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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque
Autoren: Der schwarze Obelisk
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des
Ge­schäf­tes noch bil­li­ger ein­ge­kauft – für so et­was wie fünf­zig Mark, der
Über­lie­fe­rung zu­fol­ge.»
    «Den
Obe­lis­ken? Was hat der Obe­lisk mit die­sem Ge­schäft zu tun? Der Obe­lisk ist
un­ver­käuf­lich, das weiß je­des Kind.»
    «Eben
des­halb», sa­ge ich. «Um den wä­re es nicht scha­de ge­we­sen. Um das Kreuz ist es
scha­de. Das müs­sen wir für teu­res Geld wie­der­kau­fen.»
    Hein­rich
Kroll schnauft kurz. Er hat Po­ly­pen in sei­ner di­cken Na­se und schwillt leicht
an. «Wol­len Sie mir viel­leicht er­zäh­len, daß ein Kreuz­denk­mal heu­te drei­vier­tel
Mil­lio­nen im Ein­kauf kos­tet?»
    «Das
wer­den wir bald er­fah­ren», sagt Ge­org Kroll. «Rie­sen­feld kommt mor­gen hier an.
Wir müs­sen bei den Oden­wäl­der Gra­nit­wer­ken neu be­stel­len; es ist nicht mehr
viel auf La­ger.»
    «Wir
ha­ben noch den Obe­lis­ken», er­klä­re ich tückisch.
    «Warum
ver­kau­fen Sie den nicht sel­ber?» schnappt Hein­rich. «So, Rie­sen­feld kommt
mor­gen; da wer­de ich hier­blei­ben und auch mal mit ihm re­den! Dann wer­den wir
se­hen, was Prei­se sind!»
    Ge­org
und ich wech­seln einen Blick. Wir wis­sen, daß wir Hein­rich von Rie­sen­feld
fern­hal­ten wer­den, selbst wenn wir ihn be­sof­fen ma­chen oder ihm Ri­zi­nus­öl in
sei­nen Sonn­tags­früh­schop­pen mi­schen müs­sen. Der treue, alt­mo­di­sche
Ge­schäfts­mann wür­de Rie­sen­feld zu To­de lang­wei­len mit Kriegs­er­in­ne­run­gen und
Ge­schich­ten aus der gu­ten al­ten Zeit, als ei­ne Mark noch ei­ne Mark und die
Treue das Mark der Eh­re war, wie un­ser ge­lieb­ter Feld­mar­schall so tref­fend
ge­äu­ßert hat. Hein­rich hält große Stücke auf sol­che Plat­ti­tü­den; Rie­sen­feld
nicht. Rie­sen­feld hält Treue für das, was man von an­de­ren ver­langt, wenn es
nach­tei­lig für sie ist – und von sich selbst, wenn man Vor­tei­le da­von hat.
    «Prei­se
wech­seln je­den Tag», sagt Ge­org. «Da ist nichts zu be­spre­chen.»
    «So?
Glaubst du viel­leicht auch, daß ich zu bil­lig ver­kauft ha­be?»
    «Das
kommt dar­auf an. Hast du Geld mit­ge­bracht?»
    Hein­rich
starrt Ge­org an. «Mit­ge­bracht? Was ist denn das nun wie­der? Wie kann ich Geld
mit­brin­gen, wenn wir noch nicht ge­lie­fert ha­ben? Das ist doch un­mög­lich!»
    «Das
ist nicht un­mög­lich», er­wi­de­re ich. «Es ist im Ge­gen­teil heu­te recht
ge­bräuch­lich. Man nennt das Vor­aus­zah­lung.»
    «Vor­aus­zah­lung!»
Hein­richs di­cker Zin­ken zuckt ver­ächt­lich. «Was ver­ste­hen Sie Schul­meis­ter
da­von? Wie kann man in un­se­rem Ge­schäft Vor­aus­zah­lun­gen ver­lan­gen? Von den
trau­ern­den Hin­ter­blie­be­nen, wenn die Krän­ze auf dem Grab noch nicht ver­welkt
sind? Wol­len Sie da Geld ver­lan­gen für et­was, was noch nicht ge­lie­fert ist?»
    «Na­tür­lich!
Wann sonst? Dann sind sie schwach und rücken es leich­ter her­aus.»
    «Dann
sind sie schwach? Ha­ben Sie ei­ne Ah­nung! Dann sind sie här­ter als Stahl! Nach
all den Un­kos­ten für den Arzt, den Sarg, den Pas­tor, das Grab, die Blu­men, den
To­ten­schmaus – da krie­gen Sie kei­ne zehn­tau­send Vor­aus­zah­lung, jun­ger Mann! Die
Leu­te müs­sen sich erst er­ho­len! Und sie müs­sen das, was sie be­stel­len, erst auf
dem Fried­hof ste­hen se­hen, ehe sie zah­len, und nicht nur auf dem Pa­pier im
Ka­ta­log, selbst wenn er von Ih­nen ge­zeich­net ist, mit chi­ne­si­scher Tu­sche und
ech­tem Blatt­gold für die In­schrif­ten und ein paar trau­ern­den Hin­ter­blie­be­nen
als Zu­ga­be.»
    Wie­der
ei­ne der per­sön­li­chen Ent­glei­sun­gen Hein­richs! Ich be­ach­te sie nicht. Es ist
wahr, ich ha­be die Grab­denk­mä­ler für un­sern Ka­ta­log nicht nur ge­zeich­net und
auf dem Pre­sto-Ap­pa­rat ver­viel­fäl­tigt, son­dern sie auch, um die Wir­kung zu
er­hö­hen, be­malt und mit At­mo­sphä­re ver­se­hen, mit Trau­er­wei­den, Stief­müt­ter­chen­bee­ten,
Zy­pres­sen und Wit­wen in Trau­er­schlei­ern, die die Blu­men be­gie­ßen. Die
Kon­kur­renz starb fast vor Neid, als wir mit die­ser Neu­ig­keit her­aus­ka­men; sie
hat­te wei­ter nichts als ein­fa­che La­ger­pho­to­gra­phien, und auch Hein­rich fand die
Idee da­mals groß­ar­tig,
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