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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume
Autoren: Sybille Baecker
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wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, während er Brander zur Tür begleitete. »Ein Freund! Wenn ich jemanden kennenlerne, werde ich dir davon berichten. Im Übrigen bin ich in so einem Fall nicht beschäftigt, sondern habe ein Date.«
    »Hätte ja sein können …«
    »Jetzt weiß ich wenigstens, was du immer so treibst, wenn du ›beschäftigt‹ bist.« Er grinste hintergründig. »Danke für die Einladung. Ich komme gern. Soll ich den Ben Nevis mitbringen oder den Aberlour?«
    »Am besten beide.«
    Nach dem Gespräch mit Beckmann fühlte Brander sich besser. Er fuhr Richtung Zentrum, machte einen Zwischenstopp beim Zinser und stand dort eine Zeit lang ratlos vor der großen Mützenauswahl. Schließlich entschied er sich für eine bunte Strickmütze, mit Bommel und langen Troddeln an den Seiten. Auch, wenn er Nathalie enttäuscht hatte, er würde sein Versprechen halten.
    Gudrun Böhme öffnete ihm. Sie sah ihn aus stumpfen Augen an, erkannte den Kommissar nicht gleich in seiner Radlerkleidung. Er machte sich nicht die Mühe, ihr seinen Aufzug zu erklären, stellte sich lediglich noch einmal bei ihr vor.
    »Frau Böhme, ich möchte noch einmal kurz mit Ihrer Tochter sprechen.«
    »Da haben Sie Pech. Die ist nicht da.«
    »Wo ist sie?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Haben Sie sie nicht gefragt, wohin sie geht?«
    »Denken Sie, das würde die mir sagen? Die macht doch, was sie will.«
    »Wann kommt sie wieder?«
    »Keine Ahnung.«
    Hatte diese Frau denn überhaupt kein Interesse an ihrer Tochter? Brander schnaufte verärgert.
    »Soll ich sie vielleicht zu Hause einsperren?«, fuhr Gudrun Böhme ihn an. »Die lässt sich von mir nix mehr sagen. Ich bin bloß die blöde Alte.«
    Brander wollte etwas erwidern, winkte aber nur resigniert ab und ging. Keine vierundzwanzig Stunden hatte Nathalie es zu Hause ausgehalten. Vielleicht trieb sie sich nur in der Stadt herum und war am Abend wieder zu Hause, versuchte er, sich zu beruhigen.
    Er fuhr an den Bänken am Neckarstauwehr vorbei, aber natürlich war Nathalie nicht dort. Er wusste, er sollte nach Hause fahren und machte dennoch einen Umweg vorbei am Epplehaus, am Europaplatz und fuhr um den Anlagensee. Keine Spur von Nathalie.
    Es war niemand da, als Brander schließlich sein Haus in Entringen erreichte. Er duschte, holte sich ein Glas Apfelsaft aus der Küche und setzte sich mit dem Tagblatt ins Wohnzimmer. Der Fall Vockerodt war so gut wie abgeschlossen, aber das würde erst am Montag in der Zeitung stehen.
    Cecilia kam nach Hause, als es bereits dunkel war. Er hörte, wie sie die Schuhe auszog, ins Schuhregal stellte und den Mantel an die Garderobe hing. Kurz darauf stand sie im Türrahmen.
    »Hallo.« Sie klang nicht besonders gut gelaunt.
    Auch seine Stimmung war nicht die Beste. Er nickte ihr zu. »Wo warst du?«
    »Kaffee trinken mit Alexandra. Danach waren wir in Reutlingen auf dem Weihnachtsmarkt und sind ein bisschen durch die Boutiquen gezogen.«
    »Ich habe versucht, dich anzurufen.«
    »Ich hatte kein Handy dabei.« Noch immer stand sie an der Tür, machte keine Anstalten, zu ihm zu kommen.
    »Ich glaube, Nathalie ist schon wieder abgetaucht.«
    »Ist das dienstlich? Dann will ich es nicht wissen«, bremste Cecilia ihn hart.
    »Nein, es ist nicht dienstlich, und das weißt du genau!«, entgegnete Brander gereizt. Warum schmollte Cecilia noch immer? Das war doch sonst nicht ihre Art. Gedanklich hatte er das bevorstehende Gespräch mit seiner Frau einige Male durchgespielt. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihre Wut den ganzen Tag mit sich herumgetragen hatte.
    »Nein, ich weiß es nicht genau! Denkst du, ich kann Gedanken lesen? Solange du nicht bereit bist, mit mir zu reden, brauchen wir hier gar nicht weitermachen.«
    »Ceci, bitte nicht. Ich habe zwei harte Wochen hinter mir.«
    »Ach ja? Und ich nicht, oder wie? Denkst du, ich habe keinen anstrengenden Job? Denkst du, ich mache mir keine Sorgen um die Familie deines Bruders? Denkst du, ich habe mir keine Gedanken um das Mädchen gemacht? Du gibst mir dieses Gedicht von ihr. Ich sehe dieses hilflose Kind. Und du sagst, es geht mich nichts an, weil es dienstlich ist. Und das findest du auch noch fair? Tut mir leid, dass deine letzten vierzehn Tage anstrengend waren. Meine auch!« Sie war auf hundertachtzig. So wütend hatte er seine Frau selten erlebt.
    »Ceci …«
    »Nichts ›Ceci‹. Ich hab die Schnauze voll! Ich bin deine Frau, und wenn du nicht mit
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