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Emma im Glück

Emma im Glück

Titel: Emma im Glück
Autoren: Maja von Vogel
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Schreibtisch zu hängen. Und nach Hildas Grab würde ich gleich heute Nachmittag sehen. Ich hatte sowieso nichts anderes vor. (Übrigens: Hilda war Herrn Martens Frau. Sie ist schon lange tot. Viel länger als Paul.)
    Es war jetzt ganz still. Lili hatte sich offenbar beruhigt. Ich wollte gerade nach oben gehen, um endlich in Ruhe über Bastians Geschenk nachzudenken, als es klingelte. Niemand öffnete. Typisch! In diesem Haus muss man alles selbst machen. Seufzend erhob ich mich und ging zur Tür.

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    4 . Kapitel
    Ein Nackter in der Küche
    « H allo!« Ein Mann stand auf dem Hof. Er hatte dunkle, lockige Haare und ziemlich viele Bartstoppeln im Gesicht. »Ich bin Thomas. Ist Lia da?«
    »Klar.« Ich runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach. Irgendwie kam mir der Typ bekannt vor. Aber ich kam einfach nicht drauf, wo ich ihn schon mal gesehen hatte. Thomas ging schnurstracks an mir vorbei in die Küche. Er schien sich auszukennen. Ich folgte ihm verdutzt. Da schoss Mama aus dem Wohnzimmer. Sie sah fuchsteufelswild aus.
    »Du hast Besu …«, begann ich, aber sie ließ mich nicht ausreden.
    »Das ist echt das Letzte!«, schimpfte sie. »Wenn ich ein Mal seine Hilfe brauche, ist er natürlich nicht da. Na warte, das wird noch ein Nachspiel haben …«
    »Was ist denn los?« Vorsichtshalber ging ich einen Schritt zurück. Wenn Mama richtig wütend wird, kommt man ihr besser nicht zu nah.
    »Was los ist?«, rief sie. »Dein Vater hat mich mal wieder im Stich gelassen, das ist los. Er hatte mir fest versprochen, heute auf Lili aufzupassen, aber er ist nicht in der WG . Sein Mitbewohner sagt, er sei vor einer Stunde weggefahren.«
    »Vielleicht kommt er ja gleich …«
    Mama schnaubte verächtlich. »Das glaube ich kaum. Er ist mit dem Motorrad losgedüst. Wahrscheinlich kurvt er in der Gegend herum und hat Lili einfach vergessen. Oder er will mich ärgern, weil er es nicht gut findet, dass ich wieder arbeite.« Sie marschierte in die Küche und blieb verdutzt stehen. »Nanu! Thomas, du bist ja schon da! Wer hat dich denn reingelassen?«
    Thomas zeigte lächelnd auf mich. »Deine Tochter.«
    Mama warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. »Warum hast du mir denn nicht Bescheid gesagt, Emma?«
    »Wollte ich ja, aber du hast mich nicht ausreden lassen«, sagte ich etwas beleidigt.
    Wahrscheinlich war es Mama peinlich, dass Thomas mitbekommen hatte, wie sie über Rudi gelästert hatte. Selbst schuld! Ich kann es sowieso nicht leiden, wenn Mama so über Papa redet. Aber Leute, die sich getrennt haben, sind eben manchmal echt fies zueinander.
    »Schön, dich zu sehen.« Thomas drückte Mama einen Kuss auf jede Wange. »Ich freu mich, dass der Aktmalkurs endlich wieder stattfindet.«
    In diesem Moment fiel es mir wieder ein. Natürlich! Thomas war das Aktmodell aus Mamas Malkurs! Ich hatte ihn nicht gleich erkannt, weil ich ihn noch nie mit Klamotten gesehen hatte. Aktmodelle sind nämlich normalerweise nackt. Falls ihr es noch nicht wisst: In einem Aktmalkurs malt man nackte Menschen. Das ist dann nicht peinlich, sondern Kunst. Behauptet Mama jedenfalls. Ich find’s trotzdem peinlich. Einmal bin ich aus Versehen während des Kurses ins Wohnzimmer gestürmt – und da saß Thomas splitterfasernackt auf dem Wohnzimmertisch! Und drum herum standen lauter Frauen an ihren Staffeleien und malten. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Wenn das nicht peinlich ist, was dann?
    »Ich freu mich auch.« Mama lächelte. Plötzlich sah sie nicht mehr ganz so gestresst aus. »Schön, dass du wieder dabei bist. Ich muss nur noch schnell duschen, bevor die Kursteilnehmer kommen. Mach’s dir solange bequem. Und nimm dir einen Kaffee.«
    Sie war schon halb aus der Küche, als sie sich noch einmal umdrehte. »Ach, Emma, könntest du heute Nachmittag vielleicht auf Lili aufpassen?«
    Ich verzog das Gesicht. »Muss das sein? Ich hab total viel zu tun.« Dass ich hauptsächlich in meiner Hängematte liegen und an Bastian denken wollte, behielt ich lieber für mich.
    »Es dauert doch nicht lange«, sagte Mama. »Höchstens zwei Stunden.«
    »Kann Mona das nicht machen?«, fragte ich. »Sie ist doch ganz wild auf Babys.«
    Mama schüttelte den Kopf. »Mona hat heute Flötenunterricht. Und Gesa ist mit Oma in die Stadt gefahren, um die Einladungskarten für die Hochzeit in Auftrag zu geben.«
    Ich seufzte. »Na gut, wenn’s unbedingt sein muss. Aber nur ausnahmsweise.«
    Ich hatte keine Lust, in Zukunft öfter als Aufpasserin
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