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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer
Autoren: Frank Brady
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innerhalb von Sekunden in Scherben gegangen. Wie schon häufig zuvor wollte er von Japan auf die Philippinen fliegen. Wie immer war etwa zwei Stunden vor Abflug am Tokioter Flughafen Narita eingetroffen. Wie gewohnt hatte er dem Zollbeamten seinen Pass gereicht. Doch diesmal ertönte nach Eingabe der Passnummer ein diskreter Warnton. Ein rotes Licht begann langsam zu blinken. »Mr. Fischer, setzen Sie sich doch bitte, bis wir das hier geklärt haben.«
    Bobby war besorgt, aber nicht ängstlich. Seit zwölf Jahren zog er in der Welt herum, hatte unter anderem Ungarn, die Tschechoslowakei, Deutschland, die Philippinen, Japan und Österreich besucht und war immer reibungslos durch alle Zoll- und Passkontrollen gekommen. Sein Pass hatte um Zusatzseiten erweitert werden müssen, weil der Platz für Ein- und Ausreisestempel ausgegangen war, aber das hatte die amerikanische Botschaft in Bern bereits im November 2003 erledigt.
    Plötzlich beschlich ihn die Angst, dass die amerikanische Regierung ernst gemacht haben könnte. 1992 hatte Bobby das US-Wirtschaftsembargo gegen Jugoslawien gebrochen, als er in Sveti Stefan (Montenegro) zu einem Wettkampf gegen Boris Spasski antrat. Damals war Haftbefehl gegen ihn ergangen, in den USA drohten ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis.
    Also kehrte Bobby nach dem Wettkampf 1992 nie mehr nach Amerika zurück. Ende der 1990er erkundigte sich ein Freund beim amerikanischen Außenministerium, ob Bobby heimkommen könne. »Klar kann er«, beschied man ihm dort. »Aber nach der Landung wird er sofort verhaftet.« Als Heimatloser ließ Bobby sich vorübergehend in Ungarn nieder und wagte sich von dort erst zaghaft, dann immer selbstsicherer auf Reisen. Inzwischen waren zwölf Jahre seit dem Vorfall vergangen, und Bobby hatte nie wieder etwas von der amerikanischen Justiz gehört. Solange er nur nicht in die USA zurückkehrte, dachte er, sei er sicher.
    Bobby setzte sich wie geheißen. Allmählich wurde ihm mulmig. Ein Beamter forderte ihn auf, ihm in den Keller zu folgen. »Aber ich verpasse meinen Flug!«, protestierte Bobby. »Das wissen wir«, herrschte der Beamte ihn an. Wärter führten ihn durch einen langen, schmalen, schlecht beleuchteten Korridor. Bobby verlangte zu erfahren, was denn los sei. »Wir wollen nur mit Ihnen reden«, antwortete der Beamte. »Worüber reden?«, fragte Bobby. »Einfach reden«, lautete die Antwort. Da weigerte sich Bobby weiterzugehen. Ein Übersetzer wurde geholt, um Missverständnisse auszuschließen. Bobby redete auf Englisch und Spanisch auf ihn ein. Weitere Sicherheitsleute kamen zu Hilfe, bis der ehemalige Schachweltmeister von einem guten Dutzend grimmig blickender, stummer Männer umringt war.
    Schließlich kam ein weiterer Beamter hinzu und zeigte Bobby einen Haftbefehl. Darin hieß es, Fischer reise mit einem ungültigen Pass und stehe deswegen unter Arrest. Bobby beteuerte, seine Papiere seien völlig in Ordnung und noch zweieinhalb Jahre gültig. »Sie dürfen einen Vertreter der amerikanischen Botschaft anrufen und um Hilfe bitten«, beschied man ihm. Bobby schüttelte den Kopf. »Die US-Botschaft ist das Problem, nicht die Lösung«, murmelte er. Die Vertretung Amerikas, fürchtete er, würde nur alles versuchen, ihn in die USA ausliefern zu lassen – wo ihn ein Prozess erwartete. Bobby bat darum, einen seiner japanischen Schachfreunde anrufen zu dürfen, doch der Beamte ließ ihn nicht telefonieren.
    Da wandte Bobby sich um, als wolle er zurück in den öffentlichen Teil des Flughafens. Ein Sicherheitsmann verstellte ihm den Weg. Ein zweiter versuchte, ihm Handschellen anzulegen, und Bobby drehte und wand sich, um das zu verhindern. Einige Wärter begannen, mit Stöcken und Fäusten auf ihn einzuschlagen. Bobby wehrte sich, trat um sich, brüllte und biss einen Wärter in den Arm. Schließlich ging er zu Boden. Ein halbes Dutzend Wärter hob ihn hoch und trug ihn an Armen und Beinen fort. Bobby leistete weiter Widerstand. Er strampelte wie verrückt und hätte beinahe seine Hände frei bekommen. Danach stülpte man ihm die schwarze Kapuze über den Kopf.
    Bobby wusste, sein Pass war gültig. Was ging hier also vor? Klar, seine Hasstiraden gegen Juden und die USA hatten einigen Staub aufgewirbelt, doch schützte nicht die amerikanische Verfassung sein Recht auf Meinungsfreiheit? Und was hatten seine öffentlichen Aussagen überhaupt mit seinem Pass zu tun?
    Vielleicht lag es ja an den Steuern . Seit Fischer 1976 einen Prozess gegen die Zeitschrift
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