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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten
Autoren: Alfred Bekker
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die Wege, Prinz Sandrilas. Bis es soweit ist, werden noch Stunden vergehen. Ich möchte mich mit einer kleinen Gruppe von Kriegern umsehen. Ihr bleibt hier am Strand.«
    »Ich würde Euch gern begleiten«, erwiderte der einäugige Prinz.
    »Gewiss. Aber ich brauche Euch hier. Errichtet ein Lager und sorgt dafür, dass zwei kleinere Schiffe ausgeschickt werden, um die Küste zu erforschen. Wir müssen wissen, ob dieses Land Teil eines größeren Festlands ist oder nur eine Insel.«
    Prinz Sandrilas neigte das Haupt. »Es soll so geschehen, wir Ihr sagt, mein König. Aber ich rate Euch, auf diese geflügelten Kreaturen acht zu geben. Vielleicht machen sie nicht nur Jagd auf Möwen.«
    Die Hand des Königs legte sich um den mit Bernstein besetzten Schwertgriff. »Ich weiß mich wohl zu wehren.«
    Sandrilas deutete auf das Steinrelief. »Welches Volk auch immer dieses Kunstwerk des Schreckens geschaffen haben mag, wir wissen nun, dass es diese geflügelten Kreaturen wirklich gibt. Leider wissen wir nicht, was aus den Künstlern wurde, aber diese in Stein gehauenen Bilder erzählen genug, mein König. Genug, um uns zu warnen.«
    Vier Krieger wählte König Keandir aus, um ihn zu begleiten. Branagorn, ein junger Elbenkrieger, der mit dem König und dessen Gefolge an Land gegangen war, war einer von ihnen. Ein anderer trug den Namen Malagond. Er galt als bester Bogenschütze der ganzen Flotte. Außerdem nahm Keandir noch zwei alt gediente und in unzähligen Schlachten erprobte Elbenkrieger mit, die Brüder Moronuir und Karandil.
    »Ihr nehmt die Zeichen der Gefahr nicht ernst genug«, beklagte sich Sandrilas mit mürrischem Blick.
    Keandir aber antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Die Kunst des leichten Lebens besteht darin, dass man nicht nur die Zeichen kommenden Unheils wahrnimmt, sondern auch jene des zukünftigen Glücks, werter Prinz.« Und dabei warf er zum wiederholten Mal einen Blick zurück zur »Tharnawn«, an deren Reling Ruwen stand und auf ihn wartete. Kein Gedanke an eine mögliche Gefahr, keine Schwermut oder gar die Krankheit des Lebensüberdrusses, die das Volk der Elben immer häufiger heimsuchte, konnte ihm dieses besondere Hochgefühl nehmen.
    »Bald bin ich zurück, Ruwen!«, murmelte er in der Gewissheit, dass die feinen Sinne seiner Geliebten die leise gesprochenen Worte wahrnehmen würden, wenn auch nur als Ahnung, als Raunen einer vertrauten Seele.
    Ein entrücktes Lächeln löste die Härte seiner Gesichtszüge für einen Moment vollkommen auf.

    Ruwen stand an der Reling der »Tharnawn« und blickte hinaus zum Strand, der im dichten Nebel verborgen war. Sie fühlte, dass Keandir in Gedanken bei ihr war. Ihre Sinne vernahmen den Hauch seiner Stimme.
    »Kean!«, murmelte sie.
    Die »Tharnawn«, das königliche Flaggschiff, war mit einigen anderen in der Bucht vor Anker gegangen. Doch von dem Festland vor ihr konnte Ruwen nur die schroffen Felsen sehen, die sich aus dem Nebel erhoben. Den Blick auf den Strand verwehrten dichte graue Schwaden, und so konnte sie auch ihren geliebten Keandir nicht entdecken.
    Doch er sprach in diesem Moment zu ihr, und obwohl sie die Worte mit ihren Ohren nicht vernahm, wusste sie, dass es eine Botschaft voller Liebe und Zuneigung war, die er ihr übermittelte.
    Ein Lächeln huschte über ihr zartes Gesicht. Sie strich sich das ebenholzschwarze Haar zurück. Doch plötzlich stutzte sie. Lauschte. Starrte angestrengt in die Ferne und suchte mit den Blicken die Felsen der Küste ab.
    »Kean, geh nicht!«, sagte sie so laut, dass sich einer der Elbenkrieger zu ihr umdrehte.
    Die Stimme Keandirs, die sie vernahm, wurde überdeckt von einem Chor gehässigen Raunens.
    »Was bedrückt Euch, Ruwen?«, fragte eine weibliche Stimme in ihrer Nähe. Es war Nathranwen, die Heilerin. »Ihr seht vollkommen verstört aus. Dabei hättet Ihr allen Grund, Euch zu freuen.«
    »Das tue ich auch.«
    »Und was ist mit dem König?«
    »Er freut sich ebenso wie ich.«
    »Dann solltet Ihr Euer Glück genießen. Denn es ist nicht nur Euer Glück, sondern das Glück des ganzen Volks der Elben; die Geburt eines Königskindes wird alle mit neuer Hoffnung und Kraft erfüllen.«
    Ruwen deutete zur Küste. »Ich glaubte, etwas gehört zu haben. Etwas Bedrohliches, Böses, das auf meinen geliebten Keandir lauert.«
    »Hört Ihr es immer noch?«
    Ruwen schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Dunkle Ahnungen und feine Sinne sind Segen und Fluch unseres Volkes zugleich, Ruwen. In diesem Fall
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