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EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

Titel: EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller
Autoren: Astrid Korten
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entweder sie oder ihre Mutter beschimpfte. Manchmal war es die Gabel, die nicht ordentlich ausgerichtet neben dem Teller lag, oder Katharinas Messer, das zu laut über das Porzellan schabte. Bei seinen Ausbrüchen starrte sie in der Regel auf ihren Teller und wartete, bis er sich beruhigt hatte. Seine Wutausbrüche waren allgemein bekannt. Die Leute im Dorf redeten über ihn.
    Bevor Ben in ihr Leben getreten war, hatten häufig Nachbarinnen oder Freundinnen abends in der Küche gesessen und so lange mit ihrer Mutter geplaudert, bis der Zigarettenqualm in jedem Winkel der Küche hing. Manchmal war Katharina von dem schallenden Gelächter der Frauen aufgewacht und schlaftrunken und neugierig in die Küche gewankt, wo ihre Mutter sie gut gelaunt auf den Schoß genommen und fest an sich gedrückt hatte. Doch das war vorbei, seitdem Ben eine der Freundinnen eines Abends lautstark aus der Wohnung geworfen hatte, die Treppe hinunter, so dass es krachte und polterte.
    ***
    Da war sie wieder, seine kleine Katharina. Wie hübsch ihre langen blonden Haare doch sind, dachte Jakob. Obwohl sie erst zehn war, hatte er schon oft gesehen, wie aufgeweckt sie war und wie liebevoll sie mit anderen Kindern und Erwachsenen aus dem Dorf umging. Das mochte er besonders an ihr.
    Heute jedoch schien sie in dumpfes Brüten versunken zu sein. Er hatte sie schon häufig hinter dem ausgedehnten, dichten Gebüsch am Rand des Wäldchens beobachtet, wenn sie dort mit ihrem abgenutzten Teddy auf der Bank saß. Morgen würde er eine zarte Porzellanpuppe kaufen und sie so unter die Bank legen, dass sie sie finden musste.
    Wenn sie sie dann an sich drückt, wird sie mich umarmen, dachte er und seufzte. Wie gern würde er jetzt ihren Duft aufnehmen, diesen Engelsduft, der wie das Licht war, um das eine Motte immer und immer wieder kreisen musste. Er wusste, er würde sie genauso umkreisen, bis er sich mit ihr vereinigte, mit ihrem Licht und später mit ihrem Fleisch.
    ***
    Die Kirchturmuhr schlug laut und vernehmlich zwölf. Katharina rannte über den Kirchplatz an der Alten vorbei nach Hause. Vielleicht ist das Baby schon da, dachte sie. Aber vorher wollte sie unbedingt nach den Vögeln schauen, das hatte sie am Morgen in der Eile ganz vergessen.
    Die Wohnung ihrer Mutter lag im dritten Stock eines alten Hauses. Aufgeregt rannte sie die knarrenden Stufen hinauf. Im Treppenhaus roch es nach Bohnerwachs. Sie öffnete die Eingangstür, warf achtlos ihre Schultasche auf den Fußboden und stürmte durch den schmalen Korridor in die Küche, ohne die Wohnungstür hinter sich zu schließen.
    Außer Atem blieb sie vor dem Fenster stehen und blickte zu dem Vogelnest, das man vom Küchenfenster aus im Baum sehen konnte. Ob schon weitere Vögel aus den Eiern geschlüpft waren? Vor einigen Tagen hatte sie das Vogelpaar entdeckt, das im Geäst brütete, und seit gestern waren sie da: vier winzige Vögel, die ihre weit geöffneten Schnäbel über den Nestrand streckten.
    „Warum bist du nicht bei den Großeltern geblieben, so wie wir es heute früh besprochen hatten?“, erklang es plötzlich hinter ihr. Katharina drehte sich um und sah Frau Brendel, die gerade die Küche betreten hatte. Katharina errötete und zeigte mit dem Finger auf das Vogelnest.
    „Sehen Sie doch mal, Frau Brendel, das Nest ist viel zu klein. Die Vogelfamilie muss auch umziehen. Genau wie wir.“
    „Vögel ziehen nicht um. Sie verlassen ihr Nest erst, wenn die Jungen kräftig genug sind“, erwiderte die Hebamme energisch. Sie nahm einen Topf mit heißem Wasser von der Herdplatte und goss den dampfenden Inhalt in eine Schüssel.
    „Ist das Baby noch immer nicht da?“
    Die kräftige Frau drehte sich abrupt um. „Nein, aber bald.“
    „Darf ich Mama sehen?“
    „Jetzt nicht. Später vielleicht.“
    „Wann?“
    „Kind, setz dich hin und lass mich meine Arbeit machen.“ Sie war sichtlich angespannt.
    Katharina setzte sich an den Küchentisch, nahm einen Zeichenblock und ihre Federmappe aus der Schultasche und begann zu zeichnen. Während sie ein Bild für das Baby malte, fielen ihr die Worte der Alten aus dem Traum wieder ein: Hüte dich vor Jakob!
    Später hörte sie Schreie aus dem Schlafzimmer. Sie stand in der Küchentür, weiter traute sie sich nicht zu gehen. Mit beiden Händen hielt sie sich die Ohren zu und zitterte am ganzen Körper. Philomena Brendel hatte vor zehn Minuten Dr. Corelli angerufen. Und als er endlich gekommen war, war er an Katharina vorbeigestürmt, ohne sie zu
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