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Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)

Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Autoren: Gabriella Engelmann
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entschlossen, ihr das Leben zur Hölle zu machen. »Ah, endlich!«, seufzte sie schließlich erleichtert und nahm gleich zwei Paracetamol auf einmal, wie so häufig in den vergangenen Wochen.
    »Wo bleiben Sie denn?«, zerriss die schrille Stimme ihrer Auftraggeberin die Stille des Badezimmers. Stella warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, steckte eine widerspenstige blonde Haarsträhne fest und setzte ein professionelles Lächeln auf.
    »Komme schon«, rief sie und betrat das Wohnzimmer ihrer Kundin. Ophelia Winter, eine schwerreiche Mittsechzigerin, war gerade dabei, die verschiedenfarbigen Stoffbahnen auf ihrem Sofa kritisch zu beäugen. Auf dem Sekretär lagen Tapetenmuster, auf dem Couchtisch ein Pantone-Farbfächer. Frau Winter wollte ihr Haus von Grund auf renovieren, und dazu benötigte sie professionelle Hilfe, und zwar die von Stella Alberti, einer der angesehensten Innenarchitektinnen Hamburgs.
    »Da sind Sie ja endlich, meine Liebe«, trompetete Ophelia Winter in voller Lautstärke durch den Raum, während Stella leichte Übelkeit in sich aufsteigen fühlte. Offensichtlich waren zwei Tabletten auf leeren Magen doch ein bisschen zu viel des Guten.
    »Na, dann wollen wir mal«, sagte sie betont munter und fest entschlossen, die Signale ihres Körpers zu ignorieren. »Aber bevor wir uns die Stoffe ansehen, sollten Sie mir noch einmal ganz genau sagen, welchen Stil Sie sich wünschen. Wollen Sie lieber französisches Landhaus oder Friesenlook?«
    Stellas Augen glitten über den geschmacklosen Stil-Wirrwarr, der in so vielen Häusern ihrer Kunden vorherrschte, ehe sie das Regiment übernahm und Struktur in die Dinge brachte.
    Seit einiger Zeit empfand sie ihre Termine allerdings nicht mehr als Herausforderung. Sie hatte alle Sätze zum Thema Einrichtung schon Hunderte von Malen gehört – und, was noch schlimmer war, schon Hunderte von Malen selbst gesagt. Teilnahmslos ließ sie Ophelia Winters Redeschwall über sich ergehen. Vor ihren Augen verzerrte sich das fleischige Gesicht ihrer Auftraggeberin zu einer hässlichen Fratze. Irritiert ließ Stella ihre Hand über die Gobelinstoffe auf dem Sofa gleiten und versuchte sich zusammenzureißen.
    »Also gut, ich fasse zusammen: Sie wünschen sich einen Mix aus strengem Design und verspielten Elementen. Die dominierende Farbe sollte Blau sein. Da das Blau der Provence sich hervorragend mit friesischem Flair kombinieren lässt, werden wir das sicherlich wunderschön gestalten können. Dazu einige antike Stücke und aus Ihrem Wohnzimmer wird im Handumdrehen ein eleganter Salon.« Zufrieden registrierte Stella den verzückten Gesichtsausdruck ihrer Kundin.
    »Ich lege alles in Ihre erfahrenen Hände, meine Liebe«, sagte diese zum Abschied und brachte sie zur Tür.
    Einige Minuten später lenkte Stella ihren Wagen von der Straße und parkte im Halteverbot. Ihr Herz raste, und ihr wurde schwarz vor Augen. Sie dachte an ihre Mutter, die sie seit Wochen ermahnte, endlich einmal zum Arzt zu gehen.
    »Ruhig bleiben«, sagte sie sich und dachte an die Worte ihrer Yogalehrerin. »Bis fünf zählen, dabei tief einatmen und auf fünf durch den Mund wieder ausatmen.«
    Beschämt erinnerte sich Stella an ihre erste (und letzte) Yogastunde. Der Homepage der Schule hatte sie entnommen, dass der Kurs fünfundvierzig Minuten dauern sollte. Mehr Zeit konnte und wollte sie keinesfalls investieren. Als sich im Verlauf der Stunde jedoch herausstellte, dass Stella sich geirrt und das Ganze auf neunzig Minuten angelegt war, hatte sie nach einer halben Stunde fluchtartig den Raum verlassen. Wer in Gottes Namen konnte so viel Zeit erübrigen, um sich zu entspannen? Prompt hatte die Yogatrainerin sie am folgenden Tag angerufen, um sich nach dem Grund für ihren verfrühten Aufbruch zu erkundigen.
    »Sie müssen dringend etwas für sich tun«, hatte sie sie ermahnt, und Stella war kurz davor, ihr die Telefonnummer ihrer Mutter zu geben. Die beiden hätten sich bestimmt bestens verstanden.
    Allmählich bekam sie ihren Herzschlag wieder in den Griff. Wie gut, dass dieser kurze Exkurs in die Welt der fernöstlichen Entspannung ihr wenigstens eine wirkungsvolle Atemtechnik beschert hatte. Der Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie zu spät kommen würde, wenn sie sich nicht augenblicklich auf den Weg machte. Nach dem nächsten Kundentermin stand der monatliche Besuch bei der Kosmetikerin auf dem Plan und im Anschluss ein Abendessen mit Julian, ihrem derzeitigen Liebhaber.
    Ihrem
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