Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation bei Al Wheeler

Endstation bei Al Wheeler

Titel: Endstation bei Al Wheeler
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
nicht der
Reihe nach und fangen von vorn an ?«
    Der Schnurrbart schwankte
verwirrt. »Mehr ist da nicht zu erzählen. Toni wollte eben die Tür hier zum
Zimmer öffnen, als sie von innen aufgemacht wurde und der Sankt Nikolaus herauskam.
Er ging an uns vorbei, ohne ein Wort zu sagen. Und wir waren so überrascht, daß
wir ebenfalls nichts sagten .«
    »Wissen Sie, wer hinter dem
Kostüm verborgen war ?«
    »Nein.«
    »Wie sah er aus ?« Ich sah ihn an und fletschte die Zähne. »Und kommen Sie
mir nicht mit dem Quatsch von dem langen weißen Bart und der rotwollenen
Unterwäsche. Ja?«
    »Ich glaube, er war etwa
mittelgroß«, sagte Tallen im Tone der Erleuchtung,
»oder auch größer .«
    »Vielen Dank, Mr. Tallen «, brummte ich. »Nun lassen Sie uns mit den anderen Gästen
reden, bevor ich den Rest meines Verstands verloren habe .«
    Die blonde Piratin stand, als
wir eintrafen, verlegen auf der Schwelle zum Wohnzimmer, als wäre ihr die Kürze
ihres Freibeuterkostüms, das nur eben den oberen Rand ihrer Schenkel erreichte,
plötzlich peinlich. Ihre langen gebräunten Beine boten einen ergötzlichen
Anblick, und wenn mir nicht gerade eine Leiche vor meinem inneren Auge
geschwebt hätte, hätte ich mich gern der phantastischen Vorstellung zweier
wohlgefüllter Piratenstrümpfe zu Weihnachten hingegeben. Hinter ihr hatte sich
eine verdrossene und surrealistisch wirkende Gruppe von Leuten im ganzen Zimmer
verteilt. Ich bemerkte einen fetten Musketier, dessen Toupet verrutscht war und
einen rosa Kahlkopf enthüllte; einen einsam wirkenden Satan; und eine erheblich
übergewichtige Blonde mit gefärbtem Haar in einer Baby-Doll-Aufmachung, noch
immer einen riesigen Lutschstengel mit der rundlichen
Hand umklammernd.
    »Wo ist also der Sankt Nikolaus ?« fragte ich die Piratin.
    Iris Malone schauderte. »Bitte,
Lieutenant, das ist doch wirklich nicht komisch !«
    »Ich meine den Gast, der als
Sankt Nikolaus verkleidet war ?« sagte ich.
    Sie sah mich verdutzt an. »Hier
ist keiner .«
    »Du täuschst dich, Darling«,
sagte die gefärbte Blonde mit schriller Stimme. »Ich habe ihn vor etwa einer
Stunde in der Küche gesehen, als ich hinausging, um ein paar Eiswürfel zu holen .« Sie kicherte verschämt »Und zwar ein wirklich ungezogener
alter Sankt Nikolaus! Ich beugte mich eben vor, um die Eiswürfel aus dem
Kühlschrank zu holen, als er sagte: >Ho, ho — ein Geschenk für Sankt
Nikolaus, wie ?< Und dann zwickte er mich in den
Po.«
    »Vielleicht war er weniger
ungezogen als kurzsichtig«, bemerkte Stan mit bissiger Stimme.
    »Hat sonst noch jemand diesen
Sankt Nikolaus gesehen ?« fragte ich.
    Aus der nun folgenden Stille
entnahm ich scharfsinnig, daß dem nicht so gewesen war. Ich zählte die
anwesenden Köpfe und kam auf eine Gesamtsumme von neun Gästen im Zimmer,
ausschließlich Tallen und natürlich der Gastgeberin,
Iris Malone. Es hatte den Anschein, als würde es eine lange, lange Nacht. Dann
schrillte die Türklingel, und die blonde Piratin warf mir einen fragenden Blick
zu.
    »Ich sehe nach«, sagte ich.
»Alle bleiben hier, bis ich zurückkomme«, ich starrte Tallen an, »Sie ebenfalls .«
    »Natürlich, Lieutenant.« Er
schluckte mühsam. »Ist es in Ordnung, wenn ich Toni anrufe? Ich meine, sie wird
sich Sorgen machen und...«
    »Nein !« knurrte ich. »Niemand benutzt das Telefon! Sie weiß bereits, daß ihr Mann ermordet
wurde, was soll sie also Neues erfahren ?«
    »Wie Sie meinen«, blökte er.
»Ich dachte nur...«
    »Bitte !« stöhnte ich. »Fangen Sie nicht an zu denken! Ich habe bereits ausreichend
Probleme zu bewältigen .«
    Ich ging in den Korridor hinaus
und öffnete die Haustür. Eine ungeordnete Prozession zog an mir vorüber ins
Haus, angeführt durch Ed Sanger und seinem Assistenten vom Polizeilabor, danach
Doc Murphy und schließlich das vertraute primitive Gesicht von Sergeant Polnik . Ich begleitete sie ins Gästezimmer und sah zu, wie Sanger
und sein Helfer mit ihrem Blitzlicht — und Fingerabdruckpuder-Ritual begannen.
    »Was soll das heißen, Al? Doc
Murphys Mephistogesicht grinste mich an. »Unter dem
Bett, da lauert Räuber Hood, aber der Held ist tot, und das ist nicht gut .«
    Ich schauderte. »Es ist schon
schlimm genug, ein echtes, lebendes Grabgespenst als Coroner zu haben, aber nun
noch ein Gespenst, das Knittelverse von sich gibt ?«
    »Entschuldigen Sie bitte die
Unterbrechung, Lieutenant«, sagte Polnik vorsichtig
mit einer Stimme, die wie umhersprühender Kies klang,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher