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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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vor dem Richterturm durchparierte und die Richter grüßte.
    Mister Magic, den Christian und Jens der Einfachheit halber nur »MM« nannten, war ein großer Brauner, ein sehr schwieriges Pferd, der mit einer Hackamore und einer Trense gezäumt war. Herr Nötzli hatte ihn vor ein paar Monaten auf den Amselhof geschickt. Damals wollte der Wallach nicht einmal mehr über ein Cavaletto springen, so verdorben war er. Papa hatte geduldig mit dem Pferd gearbeitet, weil Mister Magic viel Springvermögen hatte und früher schon sehr erfolgreich gewesen war.
    Das Pferd machte seine Sache gut. Selbst das typische Samstagabend-Turnierpublikum, das vorwiegend aus sachkundigen Reitern, Händlern und Pferdebesitzern und weniger aus Zuschauern bestand, murmelte beeindruckt. Der braune Wallach zögerte nur kurz vor dem Oxer mit der blauen Plane darunter, aber Papa besaß nicht umsonst einen Ruf als erstklassiger Reiter. Mit einem gewaltigen Satz überwand MM den Sprung. An seinem Hals zeigte sich schon weißer Schaum. Ich hatte beide Daumen fest gedrückt und presste gespannt meine Fäuste vor den Mund. Wenn er doch nur gewinnen würde!
    »Jetzt kommen nur noch der blaue Oxer und die Zweifache.« Christian starrte gespannt auf Pferd und Reiter. »Er hat eine Superzeit!«
    Das Pferd schlug unwillig mit dem Kopf, aber Papa gab etwas mehr Druck mit dem Schenkel und Mister Magic gehorchte. Es passte ideal und alle Stangen blieben unberührt in ihren Halterungen liegen. Ich machte einen Luftsprung und platzte fast vor Stolz. Melike strahlte und wir umarmten uns.
    »Ohne Fehler in der bisher besten Zeit von 53,7 Sekunden«, sagte der Sprecher. »Damit geht die Nummer 263 in Führung in dieser Springprüfung der Klasse S. Wir erwarten noch vier Starter.«
    Christian sprang über das Geländer und wartete, bis Papa aus dem Parcours kam. Er warf dem Pferd die Decke über die Kruppe und folgte, gemeinsam mit Jens, Pferd und Reiter hinaus in die Dunkelheit.
    »Der Bock hat alles drin«, hörte ich einen Mann zwei Reihen weiter zu einem anderen sagen, »aber der ist nicht leicht zu bedienen. Zum Wasser und zur Zweifachen musste Weiland den richtig hinquetschen.«
    »Ein anderer Reiter würde den Esel nicht mal über ein L-Springen kriegen«, erwiderte der Nachbar des Mannes.
    Ich freute mich immer, wenn ich so etwas hörte. Die Leute schätzten Papa als guten Reiter. Die noch folgenden vier Reiter hatten alle Fehler, sodass Papa mit Mister Magic das Springen tatsächlich gewann.
    Während in der Halle die Siegerehrung stattfand, ging ich auf der Suche nach Mama die Tribüne entlang. Melike wollte mit Christian und Jens im kleinen Lkw nach Hause fahren. Ab und zu sah ich Bekannte, die mich grüßten und denen ich höflich zunickte. Seitdem ich denken konnte, waren wir beinahe jedes Wochenende auf irgendeinem Reitturnier, deshalb kannten wir viele Leute.
    Ich fand Mama im Gespräch mit Herrn Dr. Bödicker und seiner Frau. Mit ihren beiden Pferden Cornado und Intermezzo hatte Papa seit Jahren viel Erfolg. Ich gab den beiden die Hand. Sie waren extra nach Viernheim gekommen, um ihre Pferde zu sehen, die immerhin noch beide platziert waren. Im Gegensatz zu den blöden Teicherts besaßen Bödickers genug Pferdeverstand, um zu akzeptieren, dass ihre Pferde nicht jedes Springen gewinnen konnten. Sie freuten sich, selbst wenn sie mal Fehler hatten, sonst aber gut gesprungen waren.
    Die Siegerehrung war inzwischen vorbei, die Ehrenrunde geritten. Die Musik verklang und die Pferde verließen die Halle.
    »Komm, Elena«, sagte Mama, »wir gehen besser gleich zum Lkw, bevor Papa uns suchen muss.«
    Sie spannte den Schirm auf, als wir aus der Halle in die Dunkelheit traten. Es war nasskalt und ich fröstelte. Der Transporterparkplatz war schon so gut wie leer, die Reifen der Lkws und Pferdehänger hatten den matschigen Boden zerpflügt und wir mussten aufpassen, dass wir nicht ausrutschten.
    Papa wartete im großen Lkw mit laufendem Motor. Jens, Christian und Melike waren schon weg und Opa würde mit Mamas Golf nach Hause fahren. Ich kletterte ins Fahrerhaus des großen Lkw und setzte mich auf die hintere Bank. Mama nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Papa löste die Bremse und gleich darauf rollte das große Fahrzeug von der Wiese. Geschickt lenkte er den Lastwagen auf die Straße.
    Papa und Mama schwiegen und ich war damit beschäftigt, über Tim Jungblut nachzudenken. Er hatte mich angelächelt und mir zugezwinkert! Und auch er hatte immerhin riskiert, von
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