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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Elbel
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Vergangene Pracht. Staubige Kristalllüster. Mächtige Sofas, deren Lederbezüge spröde und brüchig geworden waren wie die Rinde eines alten Baums. Abgewetzte Gobelins vor Eichenvertäfelung, deren Maserung unter dem dunklen Schmutzfilm kaum noch zu erkennen war.
    Schweigen.
    Langsam drehte McCann den Kopf, bis sein Blick Cooper traf wie der Strahl eines Suchscheinwerfers. Sie stand kaum eine Armlänge von ihm entfernt. Viel zu nah für ihren Geschmack.
    »Cooper?«
    Sie schluckte. Angst und Ärger wühlten in ihr. Warum blieben diese Momente immer an ihr hängen? Die Tatsache, dass sie die Spule entwickelt hatte, machte sie noch lange nicht zur Anführerin ihres Trios. Ein kurzer Seitenblick auf die Gesichter ihrer beiden Freunde ließ alle Hoffnungen zerplatzen, dass es diesmal irgendwie an ihr vorbeigehen könnte. Stacy befand sich immer noch in einer anhaltenden Schockstarre und wirkte wie eine überdimensionierte Porzellanpuppe. Der liebe Brent hingegen trug, wie jedes Mal, wenn er sich in McCanns Dunstkreis befand, diesen saudämlichen Ausdruck von Gottvateranbetung zur Schau. Nein, von ihnen war keine Hilfe zu erwarten.
    »Es war ein Unfall«, begann sie vorsichtig.
    »Oh.« McCann schürzte die Lippen. Seine Augenbrauen krümmten sich zu Betroffenheitsbögen. »Klingt dramatisch.«
    In aller Seelenruhe steckte er sich eine Selbstgedrehte in den Mund. Sofort schnaufte einer von McCanns Männern herbei, ein vierschrötiger Mittfünfziger mit der ungesunden Gesichtsfarbe eines Metzgers, zückte ein altes Benzinfeuerzeug und hielt McCann die Flamme hin. Der nahm einen langen, tiefen Zug, blies genüsslich den Rauch aus.
    Der Geruch echten Tabaks umschmeichelte verführerisch Coopers Nase und die aller anderen Anwesenden. Es roch so wundervoll nach unerreichbarem Luxus, dass es ihr fast die Tränen in die Augen trieb. Dann warf McCann den nahezu ungerauchten Stängel auf den staubigen Hallenboden und zerstampfte den Gegenwert von sechs vollen Magazinen mit seinem Stiefelabsatz.
    »Was ist passiert?«, fragte er. »Gab es eine Hirschstampede? Buschbrand? Gab es Tote? Ihr seht alle aus, als wärt ihr wohlauf, wenn man von deiner kleinen Gesichtskosmetik absieht.«
    Wie als Reaktion auf seinen Spott begann Coopers Auge wieder schmerzhaft zu pochen. Sie schluckte ihren Zorn herunter. »Wir hatten einen Malach aufgestöbert. Oder vielmehr er uns.«
    »Ah, nicht, wie es laufen sollte, nicht wahr?«, warf McCann ein. »Ich meine, ihr sollt sie aufstöbern, nicht umgekehrt, richtig?«
    »Na ja. Manchmal läuft es eben anders als geplant.«
    Langsam zog McCann ein Klappmesser aus seiner Beintasche, den Blick starr auf Cooper gerichtet. Sein Gesichtsausdruck blieb undefinierbar. Sie spannte ihren Körper. McCann klappte die Klinge aus dem Messergriff und begann, sich in aller Ruhe damit die Fingernägel zu reinigen.
    »Und weiter?«, fragte er, den Blick nun auf seine Hände gerichtet.
    Cooper brauchte eine Weile, um ihre Gedanken von dem Messer zu lösen und das hysterische Lachen zu unterdrücken, das aus ihr herausgurgeln wollte. Mit Mühe zwang sie die Ereignisse im Wald wieder vor ihr inneres Auge. Die Hände des Malach an ihrem Hals. Der Baseballschläger. Unwillkürlich huschte ihr Blick zu Stacy. Ein Fehler, für den sie sich noch lange verfluchen sollte.
    Schnell sah sie wieder auf den Boden und plapperte drauflos, in der Hoffnung, dass niemand ihren Augen gefolgt war. »Er hat uns angegriffen. Stand auf einmal vor uns wie ein verdammter Geist. Wir haben es irgendwie geschafft, die Spule fertig zu machen, aber …«
    »Halt die Klappe!«, herrschte McCann sie an.
    Cooper fuhr zusammen. Sie wusste, was kommen würde und dass es ihre Schuld war.
    »Du da. Blonde Vogelscheuche. Ich hab so ein komisches Bauchgefühl, dass du viel besser zur Aufklärung der Ereignisse beitragen kannst. Komm her.«
    Stacy zitterte und rührte sich nicht vom Fleck.
    Seufzend gab McCann einem seiner Männer einen Wink, woraufhin dieser Stacy am Arm packte und vor ihn schleifte. Dort stand sie nun, die Knie gegeneinander gedrückt, die Finger beider Hände ineinander verschränkt, den Blick der übergroßen blauen Augen einmal mehr starr zu Boden gerichtet.
    »Was ist passiert, Mädchen?«
    Stacys Lippen teilten sich ein wenig, als wollte sie etwas sagen, aber kein Wort kam hervor.
    McCanns Linke schnappte wie eine Kobra nach Cooper und riss sie an den Haaren zu sich heran, dann nahm er sie in den Schwitzkasten und richtete die Spitze des
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