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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Autoren: Nicci French
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gerichtet war und sein schiefer, erstarrter Mund aussah, als lächelte er spöttisch. Seine Haut wies eine fleckige, bläuliche Färbung auf, wie ein Schimmelkäse, den man zu lange im Warmen gelassen hatte. Karlsson musste an die hell gebleichte Jeans seiner Tochter denken, die er ihr auf ihr Drängen hin gekauft hatte. Rasch schob er den Gedanken wieder beiseite, er wollte seine Tochter nicht mit dieser Szenerie in Verbindung bringen, nicht einmal in seinen Gedanken. Als er sich ein wenig vorbeugte, sah er, dass sich auf dem Torso des Mannes eine Art Muster aus vertikalen Streifen abzeichnete. Nach den dunklen Hautverfärbungen an der Unterseite seiner Oberschenkel und Pobacken zu urteilen, wo das Blut zusammengelaufen war, musste er schon eine ganze Weile tot sein. Dafür sprach auch der Geruch, der Yvette Long, die hinter Karlsson stand, zu flachen, keuchenden Atemzügen veranlasste. Neben dem linken Fuß des Mannes, der in einem unnatürlichen Winkel und mit gespreizten Zehen nach oben ragte, standen zwei volle Tassen Tee. In seinem hellbraunen Haar steckte ein Kamm, und seine Lippen waren rot geschminkt.
    »Offensichtlich sitzt er hier schon eine ganze Weile.« Karlsson war selbst überrascht, wie ruhig seine Stimme klang. »Dass es im Raum so warm ist, hat die Sache nicht besser gemacht.«
    Yvette Long gab ein Geräusch von sich, das sich durchaus als Zustimmung deuten ließ.
    Karlsson zwang sich, die fleckige, aufgedunsene Haut des Toten genauer unter die Lupe zu nehmen. Nach ein paar Augenblicken winkte er Long zu sich.
    »Sehen Sie mal«, sagte er.
    »Was?«
    »An seiner linken Hand.«
    Der vordere Teil des Mittelfingers fehlte, etwa ab dem Knöchel.
    »Es könnte sich um eine angeborene Missbildung handeln.«
    »Für mich sieht es eher so aus, als wäre ein Stück abgeschnitten worden und die Wunde nicht richtig verheilt«, meinte Karlsson.
    Long musste erst schlucken, bevor sie etwas erwidern konnte. Sie war fest entschlossen, den Kampf gegen die Übelkeit zu gewinnen.
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie schließlich, »das ist schwer zu sagen. Es sieht in der Tat ein bisschen matschig aus, aber vielleicht ist der Grund einfach …«
    »… die ganz normale Verwesung«, führte Karlsson den Satz zu Ende.
    »Ja.«
    »Die wegen der Hitze besonders schnell fortschreitet.«
    »Den Kollegen zufolge lief der Heizstrahler auf Hochtouren, als sie eintrafen.«
    »Nach der Autopsie wissen wir mehr. Unsere Pathologen werden sich diesmal besonders beeilen müssen.«
    Karlsson schaute sich im Raum um. Sein Blick fiel auf die gesprungene Scheibe und das verrottende Holz der Fensterbank, die orangeroten Vorhänge. Auch hier gab es Dinge, die Michelle Doyce gesammelt und geordnet hatte: eine Schachtel mit zerknüllten, offenbar benutzten Papiertaschentüchern, eine Schublade voller Flaschenverschlüsse, die nach Farben sortiert waren, ein Marmeladenglas, gefüllt mit dem, was beim Nagelschneiden anfiel: lauter kleinen, gelblichen Halbmonden.
    »Lassen Sie uns nach draußen gehen«, stieß er hervor, »und mit den beiden Frauen reden. Wir können uns den Raum später noch einmal ansehen, wenn man die Leiche weggebracht hat.«
    Als sie das Haus verließen, trafen gerade die Leute von der Spurensicherung ein, die mit ihren Scheinwerfern und Kameras, ihren Gesichtsmasken und Chemikalien immer so professionell und kompetent wirkten. Karlsson empfand ein Gefühl von Erleichterung. Sie würden das Grauen entfernen und den schrecklichen Raum mit seinen Wolken von Fliegen in ein gut ausgeleuchtetes Labor verwandeln, wo aus den Dingen Daten wurden, die man klassifizieren konnte.
    »Was für ein Abgang«, stellte er fest, während er mit Yvette Long ins Freie trat.
    »Wer, zum Teufel, ist der Mann?«, entgegnete sie ratlos.
    »Damit fangen wir an.«
    Karlsson überließ es Yvette Long, mit Maggie Brennan zu sprechen, und setzte sich zu Michelle Doyce in den Wagen. Er wusste über sie nur, dass sie einundfünfzig war, erst vor Kurzem nach einer Untersuchung, die hinsichtlich ihres Geisteszustands keine eindeutigen Ergebnisse erbracht hatte, aus einer psychiatrischen Klinik entlassen worden war und seit etwa einem Monat in der Howard Street lebte, ohne dass sich die Nachbarn beschwert hatten. Maggie Brennan hatte ihr dort zum ersten Mal einen Besuch abgestattet, wobei sie lediglich für eine Kollegin eingesprungen war, die selbst aber auch nicht eher vorbeigeschaut hätte, weil sie seit Oktober krankgeschrieben war.
    »Michelle
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