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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter
Autoren: Frewin Jones
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nicht.«
    »Dad?«
    Nein, das war nicht ihr Vater.
    Die Stimme wurde leiser und schwächer.
    Dann waren da Lichter, gleißend grelle Lichter an einer strahlend weißen Zimmerdecke. Besorgte Gesichter glitten in ihr Blickfeld hinein und wieder hinaus.
    Sie lag auf dem Rücken und hatte Schmerzen, aber sie fühlten sich so fern an, als hätten sie nichts mit ihr zu tun.
    Irgendjemand stellte ihr seltsame Fragen:
    »Weißt du, wer du bist?«
    »Kannst du mir sagen, welchen Tag wir heute haben, Anita?«
    »Drück meine Hand, Anit a – so fest du kannst. Ja, so ist es gut. Sehr gut machst du das.«
    Und dann erklang eine andere Stimme. Von weiter weg. Sie war aber trotzdem ziemlich klar zu hören.
    »Sie hat großes Glück gehabt, Mrs Palmer. Wenn nicht die Hafenpolizei ganz in der Nähe gewesen wär e – na ja, es ist fraglich, ob sie den Unfall überlebt hätte.«
    Sie hörte die Stimme ihrer Mutter.
    »Oh, Clive, sieh sie dir a n – unser armes Mädche n …«
    Dann vernahm sie undeutlich ihre eigene Stimme, schwach und angestrengt.
    »Evan? Ist mit Evan alles in Ordnun g …? Bitt e – ich muss es wisse n …«
    Ihr Vater: »Was sagt sie?«
    »Sie fragt nach Evan.«
    Schließlich verschwammen die Lichter vor ihren Augen, alles drehte sich und die Stimmen verblassten.
    Wieder Helligkeit. Stimmen. Das Gefühl von Bewegung. Das entfernte Quietschen von Rädern. Eine grau geflieste Decke, die über ihrem Kopf dahinglitt. Jemand hielt ihre Hand. Die Stimme ihrer Mutter.
    Kalte Bettwäsche und ein weiches Kopfkissen.
    Erneut entglitt ihr alles.
    Erinnerungsfetzen an das Casting für das Schultheater schoben sich in ihr Bewusstsein. Evan hatte alle in Erstaunen versetzt. Er war gu t – sehr gut sogar. Bei ihm klang Shakespeare fast wie normale Alltagssprache.
    Mrs Wiseman hatte die erste Leseprobe angesetzt. Anita war davon ausgegangen, dass sie bei ihrem Glück wahrscheinlich höchstens die Rolle der alten Amme bekommen würd e – vor allem da es so klar auf der Hand lag, wer den Romeo spielen würde.
    Trotzdem hatte sie eine lange Passage der Julia auswendig gelernt.
    Oh Romeo! Warum denn Romeo?
    Wieder drangen Stimmen an ihr Ohr.
    »Wissen Sie, was sie sagt, Mrs Palmer?«
    »Das ist ein Zitat aus dem Stück, das sie gerade in der Schule proben.«
    »Kommt sie dafür noch rechtzeitig aus dem Krankenhaus raus?«
    »Doch, ich glaube schon. Sie hatte zwar eine schwere Gehirnerschütterung, aber wenn sie sich ein paar Tage schont, sollte eigentlich wieder alles in Ordnung sein. Sie hat keine schlimmen Verletzungen, nur ein paar hässliche Prellungen. Sie kann von Glück sagen, dass sie rausgeschleudert wurde, als das Boot gegen den Pfeiler geprallt ist.«
    »Mum?«
    »Ja, Schatz. Ich bin da.« Eine warme Hand legte sich auf ihre.
    »Wo ist Evan?«
    Die Stimme ihres Vaters. »Er ist okay, du musst dir keine Sorgen um ihn machen.«
    »Dad?«
    »Wir sind beide hier. Alles wird wieder gut.«
    »Meine Auge n … so schwe r … kann sie nicht aufmache n …«
    »Du hast dir ziemlich den Kopf gestoßen, mein Liebling«, antwortete die Stimme ihrer Mutter. »Schlaf jetzt. Wir sind noch hier, wenn du später wieder aufwachst.«
    »Wie geht’s Evan?«
    »Ihm geht’s gut.«
    Eine dritte Stimme: eine Frau. Freundlich und sanft. »Sie wird wahrscheinlich ein paar Stunden schlafen. Im Flur vor der Station steht ein Getränkeautomat. Da gibt es Brühe und Tee und Kaffee. Allerdings schmeckt alles ziemlich gleich. Es ist also egal, welchen Knopf man drückt.«
    »Wird der Junge wieder werden?«
    »In ein paar Stunden wissen die Ärzte mehr«, sagte die Frau. »Wir haben keinerlei persönliche Gegenstände bei ihm gefunden. Wissen Sie, wie wir seine Eltern kontaktieren können?«
    »Nein, leider nicht«, sagte ihre Mutter. »Ich weiß, es klingt komisch, aber ich bin mir nicht mal sicher, wo er wohnt.«
    »Wissen Sie denn, wie der Unfall passiert ist?«
    »Er hat ein Motorboot gemietet. Als sie unter einer Brücke durchgefahren sind, muss er die Kontrolle verloren haben und sie sind gegen einen der Pfeiler gekracht.«
    Ein schwarzer Samtvorhang fiel auf Anita herab und sie wurde wieder ohnmächtig.
    Als Anita das nächste Mal erwachte, herrschte auf der Krankenhausstation gedämpfte Geschäftigkeit. Sie setzte sich auf. Ihr Kopf dröhnte und ihr war leicht schwindelig. Das Licht kam ihr extrem grell vor.
    Eine hübsche Krankenschwester mit gewellten, langen roten Haaren und vielen Sommersprossen kam zu ihr ans Bett. »Immer mit der
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