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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter
Autoren: J Carey
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Menschen konnten sich im Feindesland leicht unsichtbar machen.
    Nicht aber drei große Gulnagel.
    »Wir müssen bei Nacht reisen«, sagte Tanaros wehmütig. »Wenigstens sind wir daran gewöhnt.« Er warf Speros einen Blick zu. »Weißt du noch, wie man Pferde stiehlt?«
    Der Mittländer wirkte unsicher. »Ist das ein Scherz, Herr?«

    Tanaros schüttelte den Kopf. »Nein.«
    In der ersten Nacht kamen sie an einem Gehöft vorbei und schlichen sich so nahe heran, dass sie die Umrisse einer Stallung ausmachen konnten, doch in einer Entfernung von hundert Schritten erfüllte plötzlich Hundegebell die Nacht. Als im Gehöft eine Lampe angezündet wurde und sich Gestalten hinter den Fenstern bewegten, ordnete Tanaros einen hastigen, schmählichen Rückzug an. Sie rannten über die Felder, während ihnen die Gulnagel in leichtem Trab folgten.
    Erst als sie einen ordentlichen Abstand zwischen sich und das Gehöft gebracht hatten, befahl er stehen zu bleiben. Speros beugte sich vornüber, stützte die Hände auf die Oberschenkel und rang nach Luft. »Warum haben … wir sie nicht … einfach getötet? Bestimmt … hätten diese Bauern keine große … Schwierigkeit für uns dargestellt.«
    Tanaros hob eine Braue. »Damit ihre Leichen entdeckt werden? Wir müssen noch viele Meilen wandern, bis wir in Sicherheit sind, und die ganzen Mittlande sind auf der Hut. Du bist doch derjenige, der in der Freiwilligen-Miliz gedient hat, Speros von Haimhault. Willst du, dass sie hinter uns herjagt?«
    »Stimmt.« Speros richtete sich auf. »Also ziehen wir auf Schusters Rappen weiter, Heerführer.«
    Schweigend gingen sie einige Stunden dahin. Nach der Wüste war das beinahe ein Vergnügen, fand Tanaros. Ihre Wasserschläuche waren gut gefüllt, und die Felder stellten gute Jagdgründe für die Gulnagel dar. Die Luft war mild und feucht, und die Sterne über ihnen spendeten so viel Licht, dass die gefurchte Straße gut zu erkennen war. In einer solchen Nacht konnte man sich vorstellen, für immer und ewig zu wandern. Er dachte an das Gehöft, an dem sie vorbeigekommen waren, und lächelte in sich hinein. Auch wenn er einen guten Grund dafür gehabt hatte, das Leben der Bewohner zu schonen, so war dies doch ein teures Vergnügen gewesen. Selten wurde er vor eine solche Wahl gestellt. Er fragte sich, was für eine Geschichte die Bauern am Morgen erzählen würden. Sie würden eine schlaflose Nacht in ihrem Hause verbringen, wenn sie die Wahrheit
wüssten. Vermutlich hatte der Geruch der Gulnagel die Hunde aufgestört. Das nächste Mal würde er Speros allein losschicken. Er fragte sich, ob der Rabe Bring, der vorausgeflogen war, in der Lage wäre, ein mögliches Opfer für einen Pferdediebstahl zu erspähen.
    »Es ist schon komisch, nicht wahr?«, bemerkte Speros. »So etwas hätte ich mir nie vorstellen können.«
    »Was?«
    » Das .« Der Mittländer deutete auf die leere Straße und die stillen Felder. »Uns, hier. Wir ziehen wie gewöhnliche Bettler übers Land. Ich hätte geglaubt … ich weiß nicht, Heerführer.« Er zuckte die Achseln. »Ich hätte geglaubt, dass mehr Magie darin liegt.«
    »Nein.« Tanaros schüttelte den Kopf. »Es liegt verdammt wenig Magie im Krieg, Speros.«
    »Aber Ihr seid … einer der Drei, Herr!«, wandte Speros ein. »Tanaros Schwarzschwert, Tanaros …« Seine Stimme verwehte.
    »Königsmörder«, sagte Tanaros gleichmütig. »Ja. Ein gewöhnlicher Mann, ungewöhnlich geworden nur durch die Gnade des Fürsten Satoris.« Er berührte den Griff seines Schwertes. »Diese Klinge kann nicht von Sterblichen zerbrochen werden, Speros, aber ich wirke keine Macht außer der, die in der Reichweite meiner Waffe liegt. Enttäuscht dich das?«
    »Nein.« Während er ging, richtete Speros den Blick auf seine Stiefel und schlurfte mit seinen geborstenen Absätzen durch die Furchen der Straße. »Es enttäuscht mich nicht.« Er grinste. Das glimmende Sternenlicht enthüllte eine Lücke zwischen seinen Zähnen. »Es schenkt mir Hoffnung. Schließlich, Heerführer, könnte auch ich an Eurer Stelle sein!«
    Als Tanaros den Mund öffnete und etwas darauf erwidern wollte, hob einer der Gulnagel die Hand und grunzte. Die anderen erstarrten. Tanaros befahl ihnen mit einer knappen Geste zu schweigen und lauschte angestrengt. Er hoffte, dass es nicht die Bauern aus dem Gehöft waren. Bestimmt hatten sie nichts gesehen. Es war nur die Warnung der Hunde gewesen, die ihren Schlaf unterbrochen hatte. Vermutlich hatten sie einen
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