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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum
Autoren: Frances G. Hill
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kleine Boot zu steigen, ohne zurückschauen zu müssen. Mich schmerzte der Gedanke, daß sie dort oben auf der Plattform zurückbleiben und alleine den langen, einsamen Weg hinunter antreten müßte ... Ich seufzte und nickte dann. Ihr unglückliches Gesicht erhellte sich ein wenig.
    Wir holten Nikal ab und begannen den Aufstieg. Er sagte nicht viel, nur, daß er früh am Morgen schon Akim zurück zum Schiff gebracht hätte. Ich brummte lediglich, und er schwieg verständnisvoll. Jenka umklammerte während des ganzen Weges meine Hand. Lautlose Tränen liefen über ihr Gesicht.
    Oben auf der Plattform kümmerte sich Nikal taktvoll um den kleinen Flitzer, während Jenka und ich uns umarmt hielten. »Leb wohl«, sagte ich endlich und ließ sie los. Ich stieg in das enge Behältnis und faltete mich auf der Liege zusammen. Nikal griff nach dem Feld, das die Luke schloß, und ich fing seine Hand ab.
    »Einen Augenblick noch«, bat ich hastig. Er hielt verwundert inne und sah mich fragend an. Ich schloß die Augen und versuchte, meinen Atem zu beruhigen. Es war falsch. Ich war dabei, einen riesigen Fehler zu begehen. Ich ging fort, um für den Rest meines sicherlich langen Lebens in der Fremde unter Fremden zu leben. Freundliche Fremde, gewiß. Aber was würde meine Aufgabe sein, was konnte ich dort jemals mehr sein, als ein liebevoll und nachsichtig geduldeter Gast, der jeden Schritt seines Weges an der Hand geführt werden mußte? Konnte ich wirklich hoffen, mich eines Tages unter ihnen zu bewegen, als wäre ich wie sie dort geboren und aufgewachsen? Was würde unterdessen aus den Kronstaaten? Niemand war vorbereitet, das Erbe zu übernehmen. Der Friede zwischen S'aavara und meinem Volk war jung und gefährdet. Wenn die Krone keine Nachfolge fand, waren die führerlosen Staaten eine leichte, lockende Beute für jeden, der sie sich nehmen wollte ... Ich atmete tief ein und aus und öffnete die Augen. Nikals Gesicht zeigte Erkennen und dann Enttäuschung.
    »Ich – es tut mir leid«, sagte ich leise. »Ich k-kann nicht mitkommen. Mein Leben ist hier. Bitte, sei mir nicht böse, Vater.« Er zuckte mit den Schultern und versuchte ein Lächeln, das ihm kläglich mißlang. »Bitte, grüße die anderen von mir«, fuhr ich hastig fort. »Sage Tom, d-daß ich – daß ich ...« Meine Stimme versagte.
    Nikal umarmte mich heftig und flüsterte: »Ich sage es ihm, Kleines. Leb wohl – und sei deinem Volk eine gute Herrscherin, hörst du?« Ich nickte dankbar und drückte ihn fest an mich. Dann entknotete ich meine Glieder und stieg mit zitternden Beinen aus dem kleinen Gefährt. Jenka starrte mich aus riesigen Augen an, aber ich konnte mich noch nicht um sie kümmern. Mit brennenden Augen sah ich zu, wie sich die Luke hinter mir schloß. Die Konturen des Flitzers erzitterten, er verschwamm auf übelkeiterregende Weise vor meinem Blick. Ein hohes, fast unhörbares Sirren lag in der Luft, und plötzlich war der Flitzer verschwunden. Ich folgte der Verzerrung in der Luft, die sich blitzschnell von uns fortbewegte, bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Mit tränenden Augen starrte ich in den dunstigen Morgenhimmel über der Burg und stellte mir das große Schiff hoch über uns vor, wie es seine bedächtige Bahn um meine Welt zog. O'Malley würde das kleine Boot an Bord holen. Dann würde sie die Umlaufbahn verlassen und meiner Welt für immer den Rücken kehren ... Ich schluckte trocken und drehte mich entschlossen um – und blickte in Jenkas verwirrte, von neuer Hoffnung erfüllte Augen.
    »Komm, meine liebste Hand , folge mir«, sagte ich heiser. »Auf uns wartet eine Menge Arbeit!« Ohne mich noch einmal umzusehen, trat ich in den Turm und stieg den langen Weg von den Sternen wieder auf die Erde hinab.

    Ende

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