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Elric von Melnibone

Elric von Melnibone

Titel: Elric von Melnibone
Autoren: Michael Moorcock
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Tanz.«
    »Yyrkoon«, murmelte sie, »du gehst zu weit. Der Herrscher ist tolerant, aber.«
    »Tolerant? Oder vielleicht gleichgültig? Mißachtet er die Traditionen unserer großen Rasse? Verachtet er womöglich den Stolz dieser Rasse?«
    Dyvim Tvar erstieg nun die Treppe. Offensichtlich spürte er ebenfalls, daß Yyrkoon diesen Augenblick erwählt hatte, um Elrics Macht auf die Probe zu stellen.
    Cymoril war außer sich. »Yyrkoon«, sagte sie drängend. »Wenn du weiterleben willst.«
    »Ich möchte nicht leben, wenn die Seele Melnibones untergeht. Und die Bewahrung unserer Seele obliegt dem Herrscher. Was wäre, wenn wir einen Herrscher hätten, der sich dieser Verantwortung entzieht? Einen Herrscher, der Schwäche zeigte? Einen Herrscher, dem die Größe der Dracheninsel und ihrer Bewohner gleichgültig wäre?«
    »Eine hypothetische Frage, Cousin.« Elric hatte sich wieder gefaßt. Seine Stimme klang kühl, gelassen. »Denn ein solcher Herrscher hat nie auf dem Rubinthron gesessen - und wird es auch nie tun.«
    Dyvim Tvar erreichte die Gruppe und berührte Yyrkoon an der Schulter. »Prinz, wenn dir deine Würde und dein Leben lieb ist.«
    Elric hob die Hand. »Solche Worte sind nicht vonnöten, Dyvim Tvar. Prinz Yyrkoon unterhält uns lediglich mit einer intellektuellen Debatte. Besorgt, daß mich Musik und Tanzerei langweilen könnten - was nicht der Fall ist -, lieferte er uns das Thema für eine anregende Diskussion. Ich versichere, daß wir höchst angeregt sind, Prinz Yyrkoon.« Bei diesem letzten Satz legte Elric einen herablassenden Ton in seine Stimme.
    Yyrkoon errötete zornig und biß sich auf die Unterlippe.
    »Aber sprich doch weiter, lieber Cousin Yyrkoon«, sagte Elric. »Die Sache interessiert mich. Erläutere deine Argumente.«
    Yyrkoon blickte sich um, als suche er Hilfe. Doch seine Anhänger befanden sich unten im Saal. Nahebei waren nur Elrics Freunde - Dyvim Tvar und Cymoril. Yyrkoon wußte aber, daß seine Gefolgsleute jedes Wort hörten und daß er, wenn er jetzt nicht zurückschlug, an Gesicht verlieren würde. Elric spürte, daß Yyrkoon die Konfrontation am liebsten abgebrochen und für die Fortsetzung des Kampfes einen anderen Tag und eine andere Umgebung gewählt hätte, aber das war nun nicht mehr möglich. Elric verspürte seinerseits nicht den Wunsch, den törichten Wortwechsel fortzusetzen, der doch ungeachtet der Ummäntelung kaum mehr war als der Streit zweier kleiner Mädchen über die Frage, wer zuerst mit den Sklaven spielen durfte. Er beschloß, die Sache zu beenden.
    Yyrkoon begann: »Dann laß mich unterstellen, daß ein Herrscher, der physisch schwach ist, vielleicht auch schwach ist in dem Willen zu herrschen, wie es sich geziemt.«
    Daraufhin hob Elric die Hand. »Du hast genug getan, lieber Cousin. Mehr als genug. Du hast dich mit dieser Konversation verausgabt, während du doch lieber weitergetanzt hättest. Deine Sorge rührt mich. Doch jetzt spüre ich ebenfalls Erschöpfung nahen.« Elric winkte seinem alten Diener Krummknochen, der inmitten der Soldaten auf der anderen Seite des Thronpodests stand. »Krummknochen! Meinen Mantel.«
    Elric stand auf. »Ich danke dir nochmals für deine Rücksicht, Cousin.« Dann wandte er sich an die Leute im Saal. »Ich habe mich unterhalten. Jetzt ziehe ich mich zurück.«
    Krummknochen brachte den Mantel aus weißem Fuchsfell und legte ihn seinem Herrn um die Schultern. Krummknochen war sehr alt und viel größer als Elric, obwohl er einen gekrümmten Rücken hatte und seine Glieder knorrig und verdreht wirkten wie die Äste eines kräftigen alten Baums. Elric ging über das Podest und verschwand durch die Tür, die zu dem Korridor vor seinen Privatgemächern führte.
    Yyrkoon blieb wutschnaubend zurück. Er fuhr auf dem Podest herum und öffnete den Mund, als wolle er das Wort an den aufmerksamen Hof richten. Einige, die nicht für ihn waren, lächelten offen. Yyrkoon ballte die herabhängenden Hände zu Fäusten und starrte düster in die Runde. Er blickte Dyvim Tvar an und öffnete die Lippen, um zu sprechen. Dyvim Tvar aber erwiderte gelassen den starren Blick, forderte Yyrkoon auf, sich zu äußern.
    Im nächsten Augenblick warf Yyrkoon den Kopf zurück, daß ihm die Pomadenlöckchen gegen den Rücken schwangen. Yyrkoon lachte. Das rauhe Gelächter füllte den Saal. Die Musik hörte auf. Das Lachen ging weiter.
    Yyrkoon brachte die letzten Stufen hinter sich und stand auf der Plattform. Er zog den schweren Mantel enger um
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