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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz
Autoren: Giles Blunt
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Cardinal, dessen Lederjacke völlig mit Blut besudelt war, seine Frau in den Armen hielt.
    Ein junger Polizist – Sanderson – hielt am Absperrband Wache.
    »Waren Sie als Erster am Tatort?«, fragte ihn Delorme.
    »Jemand aus dem Gebäude hat mich angerufen. Anonym. Er sagte, es sehe so aus, als liege hinter dem Haus eine Tote. Ich bin sofort hergekommen, habe festgestellt, dass die Frau tot war, und das Revier benachrichtigt. Die haben die Spurensicherung verständigt, und dann ist Cardinal hier aufgekreuzt. Ich hatte doch keine Ahnung, dass es seine Frau ist.« Er wirkte gequält. »Sie hatte keine Papiere bei sich. Wie hätte ich das wissen sollen?«
    »Ist schon gut«, sagte Delorme. »Sie haben das Richtige getan.«
    »Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich ihn von der Toten ferngehalten. Aber er hat es auch erst gesehen, als er direkt vor ihr stand. Werde ich jetzt Ärger bekommen, Ma’am?«
    »Beruhigen Sie sich, Sanderson, Sie kriegen schon keinen Ärger. Die Leute von der Spurensicherung und der Gerichtsmediziner werden gleich hier sein.«
    Delorme ging zu Cardinal hinüber. So übel, wie seine Frau zugerichtet war, musste sie von sehr hoch oben gestürzt sein. Cardinal hatte sie auf den Rücken gedreht und hielt sie in den Armen, als schliefe sie. Sein Gesicht war mit Blut und Tränen überströmt.
    Delorme hockte sich neben ihn. Vorsichtig befühlte sie zuerst Catherines Handgelenk, dann ihren Hals und stellte zweierlei fest: Es war kein Puls zu spüren, und der Körper war noch warm, wobei die Extremitäten schon stark abgekühlt waren.
    In der Nähe der Toten lag eine Kameratasche, deren Inhalt auf dem Asphalt verstreut war.
    »John«, sagte Delorme leise.
    Als er nicht reagierte, fuhr sie sanft fort: »John, hör zu. Ich werde dir das nur einmal sagen. Das hier bricht mir das Herz, okay? Am liebsten würde ich mich in eine Ecke verkriechen und weinen und erst wieder rauskommen, wenn mir einer sagt, dass das alles nicht wahr ist. Hörst du mich? Du hast mein tiefstes Mitgefühl. Aber wir wissen beide, was wir zu tun haben.«
    Cardinal nickte. »Ich wusste nicht, dass … Bis ich sie gesehen habe.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Delorme. »Aber du musst sie jetzt loslassen.«
    Cardinal weinte, und sie ließ ihn. Arsenault und Collingwood, die Kollegen von der Spurensicherung, kamen auf sie zu. Delorme gab ihnen ein Zeichen, sie sollten einen Augenblick warten.
    »John. Würdest du sie bitte hinlegen? Du musst sie wieder genauso hinlegen, wie du sie gefunden hast. Die Spurensicherung ist da. Der Gerichtsmediziner wird gleich eintreffen. Egal, wie das passiert ist, wir müssen die Ermittlungen vorschriftsmäßig durchführen.«
    Cardinal schob Catherine von seinen Knien und drehte sie mit sinnloser Zärtlichkeit um. Ihre linke Hand legte er über ihren Kopf. »Die Hand hat so gelegen«, sagte er. »Diese hier«, sagte er, während er den anderen Arm am Handgelenk fasste, »lag an ihrer Seite. Ihre Arme sind gebrochen, Lise.«
    »Ich weiß.« Delorme hätte ihn am liebsten berührt, ihn getröstet, zwang sich jedoch zu professioneller Selbstbeherrschung. »Komm mit mir, John. Lassen wir Arsenault und Collingwood ihre Arbeit tun, okay?«
    Cardinal stand schwankend auf. Inzwischen waren nochweitere uniformierte Polizisten am Tatort eingetroffen, und aus dem Augenwinkel sah Delorme, dass einige Leute sie von den Balkonen aus beobachteten, während sie Cardinal am Absperrband vorbei zu ihrem Wagen geleitete. Unter ihren Füßen knirschten Computerteile. Sie öffnete die Beifahrertür, und er stieg ein. Dann setzte sie sich auf den Fahrersitz und schlug die Tür zu.
    »Wo warst du, als du den Anruf erhalten hast?«, fragte Delorme.
    An Cardinals Gesicht war nicht zu erkennen, ob er irgendetwas mitbekam.
    Sah er den Krankenwagen, der mit zuckendem Blaulicht vor dem Absperrband hielt? Den Gerichtsmediziner, der mit seiner Tasche zu der Toten hinüberging? Arsenault und Collingwood in ihren weißen Papieroveralls? McLeod, der mit gesenktem Kopf vor dem Tatort auf und ab ging? Sie konnte es nicht einschätzen.
    »John, ich weiß, dass es dir schwerfällt, jetzt Fragen zu beantworten …« Das sagten sie immer. Hoffentlich begriff er, dass sie das tun musste, dass sie an die Wunde rühren musste, in der noch das Messer steckte.
    Als er schließlich sprach, war seine Stimme überraschend klar, er klang nur sehr erschöpft. »Ich war im Motel Birches, in meinem Wagen, mit dem Bürgermeister.«
    »Bürgermeister
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