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El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

Titel: El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
Autoren: Malcolm Beith
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Selbst die PGR, das Militär oder die Federales, die in der Vergangenheit meine Anfragen wohlwollend behandelt hatten, wollten meine Fragen bezüglich Chapo nicht beantworten. Vielleicht war es zu ihrer eigenen Sicherheit. Ein ehemaliger PGR-Beamter, der bereit war, mit mir zu sprechen, war so paranoid, dass wir uns während des Interviews hinter einem Pfeiler in einem Café versteckten. Seine Ängste waren nachvollziehbar. Nur wenige Monate zuvor war eine Person aus dem Zeugenschutzprogramm
am helllichten Tag in einem Starbucks-Café in Mexiko-Stadt erschossen worden.
    Was die Berichterstattung aus Badiraguato angeht, so waren die Leute dort immer zurückhaltend, wenn es darum ging, sich zu Chapo zu äußern. Und die, die bereitwillig Auskunft gaben, waren mit äußerster Vorsicht zu genießen. Die großen mexikanischen Bosse reden praktisch nie mit jemandem. Deshalb gibt es kaum Möglichkeiten, die Aussagen eines weniger prominenten Narcos zu überprüfen. Allenfalls kann man sie nach Einzelheiten eines Verbrechens fragen, das sie behaupten begangen zu haben, und dies dann bei den Behörden oder den Lokalzeitungen überprüfen. Aber letztlich ist es praktisch unmöglich zu beweisen, ob ihre Behauptungen der Wahrheit entsprechen. El Padrinos Sohn, Josué Félix, stand der Idee, seinen Vater im Gefängnis zu interviewen, aufgeschlossen gegenüber, aber die Behörden ließen meine formelle Anfrage unbeantwortet. Als Folge davon stammen die meisten Informationen über El Padrino (seine Zitate beispielsweise) aus Aufzeichnungen, die er auf der Website seines Sohnes veröffentlicht hat.
    Während der gesamten Recherche für dieses Buch und für die Reportagen, die ich für diverse Publikationen über den Drogenkrieg schrieb, habe ich immer mein Leben und das der Leute, die ich interviewte, höher eingestuft als den Scoop, den ich damit vielleicht erzielen konnte. Guter Journalismus erfordert Risiken, aber diese Risiken müssen kalkulierbar bleiben.
    Ein befreundeter Journalist, der über El Kaida und den globalen Terrorismus berichtet, betrachtet die mexikanischen Narcos als die gefährlichste und furchterregendste Verbrecherelite der Welt. Nach dem, was ich in den vergangenen drei Jahren gesehen und gelesen habe, würde ich ihm zustimmen. Mexikanische Soldaten tragen nicht vierundzwanzig Stunden am Tag Masken, weil sie damit hart wirken, sondern weil sie
wissen, dass sie schon morgen in der Opferstatistik auftauchen können, wenn sie von den Narcos erkannt werden.
    Je länger man über das organisierte Verbrechen berichtet, desto unsicherer fühlt man sich. Obwohl, während eines Aufenthalts in Badiraguato bemerkte ich plötzlich, dass ich total entspannt war, und schlief wie ein Baby. Aber nur, weil ich wusste, dass Chapos Männer in der Stadt waren – da sie mich bisher noch nicht umgebracht hatten, würden sie es wohl auch künftig nicht tun. Grundsätzlich aber gilt: Wenn man in Sinaloa mit jemandem über das organisierte Verbrechen spricht, erhöht sich der Blutdruck. Sobald sie über ihre Erfahrungen, ihr Wissen oder auch nur über Gerüchte sprechen, beginnen die Menschen zu flüstern, zu zittern und zu weinen.
    Manche wagen nicht einmal, Chapos Namen auszusprechen, sondern benutzen einen der vielen Spitznamen, die sie ihm gegeben haben. Einige sind voller Respekt, andere weniger. Viele Leute, darunter auch Beamte, wenden sich schlicht ab, wenn man sie auf Chapo anspricht. Die Menschen in Mexiko, die unter der Geißel des organisierten Verbrechens leben, genießen keine Meinungsfreiheit. Ich habe beim Schreiben dieses Buches an sie gedacht, Namen verändert und darüber hinaus auch andere journalistische Regeln für den Umgang mit anonymen Quellen missachtet, wenn es mir angemessen erschien, weil ich Verständnis für die Ängste dieser Menschen habe.
    Zudem musste ich Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und zu meinem und ihrem Schutz oftmals meine wahren Absichten verschweigen. Es gibt Regionen in Mexiko, wo es durchaus gefährlich sein kann, mit einem offiziellen Beamten zu sprechen, zumal es kaum Gewissheit gibt, ob eine Quelle nicht mit den Narcos in Verbindung steht. Wie bereits geschrieben, wissen alle Bescheid, wenn man in Sinaloa über das organisierte Verbrechen berichtet, und nehmen an, dass man im
Auftrag der DEA oder CIA arbeitet. Man weiß in den seltensten Fällen, auf wessen Seite jemand steht. Manchmal ist es schlicht sicherer, einfach so zu tun, als erforsche man den einen oder anderen Aspekt der
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