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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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Gebrauch der Beine wieder
erlangen zu können. Dazu kam, daß sie nur einen einzigen Sohn hatte, und der
lebte mit seiner Familie — einer Frau und zwei Töchtern — in Mittelamerika und
kam nur alle paar Jahre einmal für kurze Zeit nach Deutschland, denn seine Frau
konnte das deutsche Klima nie lange vertragen.
    Und nun war das Auto in Hemmelwarde
und hielt vorm Haus, und der stämmige Gärtner Westphal trat herzu und hob die
schmächtige, kleine Frau Seyderhelm ganz allein aus dem Wagen und trug sie auf
den für sie bereitstehenden Sessel auf der Terrasse. Dieser Sessel stand genau
an der Stelle, wo die Terrasse den schönstei Blick auf Garten und See bot. Uber
eine weite Rasenfläche hinweg, die mit grün und dunkelrot belaubten, hohen
Buchen bestanden war, deren Äste sich bis auf den Erdboden hinab neigten, sah
man zum Silberteich hinunter. Das Wasser lag ganz still, und der lichtblaue
Himmel und die großen, glänzendweißen Wolken, die über ihn hinsegelten,
spiegelten sich in ihm.
    Die Pflegerin, Schwester Gertrud, und
Elke bemühten sich um die Kranke, damit sie möglichst bequem saß, und dann
wurde ein hübsch gedeckter Frühstückstisch auf die Terrasse geschoben. Viele
kleine Sträußchen aus rosa Tausendschön, hellblauen Vergißmeinnicht und gelben Habichtskrautblütchen
lagen auf dem weißen Tischtuch verstreut, und in der Mitte stand eine flache
Schale, die auch mit rosa, blauen und gelben Blumen gefüllt war. Elke änderte
noch dieses und jenes in der Anordnung der Blumen und Teller und Schüsseln, und
wer sie dabei aufmerksam beobachtete, der erkannte, daß sie es gewesen sein
mußte, die den Tisch so hübsch gedeckt hatte.

    Bei dem nun folgenden Frühstück
fehlten nur Anke und Jens. Anke hatte Dienst in ihrem Krankenhaus, und Jens war
in Kiel. Elke schenkte Tee ein, und es wurde eine richtig gemütliche und
vergnügte Familienmahlzeit, über Frau Seyderhelms blassem Gesicht mit den
großen, grauen, traurigen Augen unterm weißen, glattgescheitelten Haar lag ein
glücklicher Schimmer. Wie schön saß sie hier doch inmitten der lieben Familie
und mit dem herrlichen Blick über den ganzen Garten hin! Sie nickte lächelnd zu
Elke hinüber.
    Eine gute Weile später wurde dann der
Garten besehen. Frau Seyderhelm saß in ihrem fahrbaren Stuhl, der aus Hamburg
im Auto mitgebracht worden war, und Elke schob ihn. Dabei machte sie ihren Gast
auf alles aufmerksam, was sie an Bäumen und Sträuchern und Blumenbeeten und
unten am blanken Silberteich besonders schön fand. Und als letztes,
gewissermaßen als Höhepunkt der kleinen Rundfahrt, zeigte Elke dann ihre eigene
Gartenecke vor, und wenn man bedenkt, mit wieviel Mühe und Mißgeschick das
Mädel zu kämpfen gehabt hatte, damit auf ihren Beeten überhaupt etwas wuchs,
wird man verstehen, daß ihre Stimme jetzt plötzlich viel lebhafter klang als
vorher.
    Dieses hier waren ihre Beete mit
Erbsen, Radieschen und Blumenkohl. Waren sie nicht wirklich ganz nett?
    Offen gesagt, waren es ziemlich
jämmerliche Beete, und jeder einigermaßen tüchtige Schrebergärtner würde bei
ihrem Anblick hell herausgelacht haben. Aber Frau Seyderhelm bewunderte sie und
probierte die Schoten und die Radieschen und fand sie ausnehmend
wohlschmeckend.
    Bei einigen Blumenkohlpflanzen bog
Elke die großen grünen Blätter auseinander, damit die weißen Herzen sichtbar
wurden, und sie sagte dabei, daß die Herzen hoffentlich bald recht schöne Köpfe
würden, und daß sie diese Hoffnung aussprach, war sehr verständlich, denn bis
jetzt waren die ,Köpfe’ erst walnußgroß, während es in den Geschäften schon
überall billig sehr große, ausgewachsene zu kaufen gab.
    übrigens schien Elke doch auch nicht
ganz davon überzeugt zu sein, daß mit ihrem Gemüse viel Staat zu machen sei,
denn sie sagte, daß sie zum Herbst wahrscheinlich überall Erdbeeren pflanzen
werde.
    Aber Elkes Blumenbeete dann zeigten
ein wesentlich üppigeres Wachstum als das Gemüse. Goldlackrote Sammetblumen,
orangegelbe Ringelblumen, bunte Löwenmäulchen, rosa Tausendschönchen und
Clarkien, all diese schönen Sommerblumen blühten in dicken, bunten Farbflecken.

    Und dann ihr herrliches Staudenbeet
mit den blauen Ritterspornen, dem großen, leuchtend
roten Mohn und den weißen Margueriten — wie wundervoll war das!
    Und dann, was um diese Zeit das
Allerschönste war: das Rosenbeet! Rote und gelbe und rosa und weiße Rosen standen
in niedrigen Büschen nebeneinander. Einzelne Blüten waren so voll
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