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Eiszart

Eiszart

Titel: Eiszart
Autoren: Kerstin Dirks
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Anweisungen und gehorcht nur der Peitsche.«
    »Mein lieber Chik, genau das macht ihn so wertvoll für meine Forschungen.«
    »Sie suchen also jemanden, der nichts kann?«
    Beaumont lehnte sich zurück. »Ich suche jemanden wie ihn. Dies muss Ihnen als Erklärung genügen. Kommen wir ins Geschäft?«
    »Das können wir nicht hier und jetzt entscheiden. Wir möchten uns vorher beraten, wenn Sie nichts dagegen haben. Unserem Bruder fehlt es momentan an klarem Verstand. Und die Entscheidung will wohlüberlegt sein.«
    »Niemand würde Ihnen mehr zustimmen als ich. Wie viel Zeit werden Sie benötigen?«
    »Wir werden uns heute Abend zusammensetzen, sobald Ubaldos Trunkenheit verflogen ist. Morgen teilen wir Ihnen unsere Entscheidung mit.«
    »Einverstanden. Ich werde Sie aufsuchen.« Beaumont nickte zufrieden. Zwar war das Verhandlungsgespräch nicht so verlaufen, wie er es erwartet hatte, doch zumindest hatte er seinen Standpunkt deutlich machen können, und es gab eine reelle Chance, dass sie auf seinen Vorschlag eingehen würden.
    »Gut, dann gehen wir nun. Herzlichen Dank für die freundliche Einladung.« Maryo und Chik erhoben sich, griffen Ubaldo unter die Arme und halfen ihm auf. Der Dickwanst torkelte voran und zog aufgrund seines Gewichts die anderen beiden hinter sich her. Das Trio gab einen köstlichen Anblick ab, fand Beaumont. Giffard schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Beaumont, du bist von allen guten Geistern verlassen«, sagte er, nachdem die Gaukler die Taverne verlassen hatten.
    Beaumont legte einige Taler auf den Tisch. »Wie kommst du darauf?«
    »Offenbar hast du dir keine Gedanken über dein ach so großartiges Vorhaben gemacht. Woher das Geld nehmen, um den Wilden freizukaufen?«
    Beaumonts Züge wurden ernst. »Ich habe Ersparnisse, die ich eigentlich in die Errichtung einer Schule stecken wollte.«
    »Du ruinierst dich selbst. Ich hoffe, dass ist dir klar? Und wo willst du den Wolfsmenschen unterbringen? Etwa in deinem Haus? Ich prophezeie dir, nach nur wenigen Tagen wirst du dein Heim nicht wiedererkennen!«
    »Sieh nicht immer so schwarz, Giffard. Er kann im Gästezimmer wohnen.«
    »Und was wird Lorraine sagen, wenn plötzlich ein fremder Mann bei euch wohnt? Noch dazu ein solches Exemplar, bei dessen Anblick einem Angst und Bange wird. Kein schöner Umgang für ein Mädchen in ihrem Alter.«
    »Lass das meine Sorge sein, Giffard. Sie ist mit ihren achtzehn Jahren mitunter noch etwas naiv, aber sie wird es bestimmt verstehen.«
    Der Winzer hob die Schultern. »Du musst wissen, was du tust. Vergiss trotzdem nicht, dass es sich auf deine Arbeit nachteilig auswirken wird. Niemand geht freiwillig zu einem Arzt, der sich ein wildes Tier im Hause hält.«
    »Ich bin der einzige Arzt in Gagnion. Sie werden es vorziehen, zu mir zu kommen, anstatt sich auf den langen Weg nach Paris zu machen.«
    2. KAPITEL
    Das Läuten der Türglocke schreckte Lorraine auf. Eilig stieg sie aus dem Badezuber, hüllte sich in ein großes Stofftuch und schob vorsichtig den Vorhang zur Seite, um aus dem Fenster zu spähen. Ihr Herz pochte heftig, als sie Etienne Poméroy, den Sohn des Apothekers, im Vorgarten entdeckte. Er hatte angekündigt, heute Medikamente zu liefern. Dass er allerdings so früh vor ihrer Tür stehen würde, hatte sie nicht erwartet.
    Lorraine öffnete leise das Fenster, vergewisserte sich, dass kein neugieriger Nachbar zu sehen war, und schaute vorsichtig heraus.
    »Bonjour, Etienne. Vater ist nicht da. Warte einen Augenblick, ich komme sofort«, rief sie ihm zu.
    »Lorraine!«, erwiderte Etienne und winkte. Sein strahlendes Lächeln ließ sie förmlich dahinschmelzen. Er war ein gut aussehender Mann! In seinem marineblauen Rock machte er eine hervorragende Figur, und die Zopfperücke stand ihm gut zu Gesicht. Außerdem besaß er Charme und Witz. Auch war er eine gute Partie. Eines Tages würde er die kleine Apotheke seines Vaters am Ende der Straße übernehmen.
    Lorraine rannte aus dem Bad, hielt jedoch vor der Haustür inne. Sie hatte sich sehr auf ihr Wiedersehen gefreut. Nun, da es unmittelbar bevorstand, hatte sie plötzlich Angst, er könne schlecht von ihr denken. Schon längere Zeit hatte er versucht, sie zu berühren, doch Lorraine hatte ihn stets zurückgewiesen. Bis auf das letzte Mal im Wald, als sie sich an den kleinen See gesetzt hatten. Er hatte sie geküsst und dann Dinge mit ihr angestellt, die sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht ausgemalt hatte. Sie
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