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Elke, der Schlingel

Elke, der Schlingel

Titel: Elke, der Schlingel
Autoren: Emma Gündel
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Gesicht, tiefliegenden, dunkelgrauen Augen und einem Blick, der alles
zu überblicken, aber auch alles zu beherrschen gewöhnt ist. Herr Tadsen ist
Inhaber einer großen Firma, die aus Brasilien, Mittelamerika und Java Kaffee
und aus China und Indien Tee nach Deutschland einführt. In seinem Kontor sind
fast dreißig Angestellte beschäftigt.
    Gisela beantwortet die Frage des
Vaters: „Ich glaube, irgendeine Lehrerin hat Geburtstag, und Elkes Klasse
bereitet dafür was vor. Unsere Lütte muß, glaube ich, wieder was zeichnen,
jedenfalls war sie gestern nachmittag eifrig damit beschäftigt, auf einem Stück
Papier eine Art Skizze zu entwerfen. Sie wollte mich aber nicht sehen lassen,
was das war, an dem sie da herummalte.“
    Während Gisela berichtete, konnte Ulf
sich eines Lächelns nicht erwehren, er biß sich auf die Lippen, um das nicht
deutlich sichtbar werden zu lassen, aber der Mutter entging es nicht, daß
Giselas Erzählung ihn belustigte. „Weißt du Näheres?“ fragte sie, ihren
Ältesten anblickend.
    Ulf zog die Augenbrauen hoch und
machte schalkhafte Augen. Nach einer kleinen Pause sagte er: „Na, es ist ja
eigentlich gar nichts dabei — ich glaube, ich kann es ruhig erzählen, ohne Elke
gegenüber einen Vertrauensbruch zu begehen. Geburtstag ist nicht. Elke will die
Deutschlehrerin auf der Wandtafel abkonterfeien, der rutscht immer mal das
Zopfende hinten aus dem Knust heraus. Dieses Zopfendchen mit einer bunten
Schleife verziert- - -“
    Ulf kam nicht dazu, seinen Satz zu
beenden, denn Gisela fuhr empört auf. „Ich finde es unerhört von Elke, daß sie
sich zu so etwas hergibt“, sagte sie scharf. „Fräulein Samtleben ist eine sehr
nette, tüchtige Dame. Was ist überhaupt neuerdings in Elke gefahren! Zu denen,
die neulich in der Biologiestunde den Wecker ablaufen ließen, hat sie auch
gehört.“
    Jens schaltete sich ein. „Nach Elkes
Erzählung muß die Biologiestunde immer zum Auswachsen langweilig sein!“
    „Unterstützt ihr Jungen Elke nur noch!
So ist es richtig!“ erwiderte Gisela böse.
    Nun legte sich der Vater ins Mittel:
„Wir wollen solche Mädelstreiche nicht schlimmer machen, als sie sind. Elke ist
ein Schlingel, ja — darüber sind wir uns alle klar. Sie kommt jetzt in das
Alter, wo Lebendigkeit und Unternehmungslust stärker sind als die vernünftige
Einsicht.“
    Ulf lachte laut und belustigt auf.
„Das hätte mal einer ins Feld führen sollen, als wir in den Flegeljahren waren,
Vater!“
    Alle lachten, sogar der Vater selbst
lachte.
    Die Mutter sagte: „Das ist nun einmal
so, Ulf: Elke als unser Nestküken kommt in manchem zu gut weg. Einer verwöhnt
sie immer mehr als der andere, ihr Geschwister nicht ausgenommen, wenn ihr auch
manchmal so tut, als wenn ihr in eurer Kinderzeit hättet Kartoffelschalen essen
müssen und Elke lebt nur von Kuchen und Schlagsahne.“
    Ulf glaubte sich verteidigen zu
müssen. „So hab’ ich es doch gar nicht gemeint. Ich bin doch der allerletzte,
der seinem ‚Goldbückel’ nicht alles zuliebe täte.“
    Gisela fand erneut etwas auszusetzen.
„Sag bloß nicht immer Goldbückel, Elke kann es nicht ausstehen. Das matte
Aschblond ihres Haares ist ja auch wirklich nicht gerade golden“, sagte sie.
    „Wer redet denn von den Haaren! Das
Herz meiner süßen kleinen Schwester ist von Gold!“ deklamierte Ulf, und Jens
räusperte sich dazu gewaltig.
    Kurze Zeit darauf stand der
Frühstückstisch abgegessen und verlassen da. Alle waren zu ihrer Arbeit
gegangen, und Frau Tadsen zog sich zurück, um ihren gestickten japanischen
Morgenrock mit einem Vormittagskleid zu vertauschen und ihre kunstvolle Frisur,
auf die sie immer sehr viel Sorgfalt verwandte, für den Tag in Ordnung zu
bringen.
    Fränzi erschien, um den Frühstückstisch
abzuräumen. Sie war ein zierliches kleines Fräulein mit flinken Bewegungen.
Alles an ihr sah so sauber und adrett aus. Das sah man jetzt so recht, während
sie in dem großen Raum hin und her ging.
    Wiederum eine Weile später war es
soweit, daß Frau Tadsen, mit einer weißen Kittelschürze angetan, durch die
Wohnung ging, um da und dort nach dem Rechten zu sehen. Sie trat jetzt an den
Kleiderschrank, der in dem Garderobenraum stand. Sie wollte einen Regenmantel
von Jens hineinhängen. Da bemerkte sie, daß Elkes Schulmantel im Schrank hing.
„Fränzi!“ rief sie. „Kommen Sie sofort mal her!“ Fränzi hatte den Auftrag
erhalten, mit dafür zu sorgen, daß Elke nicht immer ihre guten Sachen in die
Schule
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