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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse.
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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Schritte, dann öffnete sich die Tür einige Zentimeter weit, und Larry spähte heraus. Ich trat zur Seite, und er sah Angel.
    «Larry», sagte sie. «Larry, ich bin es.»
    Er schloss die Tür, nahm die Kette herunter und öffnete sie wieder, und Angel schien in seine Arme abzuheben.
    «Larry! O mein Gott, Larry!»
    Ich stand einige Minuten draußen an die Wand neben die Tür gelehnt und rauchte eine Zigarette und betrachtete die Bewegung der Regenwolken, die jetzt aufzubrechen begannen. Dann betrat ich das Zimmer. Angel und Larry saßen händchenhaltend auf dem Bett. Sie sah ihn an, als sei er der König sämtlicher Perser.
    Ich sagte: «Muriel Blackstone ist tot. Genau wie ihr Vater. Bei dem, was er war, wird das für ein ziemliches Durcheinander sorgen. Wie Sie damit klarkommen, ist Ihr Problem.»
    «Wie? Wer?» fragte Victor.
    «Spielt keine Rolle. Sie waren’s nicht, und ich war es auch nicht.»
    «Das ist die Frau, von der Sie behauptet haben, Larry sei mit ihr verheiratet gewesen», sagte Angel.

    «Ich hab mich vom Schein täuschen lassen», entgegnete ich.
    «Ja, das stimmt.» Victor nickte. «Der Schein kann einen manchmal täuschen.»
    «Ich weiß nicht, dass Sie hier sind», sagte ich. «Ich weiß nicht, wo Sie sind.»
    Ich nahm Blackstones restliche Vierhundert aus meiner Brieftasche und legte sie auf den billigen Tisch neben der Tür.
    «Rufen Sie mich nicht an, Victor. Kommen Sie mich nicht besuchen.»
    Ich drehte mich um und ging aus dem Zimmer. Victor folgte mir.
    «Warten Sie einen Moment», sagte er und trat auf den Balkon. «Was, wenn die Bullen kommen?»
    «Werden sie», erwiderte ich. «Wenn sie Sie finden können.»
    «Aber was soll ich machen?»
    «Halten Sie sich von mir fern. Und geben Sie gut auf dieses Mädchen acht. Wenn mir jemals zu Ohren kommt, dass Sie es nicht gut behandelt haben, spüre ich Sie auf und ramme Sie ungespitzt in den Erdboden.»
    «He, Marlowe, es gibt keinen Grund, so zu reden. Himmel, wir haben eine Menge zusammen durchgemacht.»
    «Ja. Denken Sie an das, was ich Ihnen gesagt habe.»
    Ich drehte mich um und ging. Hinter mir hörte ich Victor sagen: «Marlowe? Herr im Himmel, Marlowe.»
    Ich ging weiter.
    Ich hörte noch, wie mir Angel nachrief: «Wiedersehen, Mr. Marlowe. Vielen Dank.»
    Ich winkte, ohne mich umzublicken. Dann war ich in meinem Wagen und unterwegs auf der Wilcox Avenue. Es war zu spät, um ins Büro zurückzukehren, und zu früh, um in meinem möblierten Appartement die Wände zu zählen. Vielleicht später. Ich würde eine Schachstellung aufbauen, ein paar Drinks nehmen, meine Pfeife rauchen. Aber nicht jetzt. Wenn ich jetzt anfinge, würde der Abend zu lang.
    Also rollte ich gemächlich durch Hollywood und betrachtete die Gauner und Zuhälter, die Touristen und die Huren, die Leute aus Plainfield, New Jersey, die nach Stars Ausschau hielten, die Highschool-Schönheitsköniginnen aus Shakopee, Minnesota, die schon Veteranen der Besetzungscouchen waren. Sie alle waren auf dem Boulevard, erschrocken, erwartungsvoll, wütend, verzweifelt, gerecht und ungerecht; sich vermischend, umherhastend, herumhängend, auf der Suche nach einem Ausweg, einem Anteil, einer Chance, einem netten Wort; auf der Suche nach Geld, nach Liebe, nach einem Platz zum Schlafen; probierten ein paar Drogen, etwas Alkohol, etwas zum Essen abzustauben; die meisten allein, beinahe jeder einsam.
    Ich fand einen Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite, stieg aus und ging in eine Bar an der Roosevelt. Ich hatte einen Wodka-Gimlet vor mir und saß am Ende der Bar, um ihn zu trinken.
    Die Feierabendkundschaft begann hereinzuströmen. Ich sah in das Barlicht, das durch den beinahe strohfarbenen Gimlet fiel. Es war lange her, dass ich in dieser Bar gesessen und einen Gimlet mit Terry Lennox genommen hatte, lange her, seit ich Linda zum ersten Mal getroffen hatte. Harlan Potters Tochter: Gold und Diamanten und Seide und Parfüm, das mehr kostete, als ich in einer Woche verdiente. Eine lange Zeit, und jetzt, da es vorbei war, saß ich noch immer am Ende der Bar und trank allein.
    Zu schade, Marlowe. Zu schade, dass es keinen anderen Weg gab.
    Ich trank den Rest meines Gimlets und stand auf, ging hinaus und fuhr nach Hause.
    Mein Appartement verströmte den muffigen, abgestandenen Geruch, der sich entwickelt, wenn den ganzen Tag über niemand zu Hause ist. Ich ließ die Flurtür offenstehen und riss einige Fenster im Wohnzimmer auf, um für Durchzug zu sorgen. Die Wolken waren
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