Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume
Autoren: Sybille Baecker
Vom Netzwerk:
mir …«
    »Stopp!«, rief Brander energisch. Er hob die Hand, hielt sie ihr entgegen, als wollte er sie auch körperlich bremsen. »Ich bin ja bereit, mit dir zu reden, aber bitte in Ruhe! Was ist denn mit dir los?«
    Sie ließ die Luft aus ihren Lungen weichen, ihre Schultern sackten herab. »Ich weiß auch nicht. Der Selbstmordversuch von Babs, die Sorge um Julian. Und dann dieses Mädchen. Mir geht so viel durch den Kopf, seit wir ihr in Stuttgart begegnet sind. Ich … ich würde so gern helfen. Ich weiß nicht, ob du das Gleiche denkst wie ich, was du überhaupt denkst. Und ich … ich fühl mich einfach von dir allein gelassen.«
    Betroffen sah er seine Frau an. Er hatte sie allein gelassen.
    »Es tut mir leid.« Brander klopfte neben sich auf das Sofa. »Lass uns reden.«
    Ein Klingeln weckte Brander aus dem Tiefschlaf. Es dauerte, bis er erkannte, dass es nicht zu einem wirren Traum gehörte, sondern sein Telefon war. Es war kurz vor drei. Er überlegte, das Klingeln zu ignorieren. Dachte an Daniel, dachte an Nathalie, quälte sich aus dem Bett und schlurfte schlaftrunken in den Flur.
    Es waren die Kollegen vom Tübinger Innenstadtrevier.
    »Herr Brander, wir haben hier ein junges Mädchen, sie heißt Nathalie Böhme. Wir können ihre Eltern nicht erreichen, und das Mädchen sagte, Sie würden sie kennen.«
    Brander konnte nicht verhindern, dass ihm ein leises Stöhnen entfuhr. »Was hat sie angestellt?«
    »Sie ist angetrunken und hat in der Stadt randaliert.«
    »Geht es ihr gut?«
    »Na ja, mehr oder weniger«, erklärte der Kollege. »Was sollen wir mit ihr machen?«
    Brander rieb sich über den Nacken. »Ich bin in einer halben Stunde da.«
    Er schlich zurück ins Schlafzimmer, setzte sich neben Cecilia auf die Bettkante. Sie blinzelte ihn verschlafen an.
    »Ich muss nach Tübingen. Die Kollegen haben Nathalie aufgegriffen.«
    »Ich komme mit«, erklärte Cecilia.
    Dieses Mal ließ er sie gewähren.
    Nathalie saß im Büro eines Beamten. Sie hatte die Arme verschränkt auf eine Schreibtischecke gestützt und den Kopf darauf gelegt. Sie hob müde den Blick, als Brander hereinkam.
    »Hey, Brander«, entgegnete sie träge. Er konnte nicht erkennen, ob sie sich freute oder seine Anwesenheit einfach nur zur Kenntnis nahm.
    »Können wir irgendwo in Ruhe mit ihr sprechen?«, fragte Brander den Kollegen. Er nickte und stand auf.
    »Komm mit.« Brander deutete Nathalie mit einer Kopfbewegung an, ebenfalls aufzustehen und ihm zu folgen. Der Kollege führte sie in ein leeres Zimmer und ließ sie allein.
    Nathalie ließ sich matt auf einen Stuhl fallen, saß halb liegend auf dem Stuhl.
    »Warum bist du nicht zu Hause?«, fragte Brander. Er hatte Cecilia gebeten, ihm die Gesprächsführung zu überlassen. Sie saß schweigend neben ihm, hatte den Stuhl ein Stück vom Tisch weggerückt.
    Nathalie sah Brander stumm an und zuckte die Schultern.
    »Du hast getrunken und in der Stadt gegen Türen und Fenster geschlagen.«
    Wieder nur ein stummes Schulterzucken.
    Er bemerkte einen Bluterguss unter ihrem linken Auge. »Woher hast du das Veilchen?«
    Auch darauf antwortete sie nicht.
    Brander beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und faltete die Hände. Er spürte die Müdigkeit in seinem Körper. Er hatte knapp zwei Stunden geschlafen, als der Anruf kam. Das Gespräch mit Cecilia hatte lange gedauert. »Was denkst du, was wir jetzt machen sollen?«
    Schulterzucken. »Weiß nicht«, nuschelte das Mädchen undeutlich.
    »Ich weiß es auch nicht.«
    »Ey, du bist doch der verfickte Bulle«, fand sie endlich ihre Sprache wieder. »Du musst doch wissen, was …«
    »Auf der Ebene brauchen wir nicht weiterreden, Nathalie.« Brander lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und sah sie streng an.
    »Ich weiß nicht, was wir jetzt machen sollen, Herr Polizist!«, entgegnete sie genervt. Es war nicht zu überhören, dass sie noch immer zu viel Alkohol im Blut hatte.
    »Wo ist deine Mutter?«
    »Irgendwo saufen.«
    »Warum bist du nicht zu Hause?«
    »Weil Walter mir eine gedonnert hat. Ich lass mich nicht von dem Wichser schlagen!«
    »Warum hat er dich geschlagen?«
    »Weil ich ihn ‘n dreckiges versoffenes Schwein genannt hab.« Sie richtete sich ein Stück weit auf. »Ey, ich war gestern keine Stunde zu Hause, da hatten die schon die ersten Pullen wieder auf’m Tisch. Das kotzt mich so an! Saufen und zoffen, was anderes können die nicht. Und da hab ich den beiden heut Mittag gesteckt, dass sie versoffene
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher