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EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

Titel: EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller
Autoren: Astrid Korten
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entkleidete er Julia, bevor er sich selbst auszog. Er hatte inzwischen den Kamin angezündet und erregt das erste Knistern des Feuers abgewartet. Mit seinem Zeigefinger strich er behutsam über ihre Haut, so zart wie mit einer Feder.
    Julia ließ sich widerstandslos zu Boden gleiten, damit er seine Macht ausüben konnte. Er zitterte vor Erregung. Gleich würde sie diese dunklen, gurrenden Laute aus der Hölle der Leidenschaft ausstoßen, begleitet von hechelnden, gellenden Schreien der Lust.
    Er spürte, wie die Wellen kamen und ihn wegspülten. Verkrampft hielt er die Luft an, bis er glaubte zu zerplatzen. Er spie den Atem aus; die animalische Intimität dieses Röchelns beruhigte ihn. Jakob blickte sich suchend um, dann entdeckte er den Nagellack und nahm ihn vom Kaminsims. Julia hielt den Atem an, als er den Pinsel über ihre Fingernägel gleiten ließ. Ihre Hände waren schlaff; er musste sie immer wieder festhalten, damit ihm ihre Finger nicht entglitten.
    „Bist du nervös?“, fragte er leise.
    Sie schloss die Augen.
    „Ich hoffe, du weißt, was ich von dir erwarte! Ich möchte, dass du mir zuhörst, wenn ich dir vorlese“, murmelte er.
    Ihre Augenlider zuckten.
    „Gut“, sagte er und betrachtete das Flammenspiel im Kamin. Zwischen dem knisternden Buchenholz stieg das Gesicht seiner Mutter auf. Er schlug ein Kapitel des Gedichtbands auf und las mit leiser Stimme: „Liebste Mutter! O könnt ich so mit einmal mein Innerstes auftun vor Ihnen! Es ist kein lebendiger Laut in Ihrer Seele, wozu die meinige nicht auch mit einstimmte … es ist etwas zwischen Ihnen und mir, das unsre Seelen trennt. Vielleicht der Tod?“
    O Wunder Sprache, dachte er. Die Sprache Hölderlins war die manisch-depressive Äußerung eines Gejagten, Sprachgeräusche aus dem Jenseits. Wie sehr fühlte er sich dem Dichter verbunden, dessen Dasein ein exemplarisches Straucheln war: Rasen, Wandern, Flüchten, Hetzen, Stoßseufzen, ein ganzes Leben in einer Zwangsjacke.
    Jakob legte das Buch beiseite. Seine Blicke brannten sich in Julias Fleisch. Er umschloss ihre Taille mit beiden Händen und hielt sie fest. Dann beugte er sich vor und leckte ihre Brüste. Er biss zu und sah den Schmerz in den aufgerissenen Augen. Nein, Schmerzen kann sie nicht empfinden, dachte er . In ihren Augen stand vielmehr blankes Entsetzen. Sein Blick wanderte zurück zu den Abdrücken seiner Zähne auf ihrer blassen Haut. Es war noch kein Blut zu sehen, sein Biss war sanft gewesen. Erst lecken, dann beißen, aber jetzt ein wenig fester. Dann kamen die Tränen, nur wenige, ein stiller Protest. Er labte sich an ihrem Salz. Ein Teil von ihm wollte nicht aufhören, Julias Schönheit zu bewundern, doch ein anderer, entscheidenderer Teil liebte die Wahrheit, und die war hässlich. Eine Begierde, dunkel und mächtig, erfasste ihn wie eine Welle: Strafe, Rache.
    Er ging zu dem Stahlschrank, öffnete eine Schublade und nahm Manschetten und ein Skalpell heraus. Er legte Julia die Manschetten um die Handgelenke und befestigte sie an beiden Seiten des Kopfteils, so dass sie mit ausgebreiteten Armen vor ihm lag.
    Er ging zum Fußteil, umfasste ihre Beine und zog sie so weit nach unten, dass sich die Seile an den oberen Manschetten straff spannen. Er fesselte die Fußknöchel und verknotete die Seile unter der Pritsche.
    Julias Beine waren jetzt weit gespreizt. Er kehrte zum Kopfende zurück, ohne den Blick von ihrem Körper abzuwenden. Plötzlich, ohne Ankündigung, schlug er erbarmungslos auf sie ein, immer wieder und wieder, bis jeder Knochen gebrochen zu sein schien.
    Dann umarmte er sie ein letztes Mal.
    Und während Julia ihr Leben aushauchte, fühlte Jakob den Zorn in sich verrauchen, denn sie hatte mit letzter Kraft die Worte geflüstert: „Nur du bist mein Prinz.“
    Mit einer Hand zog er ihren Kopf an den Haaren hoch, mit der anderen hielt er das Skalpell. Machtgier durchströmte ihn warm und schwer wie dunkler Wein. Julias Gesicht war Furcht und Grauen, ein Schmerzensbündel aus blutigem Fleisch. Ihre Augen waren geschlossen, kein Zucken hinter den Lidern.
    ***
    In den frühen Morgenstunden schaute er auf seine Uhr. Es war schon kurz nach vier. Ein letztes Mal schmiegte er seine Wange an Julias und seufzte. Er musste sich beeilen und wieder nach Freising zurückkehren, wo um zwölf Uhr die Schulglocke das Ende des Unterrichts ankündigte. Dann verließen die Kinder die Schule, um ihren Heimweg anzutreten. Um Viertel nach zwölf würde das Mädchen namens Katharina
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