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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman
Autoren: Harold Robbins
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die Hände schützend über die Augen, das grelle Licht tat mir weh. Eine Männerstimme rief: "Da ist er!"
    Eine andere Stimme drang aus der Dunkelheit von oben zu mir: "Danny! Danny!" Es war Papas Stimme. "Bist du verletzt?"
    Dann hörte ich, wie ein Mann teils kletternd, teils rutschend über die Grubenwand zu mir herunterkam. Ich lief weinend auf ihn zu, und dann fühlte ich, wie mich seine Arme umschlossen. Zitternd bedeckte er mein Gesicht mit Küssen. "Danny, ist dir nichts geschehen?" fragte er.
    Ich drückte mein Gesicht an seine Brust. Mein Gesicht war zerkratzt und zerschunden, dennoch tat mir die Berührung mit der rauhen Wolle seines Anzugs unendlich wohl. "Mir ist nichts geschehen, Papa", sagte ich zwischen Schluchzern, "aber Mamma wird mit mir sehr böse sein. Ich hab mir in die Hosen gemacht."
    Etwas, das wie unterdrücktes Lachen klang, war die Antwort. "Mamma wird nicht böse sein", beruhigte er mich. Dann wandte er das Gesicht zum Grubenrand und rief: "Er ist okay. Werft mir einen Strick runter, damit wir ihn hier rausbekommen."
    "Vergiß den Hund nicht", sagte ich. "Wir müssen ihn unbedingt mitnehmen."
    Papa bückte sich und kraulte den Kopf des Hündchens. "Selbstverständlich nehmen wir ihn mit", sagte er. "Denn wenn er nicht gebellt hätte, hätten wir nicht gewußt, wo du bist." Plötzlich drehte er sich um und sah mich an. "Bist du seinetwegen hier herunter?"
    Ich schüttelte den Kopf. "Nein", antwortete ich, "Paul und Eddie haben mich heruntergestoßen, weil ich ein Jude bin."
    Papa sah mich mit einem merkwürdigen Ausdruck an. Ein Strick fiel vor unsre Füße, und er bückte sich, um ihn aufzuheben. Ich konnte die Worte kaum verstehen, die er dabei leise vor sich hin murmelte: "Die Umgebung ist zwar neu, doch die Menschen bleiben sich gleich."
    Ich wußte nicht, was er meinte. Er befestigte den Strick um seine Mitte, nahm mich unter einen Arm, den Hund unter den andern. Der Strick wurde straff gezogen, und wir begannen die Grubenwand emporzusteigen.
    "Papa, du bist mir nicht böse, nicht wahr?"
    "Nein, Danny, ich bin nicht böse."
    Ich schwieg einen Moment, während wir langsam höher stiegen: "Dann ist's okay, wenn ich den Hund behalte, Papa?" fragte ich. "Er ist ein so lieber kleiner Kerl." Der Hund mußte gewußt haben, daß ich über ihn sprach; sein Schwänzchen klopfte gegen die Hüfte meines Vaters. "Wir wollen ihn Rexie Fisher rufen", fügte ich hinzu.
    Papa sah auf das kleine Hündchen hinunter, dann blickte er mich an. Er begann zu lachen. "Du meinst wohl, du wirst sie Rexie Fisher nennen. Er ist kein er, es ist eine sie."
    Im Zimmer war's finster, aber mir war gemütlich und warm, als ich nach dem Bad in meinem Bett lag. Ich hörte fremde Geräusche, fremde Geräusche, die aus der neuen nächtlichen Umgebung durch meine Fenster drangen. Fremdartige Geräusche, mit denen man von nun an leben würde.
    Sie überraschten mich, aber sie ängstigten mich nicht. Es gab nichts, wovor ich mich fürchten mußte. Ich war in meinem eigenen Haus, in meinem eigenen Zimmer. Plötzlich schloß ich die Augen. Ich drehte mich auf die Seite, und meine Hand berührte die Wand. Sie war rauh von der frisch aufgetragenen Farbe.
    "Haus, ich hab dich lieb", murmelte ich, schon beinahe eingeschlafen.
    Der Hund unter meinem Bett bewegte sich, und ich tastete mit der Hand längs des Bettrandes. Da fühlte ich seine kalte Schnauze in meiner Handfläche. Ich kraulte ihm den Kopf. Das Fell war noch feucht und kühl. Mamma hatte darauf bestanden, Papa müsse Rexie baden, bevor sie mir die Erlaubnis gab, sie in mein Zimmer hinaufzunehmen. Sie leckte mit eifrigem Zünglein meine Finger. "Dich hab ich auch lieb, Rexie", flüsterte ich.
    Ein Gefühl unendlicher Wärme und restlosen Wohlbehagens durchströmte mich. Nach und nach spürte ich, wie der letzte Rest der Steifheit aus meinem Körper wich, und das Nichts, das wir Schlaf nennen, überwältigte mich.
    Ich war zu Hause. Und der erste Tag meines Lebens, dessen ich mich erinnere, verklang ins Gestern, und die restlichen Tage meines Lebens wurden zum Morgen.

MEIN ALLTAGSLEBEN *  Das erste Buch
1
    Die Sonne lag warm auf meinen geschlossenen Lidern. In meinem Schlaf gestört, legte ich einen Arm über die Augen und bewegte mich unruhig auf dem Kissen. Einige Minuten war mir's wieder sehr behaglich, doch dann begann das Licht unter meinem Arm durchzusickern und mich wieder zu belästigen. Da ließ ich's sein, mich davor verstecken zu wollen, setzte mich im Bett
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