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Endstation Kabul

Endstation Kabul

Titel: Endstation Kabul
Autoren: Achim Wohlgethan
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der KMNB sehr hilfreich war, hatte die Vorgesetzten überzeugt. Der einzige Wermutstropfen war der feine Sand, der überall hinwehte. Ich war noch nicht mal eine Stunde in diesem Land, und es knirschte bereits zwischen meinen Zähnen und der Sand rieb sich zwischen Körper und Hemd.
    Ich bekam endlich mein Gepäck und wurde in den Bereich geführt, in dem ich die kommenden Monate arbeiten sollte. Dass ich schon wenig später in anderer Mission und unter fremder Flagge unterwegs sein würde, konnte ich damals noch nicht ahnen. Da ich nun offiziell zum Stabspersonal gehörte, kam ich in ein Zelt mit sieben anderen Soldaten, alles Fernmelder und Versorger aus den verschiedensten Standorten in Deutschland. Ich war froh, dass ein paar Bekannte darunter waren, zum Beispiel Wolli. Wir hatten bereits die Vorausbildung gemeinsam durchlaufen, waren gemeinsam hierher geflogen und verstanden uns gut. Ich schaffte meine Ausrüstung ins Zelt und begann, mein Moskitonetz zu befestigen und die kleinen Spalte am Zelt zuzukleben, damit die Skorpione, Schlangen und vor allem die allgegenwärtigen Kamelhaarspinnen nicht zu sehr auf Tuchfühlung mit mir gingen. Was leider nicht ganz zu vermeiden war, wie ich später merkte. Kam man nachts von der Patrouille oder irgendeinem anderen Einsatz zurück und schaltete das Licht im Zelt ein, wuselte praktisch der ganze Fußboden von dem unappetitlichen Getier. Und die Viecher waren wirklich riesig! Kein angenehmer Gedanke, sie morgens in einem Schuh zu finden.
    Am Abend, nachdem ich mich mit meiner WG auf Zeit bekannt gemacht hatte, atmete ich durch und setzte mich mit Alex auf einen Kaffee zusammen. Die neuen Eindrücke hatten mich praktisch sprachlos gemacht. Auch Alex fiel auf, wie still ich an diesem Abend war. Als ich schließlich in mein Zelt ging, mich auf mein Feldbett legte und versuchte, innerlich etwas zur Ruhe zu kommen, sank ich schnell in einen tiefen und traumlosen Schlaf. Was die kommenden Monate für mich bringen sollten und wie stark diese Eindrücke noch übertroffen werden würden, konnte ich in diesem Moment nicht ahnen.
    Ausgeruht ging ich am nächsten Morgen zur OPZ, zur Operationszentrale der KMNB im Stabsgebäude. So eine OPZ ist Herz und Hirn eines jeden Einsatzes, so gut wie alle Informationen laufen dort zusammen. Die gesammelten Erkenntnisse der täglichen Arbeit wurden auf der großen Lagekarte verarbeitet. Umso erstaunter war ich, dass es keine Zugangskontrolle gab. Obwohl mich noch niemand kennen konnte, hatte ich einfach durch die langen Flure und dann direkt in die OPZ hineinspazieren können. Scheinbar glaubte man, dass die Kontrollen am Tor zum Lager ausreichend seien und nur Menschen im Lager sein konnten, die auch dorthin gehörten. Darunter waren auch viele Locals, also Einheimische, die für die Bundeswehr arbeiteten. Als Dolmetscher, als Handwerker, als Hilfskraft in der Küche zum Beispiel. Irgendjemand hatte wohl beschlossen, ihnen so viel Vertrauen zu schenken, dass sie problemlos auch in Sicherheitsbereiche gelangten. Plötzlich kam ein Local herein und leerte die Mülleimer. Ich fasste mir an den Kopf. Hatte niemand daran gedacht, dass er oder seine Kollegen dabei ohne weiteres Einblicke in die geheimen Lagekarten mit allen Aufklärungsergebnissen hatten? Abgesehen davon sprachen die meisten Sprachmittler, die wir als Übersetzer angeheuert hatten, ausgezeichnet Deutsch und bekamen natürlich unseren ganzen Funkverkehr mit. Ich behielt meine Beunruhigung für mich und ließ mich in meine zukünftige Arbeit einweisen.
    Am kommenden Tag ging meine eigentliche Arbeit in der OPZ des Stabes los. Um die große Lagekarte in der Mitte des Raumes standen Offiziere aus allen beteiligten Nationen dieses »Friedenseinsatzes«. Es waren Verbindungsoffiziere, die den Kontakt zu den anderen Truppen sicherstellten. Schwerpunktvertreter waren bei uns die Briten und die Österreicher, aber auch ein Verbindungsoffizier der amerikanischen Special Forces war vor Ort. Meine neue Aufgabe war die eines »Watchkeepers«, also die rechte Hand eines Schichtleiters zu sein, in meinem Fall ein Offizier der österreichischen Jagdkommandos. Diese Einheit ist das österreichische Gegenstück zum deutschen KSK, der Eliteeinheit »Kommando Spezialkräfte«, allerdings gibt es die österreichische Spezialeinheit schon ein paar Jahrzehnte länger. Ich notierte die eingehenden Meldungen und leitete auf Befehl des österreichischen Offiziers hin die ersten Maßnahmen ein. Auch
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