Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation bei Al Wheeler

Endstation bei Al Wheeler

Titel: Endstation bei Al Wheeler
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
er ein Schilddrüsenleiden? Oder
ist er einfach nur ein Menschenfeind ?«
    »Ich glaube, er ist wütend auf
sich selber«, sagte sie ruhig, »weil jemand Dean Carroll umgebracht hat, bevor
er selber Gelegenheit dazu hatte .«

VIERTES KAPITEL
     
    E s war das einzige im
Telefonbuch von Pine City aufgeführte Geschäft, das
Kostüme für Laienspielgruppen und Maskenfeste verlieh, und so schien es mir ein
guter Anfang zu sein. Das Geschäft befand sich im zweiten Stock eines alten
Gebäudes am Rand der Innenstadt und lief unter dem Namen Louis. Ich
öffnete die Tür, trat ein und befand mich in einem winzigen, vielleicht zwei
Meter langen und breiten Empfangsraum. Der übrige Teil war durch einen
staubigen pflaumenfarbenen Samtvorhang den Blicken
entzogen. In dem Raum selbst stand ein kleiner Tisch mit einer darauf
angebrachten Klingel, auf die ich zweimal drückte. Dann zündete ich mir,
während ich wartete, eine Zigarette an.
    Etwa zehn Sekunden später wurde
der Samtvorhang zur Seite geschoben, und ein schlankes Geschöpf kam in das
Empfangskämmerchen getänzelt. Es war ein kleiner Bursche, unbestimmbaren
Alters, aber jedenfalls über Fünfzig, mit einem milden glatten Gesicht und
hübsch gewelltem grauem Haar, das sorgfältig in einer Art Pompadour-Frisur
gebürstet war. Er trug einen schwarzen Anzug aus irgendeiner schillernden
Seide, und das Jackett hatte einen Samtkragen. Sein Hemd war shocking-rosa, und
eine Nadel mit grauer Perle hielt die Krawatte sorgfältig an Ort und Stelle.
Der Duft nach Eau de Cologne wurde mit jedem Tänzelschritt ,
den er näher kam, stärker.
    »O ja!« Er lächelte verschämt,
während er mir unter langen Wimpern hervor einen Seitenblick zuwarf. » Irgend etwas Kühnes, mit einem Schwert ! Nicht der
übliche Durchschnittspirat, sondern eher«, seine Hand, an einem schlaffen
Handgelenk hängend, bewegte sich graziös durch die Luft, »ein Freibeuter? Ja,
ganz entschieden ein Freibeuter mit einer langen Feder am Hut .«
    »Wie ?« murmelte ich.
    »Nun«, er warf mir einen leicht
vorwurfsvollen Blick zu, »es handelt sich doch wohl um eine Kostümparty, nicht
wahr ?«
    »Im Augenblick bin ich mehr an
einem Sankt-Nikolaus-Kostüm interessiert«, sagte ich.
    »Oh, du meine Güte !« Er preßte in einer Geste absoluter Verzweiflung den
Handrücken gegen die Stirn. »Ich weiß, es ist die Jahreszeit, aber es ist so entsetzlich unoriginell ! Und dieser Bart verpfuscht alles so fürchterlich !
Zwei Martini, alter Darling, und der Schweiß läuft Ihnen in die Socken !«
    Ich hatte das Gefühl, daß mir
die Herrschaft über die Situation entglitt wie auf Rollschuhen und daß ich
schnellstens etwas zu unternehmen hatte, bevor sie mir gänzlich aus der Hand
rutschte. Ich nahm meine Dienstmarke heraus und hielt sie ihm unter die lange
schmale Nase.
    Er betrachtete sie mit mildem
Interesse und schüttelte dann entschieden den Kopf. »O nein, ich glaube nicht,
daß daraus etwas wird. Sehen Sie, Polizeilieutenants tragen sowieso keine Uniformen. Und Sie werden doch wohl kaum daran denken, als
gewöhnlicher Polizeibeamter auf eine Party zu gehen, oder? Ich meine, es ist
nicht nur so schrecklich proletarisch, es ist außerdem ungesetzlich !«
    »Es ist wirklich so !« Ich erstickte fast an meinen eigenen Worten. »Ich bin ein
echter Lieutenant aus dem Büro des Sheriffs !«
    »O Himmel!« Er blinzelte mich
einen Augenblick lang an und biß sich dann auf die weiche Unterlippe. »Ich bin
wirklich eine alberne alte Tante, nicht wahr? Ich dachte, Sie wollten sich ein
Kostüm leihen, um...«
    »Schon gut«, sagte ich in
mordlüsternem Ton. »Was ich wissen möchte, ist, wieviel Sankt-Nikolaus-Kostüme Sie vor kurzem verliehen haben .«
    Er tänzelte auf die andere
Seite des Tischs, holte ein abgegriffenes Hauptbuch hervor und begann, es
durchzublättern. »Lassen Sie mich sehen. Ach ja! Das erste habe ich vor einer
Woche verliehen, an eine Mrs. Thorndike. Sie ist
Präsidentin einer Wohlfahrts...«
    »Ich bin nicht an
Wohlfahrtsorganisationen und dergleichen interessiert«, sagte ich. »Machen Sie
weiter .«
    Er drehte die Seite um und fuhr
mit dem Daumen die nächste Spalte entlang. »Hier ist eines am fünfzehnten des
Monats verliehen worden — an einen Mr. Turnbull ?« Die langbewimperten Augenlider klappten erwartungsvoll
auf und zu.
    »Sonst noch jemand?«
    »Nun — oh, Mr. Turnbull hat das Kostüm am nächsten Tag zurückgebracht, wie
ich sehe. Hier! Vor zwei Tagen eine Miss Malone! Ich erinnere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher