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Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung
Autoren: Linda Howard
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Verdammt, es regnete; sie würde also in jedem Fall nass werden. Wie sollte ein bisschen Schweiß da noch großen Schaden anrichten? Sie stand wohl noch immer leicht unter Schock, war verwirrt, aber ihr Gehirn gehorchte ihr wieder, die Übelkeit hatte nachgelassen. Sie musste nur ein bisschen schneller funktionieren, denn sie rechnete jeden Moment damit, dass einer der beiden die Treppe heraufkam, um nach ihr zu schauen.
    Sie nahm jedes verfügbare Kleidungsstück aus dem Wandschrank sowie aus der Kommode und warf alles aufs Bett. Bevor sie aus dem Fenster stieg, musste sie so viele Klamotten wie nur irgend möglich anziehen. Ihr großer, schwerer, wasserdichter Mantel und die Stiefel befanden sich unten; ihre einzige Chance, den eiskalten Regen zu überstehen, war also, möglichst lang trocken zu bleiben, und das bedeutete zig Schichten – eine über der anderen.
    Hastig streifte sie ihre Schuhe ab, zog dann Jeans und Sweatshirt aus und fing an, die dünneren Sachen zuerst anzuziehen. Sie hatte Thermounterwäsche gekauft, die kam nun als Erstes, gefolgt von zig T-Shirts – die enger anliegenden zuerst und zum Schluss die weiter geschnittenen. Ein Flanellhemd, das sie gern trug, wenn sie es sich gemütlich machte, legte sie beiseite, um es sich um den Kopf zu binden. Außerdem waren nun noch ein alter Pulli sowie das Sweatshirt vorhanden, das sie angehabt hatte. Doch bevor sie sich die weiten Klamotten überstreifte, hielt sie inne, um ein weiteres Paar Socken anzuziehen.
    Lollys Schuhe waren nicht wasserdicht. Sie würde also nasse Füße bekommen, da war nichts zu machen. Die einzige Frage war, ob sie es den Berg hinunterschaffte, bevor sie an Unterkühlung starb. Sobald ihr das gelungen war, konnte sie sich noch immer Sorgen machen, ob sie ihre Füße aufgrund von Erfrierungen verlieren würde.
    Dann kam ihr plötzlich eine Idee, und sie hievte so leise wie möglich ihren Koffer aus dem Wandschrank. Sie hatte einen Tiegel Vaseline mitgebracht, die sie zum Abschminken der Wimperntusche verwendete. Da sie sich seit ihrer Ankunft nicht die Mühe gemacht hatte, Make-up aufzulegen, hatte sie die Vaseline noch nicht aus dem Koffer genommen. Gott sei Dank nicht, denn sonst wäre sie jetzt im Bad bei ihren anderen Toilettenartikeln.
    Vaseline war doch wasserdicht, oder nicht? Zumindest war sie wasserabweisend, und das war genau das, was sie brauchte. Die Kälte würde das Zeug zwar nicht abhalten, aber vielleicht die Feuchtigkeit für eine Weile.
    Lolly zog die Socken aus und versah ihre Füße mit einer Vaselineschicht, vor allem die Zehen, dann zog sie sie wieder an – und ein weiteres Paar darüber. Mehr als zwei Paar Socken hatten keinen Sinn, denn sie musste ihre Füße ja noch in die Schuhe hineinzwängen.
    Als Nächstes kamen ihre Jeans, dann ihre alten Jogginghosen. Sobald sie ihre Hose anhatte, schmierte sie auch ihre Socken mit Vaseline ein, dann zog sie ihre Schuhe an und gab den Rest der Salbe aufs Leder. Wasserdichter konnte sie ihre Füße nicht verpacken. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, würden die zig Schichten ja ihren Zweck erfüllen. Nachdem sie sich noch zwei Sweatshirts übergezogen hatte, kam sie sich wie das Michelin-Männchen vor, aber bereit war sie.
    Lolly schlich auf Zehenspitzen zur Tür, drückte ihr Ohr ans Holz und lauschte mit angehaltenem Atem. Die Eindringlinge schienen sich direkt am Fuß der Treppe aufzuhalten, aber da sie jahrelang in dem Haus gewohnt hatte, wusste sie, dass Geräusche vom Wohnzimmer auf der einen Seite wie auch vom Esszimmer auf der anderen Seite gleichermaßen heraufschallten, schließlich hatte sie als junges Mädchen oft gelauscht, wenn unten eine Party gefeiert wurde.
    Der Streit der beiden hatte nicht lange angedauert. Die Stimmen waren jetzt leiser, und das gelegentliche Gelächter ließ es Lolly kalt über den Rücken laufen. Sie hatte kaum Hoffnung, dass sie bis zum nächsten Morgen überleben würde. Niki plante, mit ihr am kommenden Morgen zur Bank zu fahren, um Geld abzuheben, aber dieser Plan war sicher nicht von Dauer. Einer der beiden würde zu Verstand kommen und kapieren, dass das nicht klappen konnte – oder sie würden feststellen, dass sie im Eis festsaßen. Ihnen würden die Nerven durchgehen, und Lolly würde tot sein, noch bevor der Morgen anbrach.
    Die Stimmen und das Gelächter hörten jäh auf. Lolly spitzte die Ohren, und einen Augenblick später hörte sie Gekeuche und Stöhnen. Ihr drehte sich der Magen um, aber jetzt war der
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