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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut
Autoren: Michael Kibler
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nicht gehen lassen, meine Susanne. Also hielt ich sie fest. Ließ sie los. Zog das Messer. Brüllte wieder, sie würde nur über meine Leiche diese Küche verlassen. Sie machte einen Schritt auf die Tür zu. Und ich stach zu. Es war nur ein einziger Stich, aber sie sank sofort zu Boden. Und war nach einer Minute tot.«
    So, jetzt war es raus. Fall geklärt. Wunderbar. Jetzt musste man den guten Knaben nur noch davon überzeugen, nicht die Waffe zu ziehen.
    Zumbill hatte beide Hände auf dem Schoß liegen. Ohne Waffe.
    Horndeich wusste natürlich nicht sicher, ob er die Walther P22 wirklich dabeihatte. Aber die Gefahr bestand. Wollte er warten, bis der Mann die Waffe zog? Horndeich konnte davon ausgehen, dass Zumbill keine Ahnung hatte, dass Horndeich wusste, dass er die Waffe hatte.
    Horndeich schaute auf die Uhr. In zehn Minuten würden sie in Eberbach einfahren. Die Schützen waren postiert. Die Kavallerie war sicher auch schon bereit. Und nachdem Horndeich nicht zu seinem Dienstwagen zurückgekehrt war, hatte Margot hoffentlich die richtigen Schlüsse gezogen.
    Horndeich drehte sich um. Der Triebwagen war nicht voll besetzt. Doch da war die Mutter mit der kleinen Tochter auf dem Schoß. Die Kleine war vielleicht ein Jahr alt. Sie erwiderte Horndeichs Blick, lachte und ruderte mit den Ärmchen.
    Vor einem Dreivierteljahr war Horndeich angeschossen worden und hatte nur knapp überlebt. Er wollte seine Tochter aufwachsen sehen. Und er wollte um jeden Preis vermeiden, dass dieses kleine Mädchen hinter ihm in Gefahr geriet.
    Horndeich sammelte sich kurz.
    Dann flog seine rechte Faust kurz und hart gegen Zumbills Kinn.
    »Das gibt es doch gar nicht. Wo sind die denn?« Margot stand im Sichtschutz des Bahnhofsgebäudes.
    Die wenigen Fahrgäste kamen über den Bahnübergang vom Gleis der Odenwaldbahn herüber.
    Aber kein Zumbill.
    Und kein Horndeich.
    Zischen die ein Bier in Michelstadt?, fragte sich Margot. Über Funk hörte sie den Dialog zwischen der Einsatzleitung und den Einsatzkräften. Fast fünfzig Mann waren es, davon viele in Zivil, und dann noch die vier Präzisionsschützen.
    Von denen meldete sich jetzt einer. »Adler 1 an Einsatzleitung. Noch zwei Männer im hintersten Abteil des Zuges. Bewegen sich langsam auf die Zugtüren zu. Verlassen den Zug durch den Ausgang.«
    »Adler 2 an Einsatzleitung. Person 1 ist mit Handschellen gesichert, wird durch Person 2 geführt. Identifizierung steht noch aus. Warten auf Schussfreigabe. Äh, Moment, Person 2 hebt die Hand. Winkt. Welche Maßnahme sollen wir ergreifen?«
    Zurückwinken, dachte Margot, denn jetzt erkannte sie Horndeich. Sie wandte sich an den Heidelberger Kollegen. »Der Mann, der winkt, das ist mein Kollege Hauptkommissar Steffen Horndeich. Und der Mann, der nicht winken kann, das ist Reinhard Zumbill. Geben Sie das bitte durch.«
    Als Horndeich mit Zumbill an Margot vorbeiging, fragte sie: »Und – hatte er die Waffe dabei?«
    »Ja. Ist in meiner linken Tasche. Und die Munition ist in der rechten.«
    »Apropos rechts – warum reibst du dir dauernd die rechte Hand?«
    »Tut weh. Vom Winken.«

DIENSTAG
    Margot saß wieder auf der Bank in der Nähe des Grabmals mit dem Engel. Sie sah auf die Uhr. In einer Viertelstunde war sie verabredet.
    Sie hatte an diesem Dienstag freigenommen. Den Vormittag über hatte sie in ihrem Haus Klarschiff gemacht. Und am Morgen hatte sie mit Irina Gölzenlamper telefoniert. Sie hatte ihr mitgeteilt, dass der Fall von ihrer Seite aus abgeschlossen sei. Alle Indizien sprächen dafür, dass Irinas Schwester das Ehepaar Aaner umgebracht habe. »Wir haben einen internationalen Haftbefehl veranlasst. Sie wird jetzt weltweit gesucht. Und es sieht so aus, als ob es einfach nur Raubmord war. Wie auch immer, wenn Ihre Schwester Sie anruft – dann müssen Sie uns Bescheid sagen.«
    »Meine Schwester ist kein schlechter Mensch«, hatte Irina Gölzenlamper wiederholt.
    »Das kann ich nicht beurteilen, Frau Gölzenlamper. Sie hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zwei Menschen umgebracht. Und den Inhalt des Tresors geraubt.«
    Daraufhin hatte Irina Gölzenlamper geschwiegen.
    »Möchten Sie mir noch etwas sagen?«
    »Darf ich zu Ihnen kommen? Ich würde Ihnen gern eine Geschichte erzählen.«
    »Gern. Wann? Wo?«
    »Es gibt einen schönen Ort bei Ihnen in Darmstadt. Bei dem Engel in diesem Rosenpark. Heute Mittag um ein
Uhr?«
    So waren sie verblieben. Nun wartete Margot, wobei sie ihr Gesicht in die Sonne hielt. Der
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