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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit
Autoren: J Carey
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mir, Tanaros, was kannst du dort drüben erkennen?«
    Er begab sich an die Seite seines Herrn. Es war, als stünde man neben einer befeuerten Schmiede, und die Kraft des Schöpfers brandete in Wellen gegen seine Haut. Ein eigenwilliger Geruch hing in der Luft, kupferartig und süß, wie frisch vergossenes Blut, nur stärker . »Wo, Herr?«
    »Dort.« Satoris deutete nach Westen mit unfehlbar gerade ausgestrecktem Arm.

    Wie auch anders. Natürlich. Im Westen lag Torath und die Souma, das Auge in der Stirn des Uru-Alat – und Fürst Satoris war ein Schöpfer. Seine Brüder und Schwestern mochten ihn verstoßen haben, und ihre Verbündeten mochten ihn beschimpfen und ihn Weltenspalter, Fluchbringer und Lügenfürst nennen, aber er war ein Schöpfer. Tag oder Nacht, ob über oder unter der Erde, er wusste stets, wo die Souma lag.
    Jenseits des Trennenden Meeres.
    Tanaros schloss die Finger um die Kante des Fensterflügels und blickte westwärts in die Nacht. Die Kämme der niedrigen Berge, die Finsterflucht umgaben, ragten im silbrigen Licht des abnehmenden Mondes auf. Weit, weit dahinter konnte er einen ganz schwachen Schimmer am entfernten Horizont ausmachen, dort, wo das Meer begann. Unter ihnen war es ruhig, nur gelegentlich drangen Rasseln und Klappern aus den Lagern der Fjeltrolle, oder ein Ruf brach die Stille.
    Über ihnen hing der Nachthimmel, über den dünne Wolken jagten, und zwischen ihnen leuchteten die winzigen Lichter der Sterne und der abnehmende Mond. Wie es seit Anbeginn der Zeiten gewesen war, seit Arahila die Schöne die Himmelslichter geschaffen hatte, damit das Menschengeschlecht die Dunkelheit nicht fürchten musste.
    Nein.
    Dort … dort . Tief über dem Horizont, ein Stern.
    Ein roter Stern.
    Er war kaum zu erkennen, aber er war dort. Sein Licht pulsierte schwach und unstet, rot.
    Leder und Stahl ächzten, als Vorax seinen massigen Körper in Bewegung setzte, und sein Atmen drang deutlich hörbar durch das Turmzimmer; es wurde lauter, als nun auch er den Stern entdeckte und zischend die Luft einzog. »Ein roter Stern«, sagte er. »Der war vorher noch nicht da.«
    Tanaros, der seit vielen Jahren keine Angst mehr verspürt hatte, fühlte sie jetzt. Er ließ den Fensterflügel los und streckte die Hände, schmeckte die Furcht und wünschte sich sein schwarzes Schwert an seine Seite. »Was ist das, Herr?«

    Der Schöpfer sah den roten Stern an, wie er weit entfernt schimmerte. »Eine Warnung.«
    »Wovor, Herr?« Der Geschmack von Angst in seinem Mund. »Von wem?«
    »Von meiner Älteren Schwester.« Die Stimme war so sanft, wie der Schöpfer es vermochte, durchdrungen von langen Zeitaltern voller Leid. »Oh Arahila!«
    Tanaros schloss die Augen. »Wie kann das sein, Herr? Die Souma ist zerschmettert, Urulat gespalten … wie kann Arahila ein solches Ding erschaffen?«
    »Dergail«, sagte Vorax. »Dergails Soumanië.«
    Ein Splitter der Souma, lang schon abgespalten, ein Splitter, aus dem Haomane der Erstgeborene, der Oberste der Schöpfer, ein Juwel geschaffen hatte, eines von dreien. Er war verloren gegangen, noch bevor Tanaros geboren wurde, als Haomane seine drei weisen Gesandten ausgeschickt hatte, um gegen seinen Herrn Krieg zu führen. Der Gesandte Dergail, der den Pfeil des Feuers getragen hatte, war besiegt worden und hatte sich ins Meer gestürzt, um zu verhindern, dass das Juwel oder die Waffe in die Hände des Feindes fiel. Seit mehr als tausend Jahren galten beide als verloren.
    »Ja«, sagte Satoris und blickte hinaus. »Dergails Soumanië.«
    Tanaros’ Mund war trocken. »Was bedeutet das, Herr?«
    Satoris der Drittgeborene sah zum roten Stern hinauf, und das blasse Licht des Mondes spiegelte sich silbern auf seinem dunklen Antlitz. Ruhig, so ruhig war er! Bewegungslos stand er da und sah hinaus, während aus der nicht heilenden Wunde endlos der Ichor rann und eine schimmernde Spur die Innenseite seines Schenkels benetzte.
    »Krieg«, sagte er. »Es bedeutet Krieg.«
    Von der Treppe waren Schritte zu hören, schnell und leicht, die Uschahins Ankunft ankündigten. Das Halbblut betrat das Zimmer und verbeugte sich. »Fürst Satoris.«
    »Traumspinner«, begrüßte ihn der Schöpfer. »Bringst du Neuigkeiten?«
    Im dämmrigen Licht lag eine gewisse Schönheit in den zerstörten
Zügen. Das Lächeln des Halbbluts war wie eines Messers Schneide, tödlich und bitter. »Ich habe die Ebene von Curonan schnell wie der Wind überquert, Herr, und bin durch die Träume der Menschen
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