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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum
Autoren: Frances G. Hill
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erloschenen Augen in die Sonne blickte; Nikal, der sich mit mir über meinen ersten gelungenen Treffer beim Bogenschießen freute; Karas, krank und müde; Jenka, die ihren Kopf an meine Schulter lehnte. Jemaina, pfeiferauchend in ihrer kleinen Kate; Tom, der Ranan eine spöttische Bemerkung zurief; Jenka, deren Augen übermütig blitzten, als sie mich wieder einmal bei einer Übung zu Boden warf. Tom. Jenka.
    Ich warf mich aufs Bett und schmeckte Blut. Ich hatte mir die Lippe blutig gebissen. Gedankenverloren tupfte ich es weg, während andere, verlockende Bilder durch meinen Geist zogen: Sterne über Sterne, die von fremden Welten begleitet wurden. Lebewesen, wie ich sie mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen konnte – und die ich dennoch kennenlernen würde. Wissen, unvorstellbares Wissen. Und das sichere Gefühl, bei dieser Reise von Freunden begleitet zu sein, die mich so sehr schätzten, daß sie bereit waren, mir diese Chance zu geben.
    Wieder stand ich auf und wanderte umher. Die kleine Kabine beengte meinen unruhigen Bewegungsdrang zu sehr; ich verließ sie und suchte die Messe auf. Sie war menschenleer und nur schwach erleuchtet. Ich stellte mich vor das wandhohe Fenster und blickte hinaus in die sternenübersäte Unendlichkeit. Nach dem Gespräch mit O'Malley hatte ich am frühen Abend noch lange mit Nikal hier gestanden und ihm meine Zweifel anvertraut.
    »Ich k-kann meine Großeltern nicht dermaßen enttäuschen, Nik. Ich bin Karas' Erbin, meine Bestimmung ist es, Herrscherin der Kronstaaten zu sein – und so sehr ich auch mit euch kommen möchte, ich kann und darf es nicht!« Nikal hatte mich lange schweigend angesehen, während ich hinaus auf die Sterne starrte, die plötzlich zum Greifen nah schienen und doch unerreichbar für mich waren.
    »Du hast das Recht auf eine Entscheidung«, hatte er schließlich schwerfällig gesagt. »Du bist nie gefragt worden, ob du die Krone sein willst. Und Karas ...«
    »Karas ist krank und müde«, war ich ihm fast wütend ins Wort gefallen. »Es ist m-meine Pflicht, Nik. Ich kann mich nicht einfach so davor drücken. Karas trägt diese Bürde seit zu vielen Jahren, er hat verdient, daß ich ihn ablöse, damit er wenigstens noch ein paar kurze Jahre der Ruhe genießen kann.«
    Nikal hatte nur geseufzt und seinen Arm um meine Schultern gelegt. Ich hatte mich traurig an ihn gelehnt. Ihr Geister, ich wünschte mir wahrhaftig die Krone vom Hals, ehe ich sie überhaupt auf der Stirn gefühlt hatte! Natürlich hatte mein Vater recht: Ich war nicht gefragt worden, ob ich die Erbin der Krone sein wollte. Aber ich hatte die Verpflichtung anerkannt und war willens, mein Bestes für mein Volk zu geben.
    »Maddoc kann ihm helfen«, hatte Nikal dann unvermittelt geäußert. Ich sah verwirrt in sein halb abgewandtes Gesicht. Sein Profil stand scharfumrissen und von harten Linien gezeichnet vor dem milden Licht der Sterne. Wie schon einmal in meinem Zimmer sah er alt, uralt aus.
    »Was hast du gesagt?«
    »Maddoc kann deinem Großvater helfen«, hatte er geduldig wiederholt. »Er wird ihn nicht völlig heilen können, aber er meint, daß er ihm ohne große Umstände noch zu mindestens zwei Jahrzehnten weitgehend schmerzfreien Lebens verhelfen kann. Er ist im Augenblick mit großem Gepäck unten in der Burg und kümmert sich um Karas.«
    Das war eine wunderbare Nachricht. Karas' schlechter Zustand hatte mich stärker bedrückt, als ich mir hatte eingestehen wollen. Ich spürte Nikals aufmerksamen Blick auf mich gerichtet.
    »Weißt du, was das bedeutet?« hatte er sanft gefragt. »Du könntest mit uns kommen; sagen wir, für zehn oder fünfzehn Jahre. Du könntest lernen, was du lernen möchtest; du könntest viele Welten der Allianz besuchen und studieren, wie sie gelenkt und regiert werden, und du würdest hierher zurückkehren als eine Herrscherin, die ihre Welt zu einer vollwertigen Partnerin der Alliierten Planeten machen kann. Das wäre für dich und dein Volk von unschätzbarem Wert!« Er hatte unwillkürlich seine Stimme erhoben. Ich mußte über die Begeisterung schmunzeln, mit der er mir eine Speise schmackhaft zu machen versuchte, nach der mir ohnehin schon das Wasser im Munde zusammenlief.
    Ich hatte ihn sofort umarmt und gesagt: »Laß es gut sein, Nik. Ich danke dir. Ihr habt mir eine Menge Stoff zum N-Nachdenken gegeben, und genau das werde ich jetzt tun.«
    Jetzt stand ich wieder hier vor diesem atemberaubenden Panorama und war noch keinen Schritt weiter
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