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Elantris

Elantris

Titel: Elantris
Autoren: Brandon Sanderson
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wenn ich darin blass aussehe. Ich hatte schon Angst, dass es mir bloß bis zu den Knien gehen würde. Diese arelischen Frauen sind alle so unnatürlich klein.«
»Wie Ihr meint, Mylady«, erwiderte Ashe. Er wusste so gut wie sie, dass arelische Frauen nicht ungewöhnlich klein waren. Selbst in Teod hatte Sarene die meisten anderen Frauen um einen Kopf überragt. Ihr Vater hatte sie als Kind immer Lekystange genannt - wobei es sich um die Bezeichnung für die dünne Latte handelte, die bei seinem Lieblingssport die Torlinie markierte. Obwohl Sarene im Laufe des Heranwachsens ein wenig fülliger geworden war, ließ sich nicht bestreiten, dass sie immer noch schlaksig und hoch aufgeschossen war.
»Mylady«, unterbrach Ashe ihre Überlegungen.
»Ja, Ashe?«
»Euer Vater möchte unbedingt mit euch sprechen. Ich meine, Ihr habt Neuigkeiten zu berichten, auf die er ein Anrecht hat.«
Sarene nickte und unterdrückte ein Seufzen. Ashe fing hell zu pulsieren an. Einen Augenblick später wurde die Lichtkugel, aus der er bestand, zu einem büstenhaften, leuchtenden Kopf. König Eventeo von Teod.
»Ene?« ( fragte ihr Vater, wobei sich die Lippen des schimmernden Kopfes bewegten. Er war ein kräftiger Mann mit ovalem Gesicht und einem breiten Kinn.
»Ja, Vater. Ich bin hier.« Ihr Vater musste neben einem ähnlichen Seon stehen - wahrscheinlich Dio -, das sich in ein leuchtendes Abbild von Sarenes Kopf verwandelt hatte.
»Bist du nervös wegen der Hochzeit?«, fragte Eventeo besorgt.
»Tja, also apropos Hochzeit...«, sagte sie langsam. »Ihr werdet wohl eure Reisepläne nächste Woche am besten absagen. Es würde nicht viel für euch zu sehen geben.«
»Was?«
Ashe hatte recht gehabt; ihr Vater lachte keineswegs, als er vernahm, dass Raoden gestorben war. Stattdessen färbte heftige Besorgnis seine Stimme, und das leuchtende Gesicht sah beunruhigt aus. Seine Sorge nahm noch zu, als Sarene erklärte, dass der Tod des Prinzen gleichbedeutend mit einer richtigen Hochzeit war.
»Oh, Ene, es tut mir leid«, sagte ihr Vater. »Ich weiß, wie viel du dir von dieser Hochzeit erwartet hattest.«
»Unsinn, Vater!« Eventeo kannte sie viel zu gut. »Ich war dem Mann noch nicht einmal begegnet. Wie sollte ich da irgendwelche Erwartungen hegen?«
»Du warst ihm noch nicht begegnet, aber du hattest dich per Seon mit ihm unterhalten, und ihr hattet euch all die Briefe geschrieben. Ich kenne dich, Ene. Du bist eine Romantikerin. Du hättest dich nie entschlossen, diese Sache durchzuziehen, wenn du nicht völlig überzeugt gewesen wärest, dass du Raoden lieben könntest.«
Die Worte waren wahr, und mit einem Schlag kehrte Sarenes Gefühl der Einsamkeit zurück. Die Überfahrt über das Fjordische Meer hatte sie in ständiger ungläubiger Nervosität zugebracht. Sie war sowohl freudig erregt als auch ängstlich gewesen, was das bevorstehende Treffen mit dem Mann betraf, der ihr Ehemann werden sollte. Allerdings hatte die Vorfreude die Ängstlichkeit überwogen.
Sie war schon des Öfteren von Teod fort gewesen, aber immer in Begleitung anderer Menschen aus ihrer Heimat. Diesmal war sie allein unterwegs, da sie der Hochzeitsgesellschaft vorausgereist war, um Raoden zu überraschen. Sie hatte die Briefe des Prinzen so oft gelesen und wieder gelesen, dass sie allmählich das Gefühl entwickelt hatte, ihn zu kennen. Und der Mensch, den sie sich anhand dieser Briefseiten zusammengesetzt hatte, war ein vielschichtiger, mitfühlender Mann, auf dessen Bekanntschaft sie sich schon sehr gefreut hatte.
Und nun würde sie ihn niemals kennenlernen. Sie fühlte sich nicht nur allein, sondern noch dazu verschmäht - wieder einmal. Ungewollt. Sie hatte all die Jahre gewartet, von einem nachsichtigen Vater ungedrängt, der nicht ahnte, wie sehr die Männer in ihrer Heimat sie mieden, wie sie sich von ihrer kecken, ja arroganten Art verschrecken ließen. Zu guter Letzt hatte sie einen Mann gefunden, der gewillt war, sie zu nehmen, und Domi hatte ihn ihr im letzten Augenblick entrissen.
Endlich ließ Sarene ein paar der Gefühle zu, die sie seit Verlassen des Schiffes eisern unterdrückt hatte. Sie war froh, dass das Seon nur ihre Gesichtszüge übertrug, denn es hätte sie gedemütigt, wenn ihr Vater die Träne gesehen hätte, die ihr die Wange hinablief.
»Das ist töricht, Vater«, sagte sie. »Es war eine simple politische Heirat, und darüber waren wir uns alle im Klaren. Nun haben unsere Länder mehr gemeinsam als bloß die Sprache: Unsere Königshäuser sind
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