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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Balfour
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n. Ich glaube, ich gehe jetzt besser«, sagte ich schn ell. »Bestimmt vermissen dich deine Eltern schon. Und meine Familie wird sich auch fragen, wo ich stecke.«
    Sie waren alle in Großmutters Haus: Onkel Ralph und seine Frau Mary, meine Cousine Sophie, ein paar entfernte Verwandte, von denen ich noch nie gehört hatte, Nachbarn, Freunde von Margaret. Sie würden bis in die Nacht hinein bleiben, einige auch bis morgen, und wenn es sein musste, noch ein paar Tage, damit ich nicht allein war. Trotzdem war ich noch nicht so weit. Ich konnte nicht zurück in das Haus. Ihr Haus, in dem ich sechs Jahre lang mit ihr gelebt hatte, bis ich zum Studium vor drei Jahren ausgezogen war. Es war mir lange Zeit als der schönste Ort auf der Welt vorgekommen. Ein blau gestrichenes hübsches Häuschen am Hang. Vom Fenster meines Zimmers aus hatte ich den Yachthafen sehen können. Hinterm Haus hatte Margaret einen Blumengarten angelegt, in dem es im Sommer herrlich duftete. Was würde nun daraus werden? Aus den Blumen, dem Garten, dem Haus?
    Brian schien zu spüren, wie schwer mir der Gang fiel.
    »Weißt du was, ich bring dich hin«, sagte er.
    »Und was ist mit deinen Einkäufen?«
    Er deutete mit dem Kinn in Richtung Market Square. »Machen wir einen kleinen Umweg? Es ist nicht weit bis zu meinen Eltern. Und ich verspreche dir, du musst nicht mit reinkommen.«
    Onkel Ralph war wie die meisten anderen schon ziemlich betrunken. Er umarmte Brian wie einen alten Freund, zog ihn ins Haus und versorgte ihn mit Anekdoten über seine Mutter, meine Großmutter. »Tolle Frau. Ganz tolle Frau«, wiederholte er, sooft man ihn ließ. Brian zwinkerte mir zu, ließ sich zu einem Bier überreden, und als Ralph nach einer guten halben Stunde ein neues Opfer für seine Geschichten gefunden hatte, schlichen wir uns nach draußen, um uns in Ruhe voneinander zu verabschieden. Es war bereits dunkel geworden. Einen Moment standen wir verlegen voreinander. Ich lächelte schüchtern.
    »Alles Gute«, sagte er schließlich. »Und immer auf Zeitreise gehen, wenn du traurig wirst. Immer die schönen Tage besuchen.«
    »Danke. Ich … ich hab mich sehr gefreut, dich kennenzulernen.«
    Er nickte, druckste herum.
    Ich wusste ebenfalls nicht, was ich sagen sollte.
    »Also dann«, murmelte er.
    »Ja, also …«, stammelte ich.
    »Bis … irgendwann, oder so.« Es ging ein Ruck durch seinen Körper, als müsste er sich mit Gewalt losreißen. Er nickte mir knapp zu, schob die Hände in die Hosentaschen und ging eilig weg.
    Am nächsten Tag hatte er mir einen Brief eingeworfen:
    »Liebe Kate, ich dachte, ich gebe dir mal meine Telefonnummer. Nicht dass du sie brauchen würdest. Vielleicht willst du sie nicht mal. Aber für den Fall, dass du mir irgendwann erzählen willst, wie es dir geht … Hier ist sie.«
    Darunter hatte er sehr deutlich seine Nummer notiert und mit einem B. unterschrieben.
    Es folgte noch ein PS: Der Typ vom Friedhof.
    Und darunter ein PPS: Der mit den Einkaufstüten.
    Einen Monat später wurden wir ein Paar, und ich wusste, dass ich die große Liebe gefunden hatte. Sie sollte fünfzehn Jahre lang halten.

2.
    Fünfzehn Jahre und vier Monate später war es kein Friedhof in Kinsale, sondern die Keltische See, auf die eine Jacht von Cobh aus hinausfuhr, und als seine Asche über dem Meer verstreut wurde, verstand ich endlich, dass ich mich von Brian für immer verabschieden musste. Ich war siebenunddreißig Jahre alt und hatte nun zum dritten Mal den wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren. Erst meine Mutter, dann meine Großmutter und jetzt Brian. Immer den Menschen, bei dem ich mich nach dem Verlust eines anderen aufgehoben gefühlt hatte. Und wieder hatte ich mich nicht verabschieden können, wieder quälten mich Selbstvorwürfe, weil wir so viel Zeit mit Banalitäten verschwendet hatten. Ich wusste nicht einmal mehr, wann ich ihm zuletzt gesagt hatte, dass ich ihn liebte. Wie hatte das passieren können? Wie hatte unsere Liebe Alltag werden können?
    Ich versuchte es mit der Zeitreise wie damals nach der Beerdigung von Margaret. Ich wollte mich zwingen, an die schönen Momente zu denken und dafür dankbar zu sein. Aber diesmal klappte es nicht. Ohne Brian funktionierte es einfach nicht. Meine Gedanken wanderten immer zurück zu dem Tag, an dem er gestorben war – nur einen Monat nach seinem vierzigsten Geburtstag.
    Wieder und wieder sah ich, wie ich morgens aufstand, duschte, frühstückte, mich auf den Weg ins Büro machte. Ich ließ
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