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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht
Autoren: Sandra Brown
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- oder jemand anderes - hat ihm das Herz gebrochen. Vielleicht fühlt er sich irgendwann sicher genug, um es zu erzählen. Er hat mir versprochen, dass wir in Verbindung bleiben.«
    »Ich bin sicher, er weiß, was für einen Freund er in dir hat.«
    »Er ist ein guter Junge.«
    Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Du weißt bestimmt schon, dass sich William Ritt in allen Punkten schuldig bekannt hat.«
    Tierneys Lippen schnurrten zu einer dünnen Linie zusammen. »Fünfmal lebenslänglich. Das ist immer noch zu gut für ihn.«
    »Da kann ich dir nur zustimmen.«
    »Wenigstens hat er den Steuerzahlern die Kosten für ein langwieriges Verfahren erspart.«
    »Er war nie wirklich beliebt«, sagte sie. »Bei niemandem. Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass er umso abstoßender wurde, je jovialer er sich gab. Jetzt hat sich sogar seine Schwester von ihm abgewandt. Ich kenne Marilee nicht besonders gut, aber sie kam mir immer nett vor. Kannst du dir ausmalen, wie sie sich schämen muss? Ich habe ihr eine tröstende Karte geschickt, aber die kam ungeöffnet zurück.«
    »Wie ich gehört habe, ist sie aus Cleary weggezogen und hat keine Nachsendeadresse hinterlassen. Wahrscheinlich ist es so am besten«, sagte er.
    »Wahrscheinlich.«
    Nachdem dieses Thema abgeschlossen war, wurde es still. Sie spürte, wie er sie ansah. Trotzdem hielt sie den Blick eisern auf den Poststapel auf ihrem Schreibtisch gerichtet. Sie hatte sich nicht darauf konzentrieren können, weil sie gewusst hatte dass er heute kommen würde. Schließlich ertrug sie das gespannte Schweigen nicht länger und sah ihn an. »Lilly, ich habe dich nicht früher angerufen, weil…«
    »Du brauchst mir nichts zu erklären.«
    »Du hast aber eine Erklärung verdient.« Sie stand auf und ging ans Fenster. Der schlimmste Sturm der letzten hundert Jahre hatte das Ende des Winters gebracht. Inzwischen war der Frühling eingekehrt, schon bald rückte der Sommer näher. Zwanzig Stockwerke unter ihr badeten die Straßen von Atlanta in der Wärme eines sonnigen Nachmittags.
    »Du hast das Krankenhaus gewechselt, Tierney. Du hast das FBI-Büro in Charlotte angewiesen, niemandem, mich eingeschlossen, zu verraten, wie man dich erreichen konnte. Ich habe verstanden.«
    »Offenbar nicht. Es war nicht so, dass ich dich nicht sehen wollte.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Was war es dann?«
    »Du musstest Dutch beerdigen«, sagte er. »Und ich musste Torrie exhumieren lassen.«
    Lillys Ärger verrauchte abrupt. Sie drehte sich zu ihm um. »Entschuldige. Ich habe dir noch gar nicht gesagt, wie leid mir das mit ihr tut.«
    »Danke. Dass ich herausgefunden habe, was ihr zugestoßen ist, war gleichzeitig eine Erleichterung und ein Abschied. Gut auf der einen Seite. Grauenvoll auf der anderen.«
    Fast wäre sie zu ihm gegangen, aber dann besann sie sich. »Ich würde gern mehr über Torrie erfahren. Wenn du darüber sprechen möchtest.«
    »Es ist keine schöne Geschichte, aber du solltest sie hören.« Sie bedeutete ihm weiterzusprechen. Er atmete tief durch. »Als Torrie wenige Monate alt war, trat ich eine ausgedehnte Reise quer durch Afrika an. Ich hatte einen Vertrag abgeschlossen, für ein Reisemagazin den ganzen Kontinent abzudecken. Was eigentlich ein paar Wochen dauern sollte, dehnte sich zu mehreren Monaten aus. Vielen Monaten. Ich verpasste Thanksgiving. Weihnachten. So vieles.
    Während ich weg war, lernte Paula - Torries Mutter - einen anderen Mann kennen und lieben. Als ich endlich heimkehrte, haute sie mir die Scheidungspapiere um die Ohren, bevor ich auch nur ausgepackt hatte. Paula und ihr zukünftiger Ehemann wollten, dass ich meine väterlichen Rechte an Torrie an ihn abtrat, da er mehr Zeit mit ihr verbracht hatte als ich.
    Damals redete ich mir ein, dass es nur richtig und anständig sei zuzustimmen. Lambert liebte Paula. Und er behandelte Torrie wie seine eigene Tochter. Ich bildete mir ein, es wäre besser für Torrie, wenn ich einfach meinen Hut nehmen und die drei ihr Leben leben lassen würde, ohne mich weiter einzumischen.«
    »Damals«, sagte Lilly leise. »Das ist eine entscheidende Einschränkung.«
    »Genau.« Er stand auf und trat an die Wand, an der eingerahmt einige der wichtigsten Ausgaben ihrer Zeitschrift hingen. Er betrachtete ein Cover nach dem anderen, aber Lilly glaubte nicht, dass er wirklich die Schlagzeilen las oder die Fotos betrachtete.
    »Sie hielten mich keineswegs davon ab, sie zu sehen. Im Gegenteil, sie ermunterten mich dazu. Aber die
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