Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben
Autoren: Algis Budrys
Vom Netzwerk:
daß Pat Drumms Mädchen war, ohne daß es offen ausgesprochen wurde.
    „Ach, nichts Besonderes“, sagte er. Er lag noch ein paar Minuten wach und schlief dann ruhig ein.
     
    Der Winter kam. In seinen ersten Wochen war Jeff Tag und Nacht beschäftigt, weil die Banditen aus der Ebene gezwungen waren, ihre kümmerlichen Unterkünfte, die sie sich zusammengeschustert hatten, mit Vorräten auszustatten. Er hatte seinen letzten Winter in einer Höhle verbracht, die er sich in einen Bachrain gegraben hatte, und er kannte die Gedanken, die aus einem solchen Leben erwuchsen. Im Oktober hatte er schon vier von diesen Leuten erwischt, und dann blockierte der Schnee alles, bis Mitte Dezember die verzweifelten, halbverhungerten Männer begannen, in die Stadt einzufallen. In der Zwischenzeit verbrachte er seine Zeit damit, sich mit Pat oder Drumm zu unterhalten.
    Drumm war an seiner Vergangenheit ebenso interessiert wie Pat, aber aus einem anderen Grund. Er zeigte Jeff die Schachteln voller Papier, das in der genauen, sparsamen Schrift seines Vater beschrieben war.
    „Eine Untersuchung der Auswirkungen persönlicher Bewaffnung auf konventionelle Theorien modernen Regierungswesens – von Harvey Hagard Drumm, mit einer Verbeugung vor Silas McKinley“, las Jeff und sah Pete verwundert an. „Eine Geschichte des Nord-Feldzugs Theodor Berendtsens“, las er auf einer anderen Schachtel „mit zusätzlichen persönlichen Notizen.“
    „Da war mein Vater selbst dabei“, erklärte Pete. „Er war Obergefreiter unter einem der Söhne von Matt Garvin.“
    Mensch, ich werd’ verrückt, dachte Jeff. Er schaute sich noch eine weitere Schachtel mit Manuskripten an, auf der stand: „Pflege und Fütterung des militanten Intellektuellen.“
    „Und die Sachen hier hebst du auf, weil du hoffst, daß sie mal irgendwann gedruckt werden?“ fragte er.
    „Mehr noch“, sagte Pete. „Ich versuche, noch etwas dazuzuschreiben. Deshalb bin ich so interessiert an deiner Geschichte. Ich will sie aufschreiben. Ich möchte erreichen, daß andere Leute davon lernen. Du siehst ja, uns geht es hier unten ganz gut. Es geht aufwärts, obwohl Berendtsen mit seinen Leuten hier nicht durchgekommen ist. Weil mein Vater hier durchgekommen ist.“
    „Und er hat nur Bücher geschrieben?“
    „Nur Bücher geschrieben und den Leuten erzählt, was in ihnen stand, und daß die Lage im Osten sich tatsächlich verbesserte. Das macht einen ganz schönen Unterschied, wenn man weiß, daß jemand einen Weg aus dem Schlamassel gefunden hat, auch wenn man es selbst noch nicht geschafft hat. Dann sucht man weiter, statt sich hinzulegen und einzugehen. Ich glaube, das ist die beste Entschuldigung für Berendtsen und seine Kumpane. Sie mußten leben, damit mein Vater davon erzählen konnte, wie die Dinge angepackt worden sind. Aber die Zeiten sind jetzt vorbei, und ich bin verdammt froh drüber.“ Pete sah Jeff mit kühl abschätzendem Blick an. „Deshalb will ich auch nicht, daß in der Gegend hier noch mehr Banditen ihr Unwesen treiben.“
    „Das kann ich verstehen.“
    „Allerdings.“
    „Was ist eigentlich aus deinem Vater geworden?“ fragte Jeff. Die Richtung, die die Unterhaltung nahm, gefiel ihm nicht.
    Pete lächelte leicht. „Das weiß ich nicht. Ich schätze, ich war zehn oder zwölf, als Ryder mit seinen Leuten auf dem Weg nach Texas hier durchkam. Meine Mutter war gerade gestorben, und Jim, mein älterer Bruder, war alt genug, mit meiner Hilfe den Haushalt hier zu versorgen. Mein Vater war sowieso als Bauer eine Niete, und so hat er die Sache mit uns durchgesprochen. Als Ryder und sein Haufen wieder abzogen, packte er alles unbeschriebene Papier ein, das er finden konnte, und ging mit ihnen. Ich wollte eigentlich auch mit, aber da hat Vater schnell einen Riegel vorgeschoben. Wahrscheinlich hatte er recht. Ryder hat zwar nur gekämpft, wenn er mußte, aber es war trotzdem ein hartes Leben.
    Mein Hierbleiben hat sich zum Schluß auch sonst als richtig erwiesen, als Jim von einem von euch Burschen getötet wurde. Wenn ich mitgegangen wäre, wäre niemand mehr da gewesen, der die Sache hier macht.“
    „Das wäre doch egal gewesen, wenn du nicht hiergewesen wärst, um es zu sehen, oder nicht?“
    Drumm zuckte unsicher die Achseln. „Ich weiß. Ich bin aber hier. So denke … ich weiß nicht, so denke ich eben.“
    Jim versuchte, sich diesen Charakterzug vorzustellen, der einen Mann dazu brachte, so von einem Stück Land zu denken, das doch wie irgendein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher