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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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einzelnen Muskel in seinem Körper verspannen.
    Aliénor beachtete ihn gar nicht. Sie war schon ganz mit dem Schmieden von Plänen beschäftigt. Er fühlte, wie er sich entspannte. Er konnte gar nicht anders. Wie er sie dort vor sich stehen sah, mit leuchtendem Gesicht, bereit ein Elfenvolk in die Rebellion zu führen, traf seine Liebe zu ihr ihn so hart, dass es fast wehtat.
    Er wusste, es war sinnlos, Widerstand zu leisten. Außerdem war es ein guter Plan, auch wenn er es nur ungern zugeben wollte.
    «Also gut», lenkte er ein. «Wie soll es laufen? Was kann ich tun?»
    Nelrin unterbrach sein reges Gespräch mit Aliénor. «Ihr werdet Aliénor hier rausbringen.»
    Aha. Soweit ging das Vertrauen dann also doch nicht. Aber er konnte es verstehen. Er würde bei so einer Unternehmung auch keinen Elfen in seinem Rücken wissen wollen. Schon gar nicht einen, den er gerade mal eine halbe Stunde kannte.
    Aber es passte ihm gut. Aliénor hier rauszubringen, war genau das, was seinen eigenen Wünschen in dieser Sache entsprach. Sollten die Elfen ihre Revolution allein bewerkstelligen. Er würde sich darum kümmern, dass Aliénor nicht zu Schaden kam.

36
    Die Hochzeitsvorbereitungen liefen auf Hochtouren. Es wurde gekocht, genäht, Protokolle besprochen. Aliénor erlebte die Tage als immerwährenden Alptraum. Es fiel ihr unendlich schwer, sich nichts anmerken zu lassen, aber nach dem ersten Hochgefühl war ihr klar geworden, was sie hier tatsächlich planten. Nun lebte sie in ständiger Angst, dass ihr Plan entdeckt werden würde.
    Sie wusste, wie viel von ihr abhing. Es war dringend notwendig, dass alle dachten, sie hätte zugestimmt, Nelrins Frau zu werden. Nicht nur ihr und Frédérics Leben hing davon ab, sondern auch das aller Rebellen – und damit vielleicht sogar das der ganzen Welt.
    Erst am späten Nachmittag gelang es Aliénor, sich dem Trubel um ihre Person zu entziehen, indem sie die Gewächshäuser aufsuchte und dort den Bienen beim Sammeln der Pollen und Bestäuben der Blüten zusah.
    «Aliénor?»
    Aliénor hob den Kopf. Vor ihr stand Aldin und schaute sie mit seltsamer Miene an. Von Nelrin wusste sie, dass Aldin zu den Verschwörern gehörte. Brachte er eine Nachricht von Nelrin – oder vielleicht sogar durch ihn von Frédéric – für sie? Sie sah ihn erwartungsvoll an.
    Aber Aldin überraschte sie.
    «Du bist doch eigentlich hierher gekommen, um deine Herkunft zu erforschen, nicht wahr?», begann er.
    Aliénors Herz begann, wie wild zu klopfen. «Ja», antwortete sie leicht atemlos.
    Ein zartes Lächeln spielte um Aldins Lippen, als er sich neben sie setzte.
    «Lass mich dir eine Geschichte erzählen», begann er und Aliénor nickte ihm auffordernd zu.
    «Es war vor vielen Jahren, kurz vor Sonnenuntergang. Ich bin gerne bis zum Waldrand geflogen, habe mich in den Bäumen am Parkplatz versteckt und die Spaziergänger beobachtet. Eines Tages traf ich eine junge Frau, die sich verlaufen hatte und nicht mehr zurückfand. Sie war so leichtsinnig gewesen, den Weg zu verlassen.» Er lachte leise bei dieser Erinnerung, sein nächster Satz aber glich einem schmerzlichen Seufzen. «Sie war so schön.»
    Aliénor hielt die Luft an. Sie spürte, wie ihr schwindlig wurde. Konnte es wirklich sein …?
    «Nun, wir sahen uns also an, beide unschlüssig, wie wir aufeinander reagieren sollten. Bis Marie einen Schritt nach vorne machte. ‹Hallo mein Schutzengel›, sagte sie. Ich war einer anderen Elfe versprochen und sollte sie in wenigen Wochen zu meiner Frau nehmen. Aber als ich Marie sah, war es in Sekunden um mich geschehen. Ich verliebte mich unsterblich in sie und kehrte nicht mehr zu meinem Volk zurück. Weder für Marie noch für mich gab es Zweifel. Wir gehörten auf ewig zusammen.»
    Aliénor hörte ihm gebannt zu.
    «Eine größere Schande als diese gibt es unter den Elfen nicht. Niemand löst ein Eheversprechen auf oder widersetzt sich einer Anordnung des Königs.» Aldin seufzte und sah zu Boden. «Marie hatte eine kleine Wohnung in Rennes und wir dachten, wir könnten glücklich zusammen sein.» In seinem Lächeln lag ein tiefer Schmerz. «Das war natürlich naiv. Eines Nachts drangen mehrere Elfensoldaten in die Wohnung ein, packten mich und schafften mich fort. Der König versprach, Marie nichts zu tun, wenn ich in Brocéliande bleiben und meine Verlobte heiraten würde. Du siehst, schon damals zählte Erpressung zu seinen bevorzugten Methoden.» Er lachte freudlos. «Ich hätte dem natürlich niemals
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