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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches
Autoren: Matthew Skelton
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ein Brief von Dad kam. Sie waren jetzt fast zwei Wochen in Oxford, und Blake hatte schon mehrere Ansichtskarten nach Hause geschrieben. Aber weil in seiner großen geschwungenen Schrift die Karte zu schnell vollgeschrieben war, hatte er vieles von dem, was er gern gesagt hätte, gar nicht sagen können. Noch schlimmer, vieles blieb unausgesprochen, weil er nicht genau wusste, sollte er seinem Vater erzählen, wie gut ihm das College und die Bibliothek gefielen, wie nett er Mrs Richards fand -oder sollte er erzählen, wie sehr er sich nach Hause sehnte. Viele Freunde hatte er zu Hause an der Forest Heights School nicht, deshalb fühlte er sich hier auch nicht besonders einsam, aber irgendwie war es komisch, dass er zu Beginn des neuen Schuljahres nicht an seiner Schule war. Was, wenn nun alle dachten, er hätte die letzte Klasse nicht geschafft?
    Doch sogar sein Vater hatte die Unterbrechung befürwortet.
    »Oxford ist großartig«, hatte er gesagt, als das Thema aufgekommen war. »Wer weiß, vielleicht findest du's sogar spannend dort. Sieh es einfach als ein Abenteuer.«
    Duck hatte beifällig genickt und gleich ihre Lieblingsbücher aufgezählt. »Alice im Wunderland, Der Herr der Ringe, die sind dort geschrieben worden. Ich kann's kaum erwarten!«
    Aber Blake war nicht so überzeugt. Und eigentlich auch nicht sein Vater, das hatte er gespürt. Dads Lächeln damals, an diesem Morgen, war abwesend und traurig gewesen, und in seiner Stimme hatte leiser Zweifel gelegen - vielleicht auch ein Gefühl von Niederlage.
    Blake versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen. Bis zum Pförtner war es nicht weit. Er sprintete los.
    Kurz vor ihm war ein Mann mit dunkel gelocktem Haar in das Pförtnerhaus eingetreten. Seine schwarze Lederjacke knirschte bei jeder Bewegung, er schlenderte an den Tresen und legte einen grün glänzenden Motorradhelm wie das Haupt eines Geköpften darauf ab.
    Der Pförtner war gerade damit beschäftigt, Briefe in die Fächer an der Wand zu stecken. Er bedeutete dem Motorradfahrer zu warten.
    Der Lederjackenmann trommelte mit den Fingern auf die Tresenkante, dann drehte er sich um und sah prüfend durch den Raum.
    Blake blieb neben einem Stapel von Koffern an der Tür stehen und begegnete dem kühlen selbstsicheren Blick des Fremden. Er sah verwirrt zur Seite, dann trat er vor das laminierte Schild, das er aus den Augenwinkeln entdeckt hatte.
    Auf dem Schild wurden die Mitglieder der Ex Libris Gesellschaft willkommen geheißen, die sich im Lauf dieser Woche zu ihrer jährlichen Zusammenkunft trafen. Die Veranstaltungen sollten teils in St. Jerome's und teils im All Souls College stattfinden. Auf dem Schild besonders herausgestellt war die Abbildung einer großen Bibel auf einem kunstvoll verzierten Holzpult. Unter der Begrüßung stand:
     
    Vorträge prominenter Redner:
    Sir Giles Bentley Tödliche Vorlieben — Erstausgaben und verbotene Früchte
    P. Marchand Gutenbergs letzte Worte: Das E-Book und die Suche nach einer virtuellen Bibliothek
     
    Blake musste an das unbedruckte Buch in der Bibliothek denken. Ob es für diese Gesellschaft von Interesse sein könnte? Wahrscheinlich eher nicht, dachte er, während er die großartig ausgestattete Bibel auf dem Schild betrachtete: Der dicke Wälzer hatte einen polierten Silbereinband mit Einlegearbeiten aus Rubinen und Perlen. Sein Buch dagegen hatte eine gebrochene Schnalle und war in schäbiges braunes Leder gebunden.
    Bob Barrett, der Pförtner, der mit dem Verteilen der Post fertig war, unterbrach Blakes Gedanken, drehte sich um und begrüßte seine Gäste. »So«, sagte er. »Tut mir Leid, dass Sie warten mussten. Ihr Name, Sir ...?«
    »Professor Prosper Marchand«, erwiderte der Mann, als hielte er eine Vorstellung für unnötig.
    Blake fuhr herum. Na klar, der Mann in der Lederjacke hatte genau den Namen genannt, der auf dem Schild angekündigt war! Der Professor beobachtete Blake belustigt, dann zwinkerte er ihm zu.
    Blake wurde rot.
    »Und das«, fuhr Prosper Marchand fort und wies auf eine große Frau, die etwas von einem Vogel an sich hatte und die eben hinter Blake eingetreten war, »und das ist Dr. Adrienne de Jonghe vom Coster Institut, Holland. Wir sind Mitglieder der Ex Libris Gesellschaft.«
    Dr. de Jonghe stelzte auf storchendünnen Beinen an Blake vorbei und schüttelte dem Professor die Hand.
    Der Pförtner, strahlend über das ganze Gesicht, bat darum, sich in das Gästebuch auf dem Tisch einzutragen. Dann überreichte er ihnen je
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