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Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung
Autoren: Linda Howard
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stieg er aus und fütterte die altmodische Parkuhr mit ausreichend vielen Münzen für zwei Stunden. So lange würde er wohl nicht brauchen, aber er wollte auf der sicheren Seite sein, denn es wäre für den Sohn des Sheriffs absolut peinlich, an seinem ersten Tag zu Hause vor dem Gerichtsgebäude gleich einen Strafzettel zu kassieren – nicht so sehr für ihn als vielmehr für seinen Vater. Seinem Vater eine derartige Peinlichkeit zu ersparen war ihm ein paar Vierteldollarmünzen wert.
    Der Sprühregen blies ihm ins Gesicht; der letzte Wetterbericht, den er abgefragt hatte, sagte für später am Abend, wenn die Temperaturen zurückgingen, Schnee vorher. Gabriel zog den Kopf wegen des Windes ein und sprintete die Stufen zum Gerichtsgebäude hinauf, öffnete die Glastür und nahm dann die Treppe rechts ins Basement hinunter. Das Büro des Sheriffs befand sich noch immer im Tiefgeschoss des Gerichtsgebäudes, während das Gefängnis im obersten Stockwerk untergebracht war – eine Verteilung, die verdammt unbequem war; aber so war es schon immer gewesen, und er nahm an, dass es auch nach dem Tod seines Vaters noch so sein würde.
    Gabriel klopfte an die erste Tür links. Sie gab ein Areal mit vier Schreibtischen – an dreien davon saßen arbeitseifrige Frauen – frei. Weiter hinten befand sich eine Tür, auf der HARLAN MCQUEEN, SHERIFF geschrieben stand. Die Schrift war fast dreißig Jahre zuvor angefertigt worden, und an einigen Stellen waren die Buchstaben nicht mehr lesbar, aber Gabriel wusste, dass sein Vater sich mit dem Gedanken trug, in Pension zu gehen. Das tat er schon seit fünf oder zehn Jahren, und da er nun mal ein knauseriger Mainer war, machte es für ihn keinen Sinn, den Schriftzug an der Tür noch in Ordnung bringen zu lassen.
    Die drei Frauen schauten hoch als Gabriel eintrat, und ihre Gesichter verzogen sich auf der Stelle zu einem Lächeln. Sie sprangen mit mädchenhaftem Gekreische auf, bedachte man, dass die jüngste gut fünfzehn Jahre älter war als er, und stürzten auf ihn zu; man hätte meinen können, er habe diese Frauen seit Jahren nicht mehr gesehen und nicht nur seit zwei Monaten. Gabriel schaffte es nicht, sie alle auf einmal zu umarmen; er war ein großer Kerl, aber drei Frauen waren für jeden Mann viel, vor allem wenn eine von ihnen üppig gebaut war.
    Judith Fournier und Evelyn Thomas trugen die braunen Uniformen, wie sie im Büro des Sheriffs Vorschrift waren. Die beiden waren Geschwister und ähnelten sich so sehr, dass man sie kaum auseinanderhalten konnte, wenn sie ihre Haare hinten fest zusammengebunden hatten, wie es von ihnen erwartet wurde. Patsy Hutt, die Königin des Vorzimmers, war weich und rund und hatte schneeweißes Haar. An diesem Tag trug sie Stiefel mit dicken Sohlen, Jeans und einen Wollpulli mit aufgestickten Schneeflocken. Sie sah wie die gütigste Frau auf Erden aus, aber Gabriel erinnerte sich noch sehr gut, dass sie ihm einmal den Hintern versohlt hatte, als er etwa sieben war und sich total wichtig genommen hatte, weil sein Dad der Sheriff war.
    Gemeinsam kontrollierten die drei Frauen das Vorzimmer und den Zutritt zum Sheriff – sie wussten einfach alles über jeden in diesem County.
    »Es wurde aber auch Zeit, dass Sie endlich hier eintreffen«, schalt ihn Patsy. »Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, weil Sie ja mit dem Auto unterwegs waren und mitten in dieses Unwetter hätten hineingeraten sein können.«
    »Unwetter?« Gabriel ging in Alarmbereitschaft, sein Adrenalinpegel stieg. »Ich habe mir die Wettervorhersage angesehen, bevor ich losgefahren bin; der Regen sollte heute Abend in Schnee übergehen, aber das war’s auch schon.«
    Das war der Stand am Morgen in einem Motel in Pennsylvania gewesen. Bevor er North Carolina verließ, hatte er bei seinem Ford noch die Winterreifen aufgezogen, denn Winter in Maine bedeutete Schnee. Das wusste jedes Kind. Nachdem er losgefahren war, hatte er allerdings Radio XM gehört, und deshalb war er über die aktuelle Wettervorhersage nicht informiert.
    Patsys Sorge war jedoch nicht von der Hand zu weisen. Die Leute in Maine waren Winterwetter gewohnt und wussten, wie sie damit umzugehen hatten. Weckte ein bevorstehendes Unwetter ihre Aufmerksamkeit, musste es also schon schwerwiegend sein – und das wiederum sagte ihm viel über das Gefahrenpotenzial.
    Bevor Patsy noch antworten konnte, ging die Tür hinter ihnen auf, und alle vier schauten sich um.
    »Gabe«, sagte sein Vater. Sein zerfurchtes Gesicht ließ
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