wissen Sie, zu welchem Zahnarzt Ihre Freundin ging? Und vielleicht auch ihr Mann?«
    »Wir haben vor Kurzem darüber gesprochen, weil ich meinen Zahnarzt gerade gewechselt habe. Ihrer hat seine Praxis in der Heidelberger Straße, ich glaube, in der Nähe der Kreuzung mit der Bessunger Straße. Ich kann mich an seinen Namen nicht mehr so richtig erinnern. Springer vielleicht.«
    »Das finden wir heraus, danke. Hatten Regine oder Paul Aaner Verwandte? Geschwister, Eltern?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste. Pauls Eltern sind schon seit ein paar Jahren tot, und Regine hat nie über ihre Eltern gesprochen. Ich glaube, das Verhältnis war nicht so gut. Geschwister hatte sie keine. Regine hat mal gesagt, dass Paul noch einen Bruder hat. Andreas oder so. Ich weiß es nicht mehr genau.«
    »Herzlichen Dank, Frau Selderath, Sie haben uns sehr geholfen. Wenn Sie mir bitte noch Ihre Adresse geben könnten und auch die Telefonnummer, unter der wir Sie erreichen können.«
    Margot
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