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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter
Autoren: J Carey
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müden Blick über die Felder geworfen, die Hunde ausgeschimpft und sich wieder zu Bett begeben. Aber
was war es dann? Die Fjel hatten schärfere Ohren als die Menschen, doch alle drei machten ein verwirrtes Gesicht. Speros hingegen zeigte eisiges Grauen.
    Tanaros strengte all seine Sinne an. Zuerst hörte er nichts, dann vernahm er aus der Ferne ein Trommeln wie Donner. Hufgetrappel? Es klang so, doch dann wieder nicht. Es waren zu viele, zu schnell – und noch ein anderes Geräusch, wie ein rauschender, pulsierender Sturm, wie der Klang von tausend gleichzeitig schlagenden Schwingen. Er erkannte, dass es wie der Rabenspiegel klang.
    »Bring?«, rief Tanaros.
    » Krock! «
    Das Gewebe der Nacht schien unter ihrem Ansturm zu zerreißen, als sie aus den Traumpfaden in die wache Welt eindrangen. Ja, es waren Raben, ein ganzer Schwarm. Dort, am Kopf, befand sich Bring, mit Augen wie Obsidiankiesel. Und hinter ihnen, mit scharrenden Vorderhufen und geblähten Nüstern …
    Pferde.
    Sie traten aus der Dunkelheit wie aus einer Tür, und das Sternenlicht schimmerte auf ihrem glatten Fell. Überall um sie herum ließen sich die Raben auf den Feldern nieder – außer Bring, der sich auf Tanaros’ Schulter hockte. Der Tritt der eisernen Pferdehufe hallte hart und deutlich von der Straße wider; die herbeipreschenden Tiere waren groß. Es waren drei: eines so grau wie ein Geist, ein anderes schwarz wie Pech, und in der Mitte ein Kastanienbrauner mit einer Farbe wie jüngst vergossenes Blut.
    Auf seinem Rücken saß eine bleiche, verkrümmte Gestalt mit mondsilbernem Haar; ein Gesicht voll zerstörter Schönheit lächelte verschlagen, und eine Hand wurde zum Gruße erhoben.
    »Ausgezeichnet, Vetter«, sagte Uschahin Traumspinner. »Ein kleiner Vogel hat mir verraten, dass du ein Pferd brauchst.«
    »Traumspinner!« Tanaros lachte laut auf. »Das ist allerdings ausgezeichnet. « Er schlug mit der Hand auf Speros’ Schulter. »Ich widerrufe meine Worte, Junge. Verzeih mir, dass ich voreilig war. Anscheinend steckt in dieser Nacht mehr Magie, als ich für möglich gehalten habe.«

    Die Farbe wich aus Speros’ sonnenversengter Haut. Wortlos starrte er vor sich hin.
    »Ich bin auf den Schwingen eines Albtraums geritten, Vetter, und ich fürchte, er hat die Gedanken deines Schützlings berührt.« Uschahin klang belustigt. »Was plagt dich, Mittländer? Hast du einen Blick auf deine eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten erhascht, auf den Neid, dem deine Art so oft zum Opfer fällt? Hast du vielleicht einen Stein gesehen, um den sich eine knabenhafte Hand schließt? Der Zufall hätte es so einrichten können, dass du einer von ihnen bist.« Seine verschiedenfarbigen Augen glitzerten; Schatten sammelten sich unter seiner zerfurchten Stirn. »Hast du Angst, meinem Blick zu begegnen, Mittländer?«
    »Vetter …«, begann Tanaros.
    »Nein.« Mit großer Willensanstrengung hob Speros das Kinn und hielt dem glühenden Blick des Halbbluts stand. Er ballte eine Hand zur Faust und presste sie gegen sein Herz, dann öffnete er sie wieder und gewährte so den uralten Gruß. Auf seinem vom Sternenlicht beschienenen Gesicht zeigten sich Ernsthaftigkeit und Trotz. »Nein, Fürst Traumspinner. Ich habe keine Angst.«
    Uschahin schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Das ist eine Lüge, aber ich will sie um der Dinge willen hinnehmen, die du erlebt hast.« Er deutete mit dem Kopf links neben sich. »Nimm den Grauen, Mittländer. Tanaros, wenn du meinen Spuren folgst, wird dich dieses Tier hinter mir her auf dem Weg tragen, den die Raben bahnen.« Er deutete auf das schwarze Pferd. »Du bist schon einmal auf einem solchen geritten. Hier ist ein weiteres. Können deine Gulnagel Schritt halten?«
    »Jawohl«, murmelte Tanaros. Seine Zustimmung wurde vom Grinsen der Fjel begleitet. Er näherte sich dem schwarzen Pferd und fuhr ihm mit der Hand über den gewölbten Hals. Die schwarze Mähne ergoss sich wie Wasser über seine Finger. Das Tier drehte den Kopf, bleckte die scharfen Zähne, und eine unnatürliche Klugheit schimmerte in seinem Auge. Tanaros packte die Mähne knapp über dem Widerrist und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Muskeln hoben und senkten sich unter seinen Schenkeln. Bring
krächzte unzufrieden auf und flog davon. Mit dem Druck seiner Knie wendete Tanaros den Schwarzen. Er dachte an seinen eigenen Hengst, seinen treuen Rappen, der in den Bahnen des Marasoumië verloren gegangen war, und fragte sich, was wohl aus ihm
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