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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer
Autoren: Frank Brady
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Dokumente und Briefe durchgesehen und über Jahre hinweg Hunderte Interviews mit Leuten geführt, die Bobby gekannt hatten. Dieses Material hat mir dabei geholfen, Bobbys Charakter und Entwicklung in allen Facetten darzulegen. Ich versuchte zu ergründen, durch welchen seltsamen Zauber Bobby es schaffte, Schach populär und sogar hip zu machen. Aber auch, wie dieser gänzlich unpolitische Mensch es schaffte, in die Mühlen der internationalen Politik zu geraten.
    Als Bobby den Weltmeistertitel gewann, machte er Furore. Nie hatte eine breite Öffentlichkeit ein Schachereignis derart interessiert, ja leidenschaftlich verfolgt. Woran lag das? An den politischen Begleitumständen – Bobby besiegte mitten im Kalten Krieg die Sowjets in ihrer Paradedisziplin –, an seinem mitreißenden Spiel, aber auch an seiner Ausstrahlung und seinen von der Presse begierig aufgenommenen Sperenzchen. Bobby lechzte nach öffentlicher Anerkennung – und haderte gleichzeitig mit seiner plötzlichen Berühmtheit. Irgendwann hasste er den Rummel um seine Person nur noch. In späteren Jahren zog er sich von der Welt zurück und führte ein fast schon einsiedlerisches Leben, um dem dreisten Blick der Öffentlichkeit zu entgehen.
    Bei meinen Recherchen durfte ich auch Teile der KGB- und FBI-Akten über Bobby und seine Mutter einsehen. Aus ihnen erfuhr ich einiges Neue und fand Belege, warum bisher veröffentlichte Versionen von Bobbys Leben so nicht stimmen konnten.
    Im Zuge meiner Recherchen zu diesem Buch grub ich auch einen autobiografischen Essay aus, den Bobby als Teenager geschrieben hatte. Natürlich fehlte es dem Aufsatz an Eleganz, aber er bot einen hochinteressanten Einblick in Bobbys Innenleben zu jener Zeit. Man erfährt, wie Bobby seinen Aufstieg erlebte und wie er sich von verschiedenen Schachorganisationen behandelt fühlte. Auch dieser Aufsatz erlaubte mir, einige gängige Fehlannahmen über Bobby zu korrigieren. Darüber hinaus erhielt ich Zugang zu den persönlichen Archiven seiner Mutter, Regina Fischer, und seines Schachmentors Jack Collins. Dieser unbezahlbare Schatz an Briefen, Fotos und Zeitungsausschnitten stellte eine wichtige Quelle für dieses Buch dar. Vor allem halfen mir diese teilweise jahrzehntealten Briefe Bobbys, ihn vor meinem geistigen Auge wiedererstehen zu lassen.
    Egal, ob man Bobby Fischer nun bewundert oder verachtet (oder beides gleichzeitig): Meiner Ansicht nach war Bobby ein zutiefst verstörter Mensch, aber auch ein großer Künstler, den eine große Leidenschaft umtrieb: zu wissen .
    Wir müssen Bobby seine Tiraden gegen Politik und Religion nicht vergeben, vielleicht dürfen wir das nicht einmal. Dennoch sollten wir nie vergessen, wie absolut brillant er Schach spielte. Ich kann meine Leser nur ermuntern, sich seine Partien anzusehen. Sie sind sein wahres Testament, sie bezeugen, was er war, sie sind seine bleibende Hinterlassenschaft.

    Es war einmal ein begnadeter Schachspieler, ein halbes Kind noch, der gab an, sein Erfolgsgeheimnis beruhe darauf, dass alle Figuren bei jedem Zug mit wetterleuchtendem oder beweglichem bunten Lichtschweif vor seinem inneren Auge erschienen und ihm ein lebendiges Muster aller denkbaren Züge vorspielten: Er wähle dann jeweils den Zug aus, dessen Lichtreflex die Spielsituation am stärksten, die Spannungen auf dem Brett am meisten beeinflusse. Fehler unterliefen ihm nur dann, wenn er sich bei der Wahl seiner Lichtschweife statt von deren Schlagkraft von seinem Schönheitssinn leiten ließ.1

    1  Aus: A. S. Byatt:   Die Jungfrau im Garten   (dt. Übersetzung von Christa E. Seibicke), Insel Verlag, 1998.

1. Kapitel
Aus Einsamkeit zur Leidenschaft

    » Ich ersticke! Ich ersticke!« Bobby Fischers Schreie drangen nur gedämpft durch den schwarzen Sack, der fest über seinen Kopf gezogen worden war. Er bekam keine Luft mehr, glaubte sich dem Tode nah. Wie wild schüttelte er den Kopf im Versuch, sich zu befreien.
    Zwei japanische Wärter drückten ihn auf den Boden der grell beleuchteten Zelle; einer setzte sich auf Bobbys Rücken und fixierte seine Arme, der andere hielt seine Beine fest. Liliputaner auf dem gestürzten Gulliver. Bobbys Lungen wurden zusammengepresst, er konnte kaum atmen. Sein rechter Arm schmerzte, als wäre er gebrochen. Aus seinem Mund rann Blut.
    So geht es also zu Ende , dachte er. Ob wohl je ans Licht kommen wird, wie ich ermordet wurde?
    Bobby konnte nicht fassen, was gerade passiert war. Sein ganzes Leben war an diesem 13. Juli 2004
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