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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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Daß sie nicht viele Worte darüber verlor, sah ihr ähnlich. Und daß ich, als sie endlich doch um Hilfe bat, sie im Stich gelassen hatte, war typisch für mich.
    Sowie ich diesen Brief gelesen hatte, wollte ich sie in die Arme schließen. Zu spät, Falco. Zu spät, sie zu trösten. Zu spät, sie zu beschützen. Offenbar in jeder Beziehung zu spät.
    Ich war nicht überrascht, als ich eine kurze, bittere Nachricht erhielt, in der nur stand, Helena habe es in Rom nicht mehr ausgehalten und sei ins Ausland gegangen.

VI
    So kam es, daß ich mich doch nach Germanien schicken ließ.
    Ohne Helena hielt mich nichts in Rom. Sie einholen zu wollen war sinnlos. Sie hatte es so eingerichtet, daß ich ihre Nachricht erst bekam, als die Spur schon kalt war. Ich wurde es bald leid. Mir von meiner lieben Verwandtschaft sagen zu lassen, sie hätten ja schon die ganze Zeit darauf gewartet, daß Helena mich fallenlassen würde. Ich hatte ja selbst auch damit gerechnet. Ihr Vater ging oft in das gleiche Bad wie ich, und ihm aus dem Weg zu gehen war nicht einfach. Irgendwann entdeckte er mich hinter einer Säule; er schüttelte den Sklaven ab, der ihm mit einer Stielbürste den Rücken schrubbte, und eilte in einer Wolke von Duftöl auf mich zu.
    »Ich vertraue darauf, Marcus, daß du mir sagen wirst, wo meine Tochter steckt!«
    Ich schluckte. »Sie kennen doch Helena Justina, Senator …«
    »Du weißt es also auch nicht!« rief ihr Vater. Und sofort entschuldigte er sich für Helena, als wäre ich derjenige, den ihre Extravaganzen gekränkt hätten.
    »Beruhigen Sie sich doch, Senator!« Ich legte ihm besänftigend ein Handtuch um. »Ich verdiene meinen Lebensunterhalt damit, anderen Leuten ihren verschwundenen Augapfel zurückzuholen. Ich werde sie schon finden.« Ich bemühte mich, angesichts meiner Lüge nicht allzu verlegen dreinzublicken. Er folgte meinem Beispiel.
    Mein Freund Petronius versuchte nach Kräften, mich aufzumuntern, aber selbst er war einigermaßen verblüfft.
    » Ins Ausland! Falco, du hast ein Hirn wie’n minderbemittelter Katzenfisch. Warum konntest du dich nicht in ein normales Mädchen verlieben? Eine, die heim zur Mutter läuft, wenn du sie gekränkt hast, aber die Woche drauf mit einer neuen Halskette wiederkommt, die du bezahlen mußt?«
    »Weil nur ein Mädchen, das auf sinnlose dramatische Auftritte steht, sich in mich verlieben würde.«
    Er knurrte ungeduldig. »Willst du sie suchen?«
    »Wie denn? Sie könnte überall sein, in Lusitanien oder der nabatäischen Wüste. Hör auf, Petro, ich hab’ die Witzeleien satt.«
    »Tja, eine Frau allein verreist nicht weit …« Petronius selbst hatte immer einfältige, schüchterne Miezen bevorzugt – oder jedenfalls Frauen, die ihm weismachten, solche zu sein.
    »Frauen sollten nicht allein reisen. Aber eine so simple Vorschrift würde Helena nicht abschrecken.«
    »Warum ist sie dir ausgerückt?«
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Ah, ich verstehe: Titus !« Einer seiner Männer hatte offenbar die Prätorianergarde gesehen, als sie vor meinem Haus rumlungerte. »Das heißt, du bist aus dem Rennen, Falco!«
    Ich sagte ihm, daß mir der Optimismus anderer Leute zum Hals raushinge, dann zockelte ich davon.
     
    Als ich das nächste Mal in den Palast gerufen wurde, angeblich zu Vespasian persönlich, da wußte ich, daß Titus dahinterstecken mußte, der wohl einen Plan ausgeheckt hatte, um mich vom Schauplatz zu entfernen. Ich unterdrückte meinen Zorn und schwor mir insgeheim, das höchstmögliche Honorar herauszuschlagen.
    Für meine Unterredung mit dero Gnaden warf ich mich so in Schale, wie Helena das gern gesehen hätte. Ich zog eine Toga an. Ich ließ mir die Haare schneiden. Ich preßte die Lippen fest zusammen, um mein republikanisches Knurren zu unterdrücken. Das war das Äußerste, was je ein Palast von mir erwarten durfte.
    Vespasian und sein ältester Sohn regierten das Imperium gemeinsam. Ich fragte nach dem alten Herrn, aber der Empfangsbeamte hatte Gummipfropfen in den Ohren. Der schriftlichen Einladung seines Vaters zum Trotz war es an diesem Abend offenbar Titus’ Aufgabe, von der Rostra herab Bittgesuche und Gnadenerlasse zu verhandeln oder sich um Subjekte wie mich zu kümmern.
    »Falscher Thronsaal!« sagte ich entschuldigend, als der schwerhörige Lakai mich bei ihm abgeliefert hatte. »Cäsar, ich höre, das Wohl des Reiches erfordert es, daß ich reise. Jedenfalls geht das Gerücht, Ihr edler Vater habe mir diesbezüglich einen
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