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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit
Autoren: Skyla Hegelund
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die so melancholisch blickten.
    „Mami, schau mal, ein kleines Vögelchen! Ist das süß! Meinst du, es kann schon fliegen?“ Gähnend war Lena neben ihre Mutter getreten und hatte auf dem Apfelbaum eine kleine Kohlmeise entdeckt, die bestimmt zum ersten Mal das Nest verlassen hatte.
    „Bestimmt! Sieh mal, es hat einen richtigen Schwanz, sein Gefieder ist vollständig, also muss es sich von nun an alleine versorgen.“ Liebevoll sah sie ihre Tochter an. „Sag mal, Engelchen, deine Füße sind ja voller Gras! Du sollst doch abends nicht mehr ins Freie, wenn ich dich zu Bett gebracht habe! Sieh mal, wie dein Bett aussieht! Nach welchem von deinen Schützlingen musstest du denn noch sehen?“ Lächelnd und kopfschüttelnd sah ihre Mutter sie an. Nie konnte sie ihr lange böse sein, denn sie wusste, dass Lena alles was sie tat, aus purer Liebe machte.
    „Der kleine Papagei! Er hat so gekrächzt in seinem Käfig! Bestimmt ist er einsam, weil er seinen Partner nicht dabei hat. Papa hat mir erzählt, dass es die Unzertrennlichen sind, deshalb versteh’ ich nicht, warum der andere Papagei nicht auch hier sein darf?“ Große, veilchenblaue Augen, umrahmt von langen dunklen Wimpern, blickten ihre Mutter fragend an. Für ihre kleine Lüge schämte sie sich nicht, denn sie schützte damit ja nur Nils, mit dem sie so gerne spielte, wenn ihr großer Bruder Philipp sie mitspielen ließ.
    „Papa hat dir sicher erklärt, dass er gesunde Tiere hier nicht aufnehmen darf, außerdem ist der Papagei bald wieder gesund, dann darf er wieder nach Hause zu seinem Partner. So und jetzt komm, zieh dich an, das Frühstück wartet bereits auf dich!“ Zärtlich schubste Sonja ihre kleine Tochter an, zögernd verließ sie das helle Kinderzimmer, lief über den langen Gang und klopfte an der Praxistüre ihres Mannes.
    „Georg? Darf ich hereinkommen?“ Zaghaft drückte sie die silberne Klinke herunter und trat in den sonnendurchfluteten Untersuchungsraum. Da sie ihren Mann nirgendwo erblickte, spähte sie in das kleine Behandlungszimmer, in dem ebenfalls eine lederne Liege stand. Unter einer warmen Wolldecke zeichneten sich die Konturen ihres Mannes ab, sein schnarchender Atem verriet ihr, dass er tief und fest schlief.
    „Georg! Liebling!“ Sanft küsste sie seine mit dunklen Bartstoppeln übersäte Wange, hauchte ihm auf seine weichen Lippen einen zärtlichen Kuss.
    „Komm her!“ Halb schlafend zog er sie in seine kräftigen Arme, so dass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich neben ihn auf die schmale Liege zu legen. Haltsuchend schob sie ihr rechtes Bein über seine Hüfte. Eng an ihn gepresst, roch sie seinen männlichen Duft, den sie so liebte.
    „Georg! Du kannst doch nicht...! Ich wollte dich wecken!“
    Sehsüchtig saugten seine Lippen sich in ihrer Halsbeuge fest, sie spürte die feste Zunge, die über ihre empfindliche Haut kreiste und seine Hände, die ihre Brust umfingen.
    „Und ob ich kann! Schließlich bist du meine Frau und hast zugelassen, dass ich hier schlafen musste!“ Hellwach öffnete er seine sanftbraunen Augen, ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    „Ich habe dich vermisst! Das große Bett war so leer ohne dich! Lass uns nie wieder so streiten, dass wir getrennt schlafen müssen!“ Bittend sahen ihre blauen, ins violett gehende Augen ihn an. Noch genauso hübsch sah sie aus, wie damals, als sie sich kennengelernt hatten. Vor sich sah er sie auf dem abgeschlagenen Eichenstamm sitzen, die schlanken Beine schaukelten gekreuzt hin und her, ihre Hand wickelte verlegen ihr langes, blondes Haar um einen ihrer schlanken Finger. Suchend schauten ihre Augen sich um, darauf bedacht, seinen Blick nicht zu kreuzen, der sie seit einiger Zeit fixierte.
    Das Grillfest, zu dem ein Kommilitone eingeladen hatte, war kurz davor, aus dem Ruder zu laufen. Zuviel Alkohol benebelte die Sinne der Meisten, die an harte Sachen wie Whiskey, Rum oder Wodka nicht gewöhnt waren. Nach dem ersten Schluck aus der kreisenden Whiskeyflasche hatte er genug von dem scharfen Zeug gehabt. Ein kühles Bier oder ein Glas Wein waren ihm lieber. Außerdem musste er sich nicht beweisen, wie viel er im Gegensatz zu den anderen vertrug. Seine Eltern hatten ihm den richtigen Umgang mit Alkohol gelehrt. Damals war er ihnen zum ersten Mal dankbar dafür gewesen.
    Etwas abseits hatte er sich auf den herb duftenden Waldboden gesetzt, den Rücken an eine hohe Tanne gelehnt, seine langen Beine vor sich im weichen Gras gekreuzt. Zufällig war
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