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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche
Autoren: McCall Dinah
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hatte sich große Mühe gegeben, die baldige Identifizierung der Leiche zu verhindern. Bei dem Toten fehlten die Personalpapiere, das ganze Gepäck war aus dem Hotel geholt worden und das Zimmer gekündigt, wodurch der Eindruck entstand, dass der Gast abgereist war.
    Aber warum?
    Butoli steckte sein Notizbuch in die Jackentasche und reichte dem Manager seine Visitenkarte.
    „Sagen Sie Ihrer Angestellten, wir sind dankbar für ihre Hilfe. Falls ihr noch etwas einfällt, das uns helfen könnte, den Mörder von Mr. Walton zu fassen, soll sie uns bitte anrufen.“
    Der Geschäftsführer gab die Botschaft weiter.
    Das Zimmermädchen sandte den anwesenden Männern einen entsetzten Blick zu, drehte sich auf dem Absatz herum und rannte zur Tür hinaus.
    Butoli schüttelte den Kopf. „Wovor hat sie solche Angst?“
    Der Manager gab sich keine Mühe, sein Schnauben zu unterdrücken. „Dass sie zurückgeschickt wird, natürlich.“
    „Wohin zurück?“ fragte Butoli.
    „Nach Russland.“
    Marshalls Blick wurde schärfer. „Was? Beschäftigen Sie Illegale? Das ist verboten. Sie müssen die Leute melden bei …“
    „Danke für Ihre Mitarbeit“, sagte Butoli, packte seinen Partner beim Arm und zerrte ihn aus dem Büro.
    „Was soll das? Was machen Sie da?“ protestierte Marshall.
    Butoli holte tief Luft und zählte im Geist bis zehn, bevor er sich eine einigermaßen sachliche Antwort zutraute.
    „Marshall, tun Sie mir einen Gefallen und halten Sie ausnahmsweise Ihr dämliches Maul.“ Damit wandte er sich um und steuerte auf den Hoteleingang zu.
    Larry Marshalls Gesicht verfärbte sich dunkelrot, aber er kam hinter ihm her nach draußen. „Leute wie Sie gefährden das System.“
    „Mag sein“, brummte Butoli. „Aber Leute wie Sie sind dafür verantwortlich, dass es ein solches System überhaupt gibt. Meine Güte! Wir versuchen mit allen Mitteln, diese Menschen zu überreden, dass sie uns helfen, einen Mörder zu finden, und Sie drohen mit der Einwanderungsbehörde! Was zum Teufel haben Sie sich bloß dabei gedacht?“
    Er warf die Hände in die Luft und marschierte zum Wagen.
    Marshall folgte ihm und stieg ein. Er ließ den Motor an.
    „Wohin?“ fragte er.
    Butoli hatte ein finsteres Gesicht aufgesetzt. „Zurück in die Zentrale. Wir haben einen Namen für die Leiche und eine Kreditkartennummer. Das reicht, um die nächsten Angehörigen ausfindig zu machen.“
    „Aber glauben Sie nicht, wir sollten …“
    Der Ausdruck in Butolis Gesicht genügte, damit Marshall nicht weitersprach. Er fädelte sich in den Verkehr ein und bog an der nächsten Straßenkreuzung rechts ab.
    Isabella reichte dem Paar, das sich eben angemeldet hatte, den Zimmerschlüssel. In den vielen Jahren, seit ihr Vater und Onkel David die
White Mountain Fertility Clinic
gegründet hatten, war sie solchen Paaren zu Hunderten begegnet. Ihre Sehnsucht nach einem eigenen Kind war so groß, dass sie bereit waren, alles nur Erdenkliche über sich ergehen zu lassen, damit ihr Wunsch in Erfüllung ging.
    „Rechts neben dem Treppenhaus ist der Aufzug“, erklärte sie.
    „Wir nehmen die Treppe“, sagte die Frau. „Bewegung ist gut für mich.“
    Isabella lächelte. „Brauchen Sie Hilfe bei Ihrem Gepäck?“
    Der Mann schüttelte den Kopf. „Nein. Wir haben nur diese beiden Taschen. Das schaffen wir allein. Ach … um welche Zeit öffnet die Küche? Wir haben morgen früh einen Termin in der Stadt und möchten nicht zu spät kommen.“
    „Das Frühstück wird ab sechs Uhr serviert. Wenn Sie ein Taxi nach Braden brauchen, müssen Sie es telefonisch vorbestellen und eine Wartezeit von fünfzehn bis zwanzig Minuten einrechnen.“
    Die beiden nickten und gingen Seite an Seite die Treppe hinauf, die Köpfe einander zugeneigt, während sie leise miteinander sprachen.
    Isabella spürte schmerzlich die Traurigkeit des Paares, die sich in ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Körperhaltung ausdrückte. Es musste entsetzlich sein, wenn man sich verzweifelt nach einem Kind sehnte und keins bekommen konnte. Noch schlimmer war das Schicksal von Kindern, die geboren und verstoßen wurden. Wie sinnlos das alles war.
    Warum schenkte Gott nicht einfach den Menschen Kinder, die auch welche haben wollten, und ließ solche Paare unfruchtbar, die als Eltern nichts taugten? Sie wusste, ihre Gedanken waren müßig. Nichts im Leben war fair. Sie dachte an ihren Vater und an seinen plötzlichen Tod. Nicht nur seine Familie war allein zurückgeblieben; er hinterließ auch
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