Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Einfach Königlich2

Titel: Einfach Königlich2
Autoren: Mary Janice Davidson
Vom Netzwerk:
über die Schulterhöhe hinaus heben konnte.
    Der Stuhl ging, wie sie berechnet hatte, nicht entzwei. Er war nämlich aus Hartholz hergestellt und hielt. Doch eine einmal ausgeübte Kraft muss schließlich auf irgendetwas wirken. Damit hatte sie auch gerechnet, und nach dem Blut zu schließen, das aus den Ohren des Unholds tröpfelte, war die Kraft genau dorthin gegangen, wohin sie auch hatte gehen sollen.
    „So!“, sagte sie, die Arme immer noch zitternd. „Da hast –“ In diesem Augenblick erhob sich der Unmensch jedoch wieder. Ungerührt stand er vom Boden auf, während das Blut aus seinen Koteletten tropfte, und dann bewegte er sich vollkommen normal, ganz ohne seine tödliche Verwundung zur Kenntnis zu nehmen. In ihrem Kopf schrie Alex stumm, sie schrie und schrie immer weiter.
    Devon wischte ein paar Kuchenkrümel von seiner Uniform, dann entwand er Nicholas’ tauben Fingern die Pistole, erschoss ihren Bruder David …
    (das stimmt nicht)
    …erschoss ihren Bruder Nicky, erschoss ihre Schwägerin Christina. Er griff nach dem Stuhl …
    (so war es nicht)
    …schwang ihn …
    (so ist es nicht gewesen)
    …und das Letzte, was sie sehen konnte, war der Stuhl, der auf sie herniedersauste. Ihr letzter Gedanke war der, dass sie versagt hatte. Alle waren tot, und sie – sie hatte versagt.

1
     
    Sitka-Palast 2:42 nachts
    Sie schrie nicht.
    Sie schrie eigentlich niemals.
    Sie zuckte lediglich im Bett zusammen, wappnete sich gegen den Schlag und brauchte etwa eine Minute, um gewahr zu werden, dass dies nur der alte Albtraum war, dass sie nicht wirklich versagt hatte. Alle waren noch am Leben, sie hatte nicht versagt.
    Sie hatte gar nicht versagt.
    Prinzessin Alexandria, Dritte in der Thronfolge Alaskas, presste eine Hand vor den Mund, stürzte ins Bad und erbrach sich.
    Alexandria schlich den Korridor entlang, wandte sich nach links, nickte einem an Schlaflosigkeit leidenden Lakaien zu und verschwand dann leise im Kinderzimmer. Jedoch nicht leise genug für ihre Schwägerin Christina, die alles hörte.
    Das Kinderzimmer lag direkt neben Davids und Christinas Schlafzimmer, und nachdem sie ihr Leben lang nur auf sich selbst hatte aufpassen müssen, hatte Christina inzwischen einen so leichten Schlaf wie eine Katze mit ADHS.
    Nachts hatten sie kein Kindermädchen, und tagsüber lehnte Christina auch fast jede Hilfe ab. (Sie hatte die reizende Vorstellung, ihre Tochter allein großzuziehen, was zwar bewundernswert, allerdings auch etwas gewöhnlich war.)
    Da sie die Erlaubnis dazu hatte, nahm Alex das süß schlummernde Baby hoch und drückte es an ihre Schulter. Dara regte sich im Schlaf, wachte jedoch nicht auf. Alex hielt die Kleine im Arm und fand in ihrer Wärme Trost, in ihrem süßlich-milchigen Geruch, den flaumigen Härchen und der weichen Babyhaut.
    „Wieder einen?“, fragte Christina flüsternd. Sie flüsterte nicht etwa wegen Dara: Den festen Schlaf der Kleinen konnte man getrost als Winterschlaf bezeichnen. Christina flüsterte vielmehr, weil sie ihren Ehemann nicht wecken wollte, der morgen ein mörderisches Programm mit Einweihungen und Chardonnay-Umtrünken und Pinguinzählen zu absolvieren hatte. „Wie oft jetzt schon in dieser Woche – dreimal? Und dabei ist heute erst Dienstag.“
    Alex zuckte die Achseln. Sie liebte Christina, sprach jedoch niemals über ihre Träume mit ihr. Das tat sie mit niemandem. Na ja, mit fast niemandem.
    „Alex, um Himmels willen! Du musst doch mal Schlaf bekommen. Wann hast du das letzte Mal acht Stunden durchgeschlafen?“
    Wieder ein Achselzucken. Alex liebkoste den Kopf der Kleinen mit dem Mund. Diese regte sich ein wenig und schnarchte dann weiter.
    „Warum nimmst du nicht das Mittel, das dir Dr. Pohl verschrieben hat? Heb bloß nicht wieder die Schultern, sonst reiß ich dir deine langen, schönen Haare aus.“
    Alex schnaubte verächtlich. „Du machst mir keine Angst, denn du wirst ja richtig langsam auf deine alten Tage. Und du weißt auch, warum.“
    „Na ja, vielleicht bin ich nach dem Baby nicht wieder so schnell auf die Beine gekommen wie nach –“
    „Ist ’n bisschen spät für Witze.“
    „Ist für alles ’n bisschen zu spät. Und sie hat dir supergute Schlaftabletten verschrieben … aber du bist genau wie dein Bruder! Der würde nicht mal dann Schmerzmittel nehmen, wenn ihm ’ne Amputation bevorstünde. Ihr seid wirklich eine Familie!“
    „Was für eine?“
    „Ach, tu nicht so! Ich hab schon lange begriffen, dass ihr ’ne raue Bande von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher