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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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seinem Vater überrascht zu werden, als er mir die Cola ausgegeben hatte.
    Nach ein paar Minuten war es im Fahrerhaus durch die Heizung angenehm warm. Ich spürte, wie müde ich nach dem langen Tag auf dem Turnier war, und kuschelte mich auf der Rückbank zusammen.
    »Mister Magic sprang doch ganz gut heute Abend«, brach Mama schließlich das angespannte Schweigen.
    »Er sprang absolut beschissen«, antwortete Papa zu meiner Überraschung. »Ich weiß gar nicht, was Nötzli glaubt, an wen ich so ein Pferd verkaufen soll! Ein etwas schwächerer Reiter als ich hätte ihn überhaupt nicht zum Wassergraben hingebracht. Die Leute sind ja nicht von gestern. Die wissen auch, dass ein Pferd, das selbst ich nur mit Mühe und Not durch den Parcours bekomme, mit einem anderen Reiter wahrscheinlich nicht bis ins Ziel gelangt.«
    »Stimmt«, mischte ich mich ein. »Ich habe gehört, wie ein Mann gesagt hat, dass ein anderer Reiter ihn nicht mal durch ein L-Springen gekriegt hätte.«
    »Na bitte«, sagte Papa bitter und mir dämmerte, dass es nicht unbedingt positiv gemeint war, was die beiden Männer auf der Tribüne gesagt hatten.
    »Wir müssen sowieso bald mal mit Nötzli sprechen«, meinte Mama nun. »Er bezahlt keinen Cent und wir haben alle Kosten am Hals. Futter, Hufschmied, Eintragungskosten, Nennungen und womöglich noch den Tierarzt. Wenn ein Pferd wie Mister Magic ein Jahr bei uns steht und du kriegst beim Verkauf nur zehn Prozent, dann haben wir sogar noch draufgezahlt.«
    »Was soll denn das heißen?«, fuhr Papa sie an. Ich fand es grässlich, wenn er in diesem aggressiven Tonfall sprach, und wünschte, ich wäre mit Opa zurückgefahren. »Willst du damit sagen, dass ich es nicht hinbekomme, ein Pferd zu verkaufen?«
    »Nein, natürlich nicht«, beeilte Mama sich zu sagen. »Es ist aber nicht leicht, ein schwieriges Pferd wieder so hinzukriegen, dass es andere Leute für viel Geld kaufen. Und Nötzli will immer gleich eine Menge Geld haben. Du hast doch selbst schon gesagt, dass es leichter wäre, wenn er weniger verlangen würde.«
    »Und was schlägst du vor, was ich machen soll?«, erwiderte Papa ein bisschen zu laut. »Soll ich ihn bitten, mir keine Pferde mehr zu bringen? Auch nicht, wenn es wieder einmal ein richtig gutes ist, so wie Lados, Billy Balou oder Gloria, die ich ja auch alle zu einem guten Preis verkauft habe? Es gibt genug Reiter, die sich alle zehn Finger danach lecken, mit Nötzli Geschäfte zu machen, sogar jemand ganz Bestimmtes direkt in der Nachbarschaft. Wenn ich mich beschwere, dann bin ich raus, kapierst du das nicht?«
    »Du brauchst überhaupt nicht so zu schreien«, gab Mama kühl zurück. »Ich will damit nur sagen, dass wir bei der ganzen Sache unterm Strich nichts verdienen.«
    Papa presste die Lippen zusammen und schwieg. Auch Mama sagte nichts mehr und ich schloss die Augen. Was war nur los? Früher war Papa nach einem erfolgreichen Tag auf dem Turnier guter Laune gewesen, oft waren wir danach noch alle zusammen essen gegangen. Aber in der letzten Zeit konnte selbst ein Sieg in einem S-Springen seine Gereiztheit und seinen Zorn nicht mildern.
     
    Als wir auf dem Amselhof eintrafen, waren Christian und Jens schon im Stall, Melike hatten sie wohl am Rathaus rausgelassen. Rasch wurden die Pferde abgeladen und für die Nacht versorgt. Ich sah kurz nach Sirius, der heute leider einen Stehtag gehabt hatte. Zu Fritzi konnte ich nicht mehr gehen, denn Papa und Mama warteten auf mich, um den Stall abschließen zu können. Schweigend gingen wir hinüber zum Haus. Vor der Gaststätte standen noch ein paar Autos.
    »Ach, Axel und Manfred sind da«, bemerkte Papa. »Ich geh noch rein, einen mit ihnen trinken.«
    »Darf ich mitkommen?«, bat ich.
    »Hast du mal auf die Uhr geschaut?« Mama schüttelte den Kopf. »Etwas zu spät, um mit dreizehn Jahren in einer Kneipe zu sitzen.«
    »Aber Christian und Jens sind auch noch …«
    »Dein Bruder wird bald fünfzehn«, schnitt Mama mir das Wort ab. »Keine Widerrede!«
    Mir entging nicht der Blick, den Mama Papa zuwarf, aber der beachtete sie nicht.
    »Brauchst nicht auf mich zu warten, Susanne«, sagte er über die Schulter und verschwand in der Gaststätte.
    Ich gab Mama einen Gutenachtkuss und ging hoch in mein Zimmer. Im Badezimmer war es mollig warm. Ich stellte mich unter die Dusche, zog mir danach den Schlafanzug an und schlüpfte in mein Bett. Morgen war Sonntag und damit keine Schule. Vielleicht würde ich wieder mit aufs Turnier fahren,
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