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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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in der Familie zu verlieren, stürzte Josef in tiefe Verzweiflung. Er konnte nicht sehen, was er falsch gemacht hatte und wie er es besser machen könnte.
    Doch seiner Frau ging es nicht um ein »Alles-noch-besser-Machen«. Sie wollte einen Partner, der für sie da ist und zwar nicht nur materiell versorgend, sondern auch emotional unterstützend. Er verstand nicht, was sie sagte. »Ich bin doch da und höre dir zu? Was soll ich noch tun?«
    Narzissten reagieren auf Kritik oder Probleme der Partnerin /des Partners meist mit Abwehr, da sie sich sofort persönlich angegriffen fühlen und befürchten, sie seien schuld an dem Leid des anderen. Ihre Schuldgefühle können sie nur beruhigen, wenn sie schnell eine Lösung finden und der Konflikt aus der Welt geschafft wird. Das geschieht durch Herunterspielen, Rationalisieren, Rechtfertigen, Versprechungen oder Gegenangriffe. Gerade diese Haltung behindert aber oft eine Veränderung oder macht sie eventuell sogar unmöglich. Denn häufig liegt der Wandel nicht unbedingt im Tun, sondern im Verstehen. Und es sollte auch nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern um Verantwortung und um den gemeinsamen Wunsch, den Kontakt weniger konfliktreich zu gestalten. Dazu müssen beide Partner ihren eigenen Anteil erkennen, denn Beziehungen bestehen immer aus mindestens zwei Personen.
    Im Fall von Josef wäre es sehr ratsam, wenn seine Frau mit in die Behandlung käme, zumindest für einige Sitzungen. Das gäbe dem Paar die Chance, sich beide Sichtweisen ohne Stress, das heißt ohne Schuldzuweisungen und Vorwürfe, anzuhören. Jede Kommunikation transportiert nicht nur einen sachlichen Inhalt, sondern auch einen emotionalen. In Konfliktsituationen, in denen sich beide Ebenen vermischen, kann ein neutraler Dritter, in diesem Fall die Therapeutin, helfen, Kommunikationsstörungen zu entwirren. Wer aus einem Wunsch des anderen sogleich einen Vorwurf hört, kann ihn nicht akzeptierend aufnehmen. Und wer seinen Wunsch als Vorwurf formuliert, wird lange auf seine Erfüllung warten.
    Die narzisstische Dynamik von Klienten zeigt sich meist in einer Ambivalenz dem Therapeuten gegenüber. Auf der einen Seite meinen sie, alles besser zu wissen und allein lösen zu können, auf der anderen Seite haben sie hohe Erwartungen und Ansprüche an die Therapie. Wenn sie sich schon in Behandlung begeben, dann soll der andere »mal machen«, denn der ist ja der Experte/die Expertin. Das ist für uns Therapeuten oft eine Wackelpartie, weil wir nicht beides zugleich erfüllen können. Nehmen wir ihnen zu viel ab, werden sie sich bevormundet fühlen, verlangen wir zu viel Eigenverantwortung, frustrieren wir den Wunsch nach Unterstützung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Klienten gekränkt und enttäuscht reagieren, ist hoch. Aufgrund von Kränkungen beginnen sie die Therapie erst gar nicht oder sie gehen innerlich aus dem Kontakt. Wir merken es daran, dass sie zwar so tun, als ließen sie sich ein, aber im Grunde wehren sie sich innerlich und boykottieren die Arbeit, bis sie eines Tages – mit Recht – klagen, es gehe nichts voran. Ihren Anteil, also ihren Widerstand gegen die Therapie, sehen sie dabei nicht.
    Die Aufgabe der Therapeuten besteht nicht darin, diesen Konflikt zu lösen, sondern ihn rechtzeitig wahrzunehmen, und die Ambivalenz und mögliche Kränkungen zum Thema zu machen. Dazu bedarf es einer wohlwollenden Haltung unsererseits, die den Klienten das Gefühl gibt, verstanden und ernst genommen zu werden. Aggressive oder abwertende Angriffe der Klienten machen es manchmal schwer, dieses Wohlwollen beizubehalten. Doch wenn wir verstehen, dass dieser Mensch im Grunde in Not ist und wie er um sein Leben kämpft, gelingt es leichter.
    Die Beziehungsdimension narzisstischer Klienten reicht von Entwertung bis Idealisierung. Zumeist kommen sie in die Therapie mit einer idealisierenden Haltung uns gegenüber nach dem Motto: »Nur Sie können mir helfen. Sie sind die richtige, die einzige Therapeutin/der richtige, der einzige Therapeut.« Sie wählen mit Bedacht, wem sie sich anvertrauen. Entscheidend ist dabei der gute Ruf oder die Bekanntheit, denn sie gehen nicht zu jedem »x-Beliebigen«. Ihre Grandiosität verlangt nach »seinesgleichen«. Sie erwarten von uns Wunder und verbünden sich mit unserer grandiosen Seite. Nach dem Motto: Ich tue alles, um der beste Klient/die beste Klientin zu sein, und Sie tun alles, um die beste Therapeutin/der beste Therapeut zu sein. Jeder weiß, was er zu tun hat, um
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